Einzelne Personen machen manchmal Geschichte. Einer davon war sicherlich der amerikanische Politiker, zweimalige demokratische Präsidentschaftskandidat und US-Botschafter bei den Vereinten Nationen zwischen 1961 und 1965 – Adlai E. Stevenson. Er war derjenige, der sich in der Kuba-Krise vor 60 Jahren wirkungsvoll dafür einsetzte, ein nukleares Armageddon durch diplomatische Hartnäckigkeit und Kreativität zu vermeiden. Dafür wurde er von den politischen Falken als „Weichling“ verunglimpft, der die nationale Sicherheit und territoriale Interessen der USA zu verkaufen bereit sei. Dabei hätte er posthum den Friedensnobelpreis verdient.

Adlai E. Stevenson war kein Traumtänzer

Nachdem die US-Geheimdienste entdeckten, dass die Sowjetunion atomar

Einzelne Personen machen manchmal Geschichte. Einer davon war sicherlich der amerikanische Politiker, zweimalige demokratische Präsidentschaftskandidat und US-Botschafter bei den Vereinten Nationen zwischen 1961 und 1965 – Adlai E. Stevenson. Er war derjenige, der sich in der Kuba-Krise vor 60 Jahren wirkungsvoll dafür einsetzte, ein nukleares Armageddon durch diplomatische Hartnäckigkeit und Kreativität zu vermeiden. Dafür wurde er von den politischen Falken als „Weichling“ verunglimpft, der die nationale Sicherheit und territoriale Interessen der USA zu verkaufen bereit sei. Dabei hätte er posthum den Friedensnobelpreis verdient.

Adlai E. Stevenson war kein Traumtänzer

Nachdem die US-Geheimdienste entdeckten, dass die Sowjetunion atomare Mittelstreckenraketen in Kuba stationiert hatte, ging es um die Frage, wie darauf reagiert werden sollte. Die Hardliner waren für eine Invasion, andere – zunächst auch Präsident John F. Kennedy – für die Bombardierung der Raketenstellungen. Schließlich entschied man sich für eine Blockade und gewann damit etwas Zeit für eine politische Konfliktregelung. Stevenson hielt eine militärische Lösung für viel zu riskant. Immerhin standen sich zwei bis an die Zähne bewaffnete atomare Supermächte gegenüber. Er war kein idealistischer Traumtänzer, sondern ein Realist, der gegenüber Moskau der Devise folgte: „Erpressung und Einschüchterung niemals, Verhandlungen und gesunder Menschenverstand immer!“

Stevenson setzte alles daran, John F. Kennedy zu überzeugen, dem sowjetischen Regierungs- und Parteichef Nikita Chruschtschow die Botschaft klarzumachen, dass die USA keinen Nuklearkonflikt wollten, sondern eine politische Lösung. Seine feste Überzeugung war: Raketenbasen, wo sie auch stehen, sind immer verhandelbar, wenn dadurch ein Atomkrieg verhindert werden kann. Ein solcher Ansatz war für ihn kein Ausdruck von unangebrachter Nachgiebigkeit, sondern, wenn mit den richtigen Worten kommuniziert, von politischer Weisheit.

Während sich im Ukraine-Konflikt die Eskalationsspirale weiter dreht und die politisch Verantwortlichen auf allen Seiten in der Logik des Krieges verharren, wünschte man, sie entwickelten die diplomatische Kreativität eines Atlai Stevenson. In seinem ersten Memorandum an den US-Präsidenten schlug er die Einrichtung eines „back channels of communication“ vor, also eines direkten und geheimen Kommunikationskanals mit Fidel Castro und Nikita Chruschtschow durch eine Vertrauensperson. Diese Rolle übernahm Kennedys Bruder Robert, der sich am 27. Oktober 1962 mit seinem sowjetischen Gegenüber auf einen Kompromiss einigte. Es ist zu hoffen, dass auch heute ein solcher informeller Kanal zusätzlich zum 1963 installierten „heißen Draht“ existiert und funktioniert. Falls nicht, sollte er dringend eingerichtet werden.

Kreative Lösungen der Kuba-Krise

In einem weiteren Memorandum entwickelte Stevenson kreative Vorschläge zur Krisenlösung. Seine Idee einer Neutralisierung und Demilitarisierung von Kuba könnte für den heutigen Ukraine-Konflikt ebenso bedenkenswert sein wie die Stationierung von UN-Blauhelmen, etwa in den russisch besetzten Gebieten, oder ein Gipfeltreffen von Joe Biden und Wladimir Putin. Er schlug sogar vor, den auf Kuba liegenden US-Stützpunkt Guantanamo Bay, der 1903 von den USA für 99 Jahre und 1934 unbefristet gepachtet worden ist, aufzugeben für den Rückzug der sowjetischen Atomraketen. Ohne Konzessionen in Form von territorialen Sonderstatuten mit Autonomierechten dürfte auch der jetzige Krieg kaum zu beenden sein.

Auch der 1962 schließlich erreichte Kompromiss, bestehend aus einer US-Sicherheitsgarantie, dem Abzug der sowjetischen Atomwaffen aus Kuba und der amerikanischen Atomwaffen aus der Türkei, gibt Anregungen für eine Regelung des Ukraine-Konflikts. So könnten die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats eine zwischen den Konfliktparteien – eventuell mit Hilfe von Mediatoren – gefundene Übereinkunft garantieren. Die direkten und indirekten Kriegspartien müssten zugleich einen abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischen Prozess in Europa beginnen. Ziel wäre der Aufbau einer neuen europäischen Friedensordnung.

Der Weg dahin führt über Vertrauensbildung und Kommunikation. Beides ist gerade während eines laufenden Konflikts notwendig und möglich. So wie Stevenson während der Kuba-Krise entsprechende Schritte entwickelte und damit entscheidend zur Konfliktlösung beitrug, so bedarf es heute einer verstärkten diplomatischen Kommunikation und Kreativität, um die Einbahnstraße der Kriegslogik zu verlassen. Die Protagonisten des Krieges sollten nicht weiter eskalieren, sondern sich an Stevenson und seinem diplomatischen Ansatz ein Beispiel nehmen.



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Von Veritatis

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