Jahres-Charts.

Während Zugezogen-Masuklin-Kollege Hendrik „Testo“ Bolz mit seinem bemerkenswerten Buch „Nullerjahre“ die Republik beeindruckte, legte Grim104 sein neues Soloalbum vor. Und „Imperium“ ist ein Geschenk, nicht nur an den deutschen Hip-Hop: Moritz Anton Wilken (Grim: „Hasse es wen Journos mich so nenn‘ / denn ich kenn mich ja selbst kaum“) nimmt die Hörer tief mit in seine persönliche Welt, die bislang recht unbekannt war, aber gleichzeitig sehr nah erscheint. Vielleicht etwas zu nah! Jedenfalls hadert der Erzähl-Meister in seiner unnachahmlich berührenden Lyrik sowohl mit der Nähe als auch dem Unbekannten. Und das ist schon das zentrale Thema: Durch jeden Song zieht sich die Vergänglichkeit. Die eigene, die der Menschen, die wir lieben und der Welt im Allgemeinen. Die markig-experimentellen Beats lassen „Imperium“ zwar für den happy Sonntagsbrunch ausscheiden, gehen aber verdammt tief in Kopf und Seele.

Die erste Single des Albums war dazu ein überzeugendes, zugängliches Zuckerle: In „Numb“ schafft Grim104 gemeinsam mit LGoony eine sanfte Stimmung, um diese im Text mit Symptomen einer Depression und dem Wunsch nach nur ein paar entspannten Momenten zu verbinden. „Komm und Sieh“ ist mit einer bildreichen Sprache eine großartige Geschichtsbetrachtung aus frischer Perspektive, die einen klebrigen Faden vom Kaiserreich bis Gegenwart spannt. In einem Songtext! Genauso wie in „Das Versprechen“, einem Song über häusliche Gewalt, zeigt sich, dass Grim104 seinem politischen Anspruch treu bleibt, auch wenn die neuen Texte weniger radikal sein mögen als noch zu Zeiten von „2. Mai“ und „Ich töte Anders Breivik“. Und mit „Ü30 Männer im Club“ (mit Kaiii) beweist er sogar mächtig Humor. 

Unsere Jahrescharts wurden von den Musikkritikerinnen und -kritikern der „Freien Presse“ zusammengestellt. HIER finden Sie alle bisherigen Platzierungen.


www.freiepresse.de/alben22



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Von Veritatis

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