Witze scheinen im düsteren Kosmos dieser Tage kaum angebracht. Alle sind ernst geworden, auch auf den Bühnen, die neben dem Schrecken des Krieges und der Allgegenwart des zerstörerischen Klimawandels sämtliche Diskriminierungserfahrungen, seien sie sexistischer oder rassistischer Natur, thematisieren. Alle sind ernst geworden? Nein! Die Autorin Rebekka Kricheldorf hat eine andere Art des Umgangs mit der Schwere und den dystopischen Zuständen gefunden. Seit gut zwanzig Jahren legt die Dramatikerin eine Farce oder Groteske nach der anderen vor, meist mit großem Erfolg auf der Bühne.
Im vergangenen Herbst konnte man sie beim Festival Remmidemmi am Theater Heidelberg mit einem glitzernden Luftballon durchs Foyer gehen sehen, und auch im Gespräch strahlt sie geradezu jugendlichen Elan und Energie aus. Zum Beispiel, wenn sie mit Eifer und Erzählfreude berichtet, wie sie schon als Jugendliche ganze Waschkörbe voller Schmähgedichte geschrieben und zeitweilig eine Witzzeitung herausgegeben habe, als Antidot gegen Langeweile und Enttäuschungen jener frühen Lebensjahre.
Klassismus und Privileg
Kricheldorf, 1974 in Freiburg im Breisgau geboren, hat dort eine Waldorfschule besucht. Mit Freud und Leid blickt sie auf diese Zeit zurück, die in ihr reichlich Skepsis gegenüber jedweder Form der Esoterik hervorrief. Doch neben ausgiebiger Lektüre in der Jugend ist es auch eine knapp fünfstündige Don-Carlos-Inszenierung in jener Schule, die in ihr die Lust auf mehr entfachte – mehr Literatur, mehr Theater.
Also zog sie nach Berlin, studierte Romanistik an der Humboldt-Universität und Szenisches Schreiben an der Universität der Künste. 2003 erschien ihr erstes Stück, Prinzessin Nicoletta, das es prompt zum Heidelberger Stückemarkt schaffte.
Seither hat sie über 40 weitere Stücke verfasst und 2021 auch einen ersten Roman – Titel: Lustprinzip – veröffentlicht. Was ihr dabei stets wichtig war und ihre Arbeiten prägt, ist die Vorstellung einer Komik, die nichts und niemanden herabsetzt. Im Gegenteil, sie soll verbinden, als soziales Erlebnis wirken. Im Theater ergebe sich, wie sie sagt, die Möglichkeit, „gemeinsam über das Scheitern und die eigene Unvollkommenheit zu lachen“. Selbst dem Tod kann man so begegnen, den es im schwarzen Humor zu verlachen gilt. Doch boulevardeske Schenkelklopferei ist Kricheldorf fremd; Humor ist für sie eine „Überlebenswaffe“.
Als sie 2019 die Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik übernahm, sprach sie in Anlehnung an Robert Gernhardt vom Humor als einem „Werkzeug subversiver Aufklärung“. Die gesellschaftspolitische Anklage kommt bei ihr nicht als Predigt, sondern als Groteske auf die Bühne. Hierin äußert sich ihre Skepsis gegenüber einem zunehmend um weltanschauliche Besserwisserei bemühten Theaterbetrieb.
Die Ambivalenz verteidigen
Denn reine Beweihräucherung und Bestätigung der sich am eigenen Gutsein labenden Öko-Bourgeoisie – das hat Kricheldorf nicht im Sinn. Worum es ihr geht, lässt sich derzeit in ihrem Stück Die Guten beobachten, das im Rahmen von Remmidemmi in Heidelberg uraufgeführt wurde. Darin setzen sich die vier allegorisierten Kardinaltugenden Justitia, Prudentia, Temperantia und Fortitudo mit ihrem zunehmenden Bedeutungsverlust auseinander. Der einen – Justitia – wird „dreist ins Gesicht gespuckt“, Temperantia will endlich alle Mäßigung fahren lassen, „Kaviar von unglücklichen Fischen“ essen, geil sein und Altherrensprüche reißen. „Sie haben da aber ein neckisches Röckchen an, mein Fräulein“, raunt eine männliche Stimme aus dem Off. Der alte weiße Mann wird hier nicht unmittelbar verurteilt, sondern als Muster einer lasterhaften Menschenspezies beschrieben.
Es ist die Kollision von Widersprüchen, die für den feinen Witz in den oft zwischen Klamauk und Gesellschaftssatire oszillierenden Werken sorgt. Das Theater wird dabei zu einem Ort gelebter Debattenkultur, das auch kritisch die aktuelle Diskurslandschaft hinterfragt: „Ich finde es sehr wichtig, queere und feministische Aspekte auf den Bühnen zu behandeln, habe aber den Eindruck, dass diese Themen derzeit ziemlich dominant sind und auch nicht selten ziemlich pädagogisch aufgeladen werden.“ Stattdessen wünscht sich die Autorin ein Theater nach Shakespear’schem Ideal. Eines, „zu dem jeder kommen kann und das alle letztlich vereint“.
Vielleicht auch, weil sie über ein ausgeprägtes Bewusstsein für Klassismus verfügt, von dem insbesondere die großen Bühnenhäuser nicht freizusprechen sind. In ihren Poetikvorlesungen konstatierte sie, „dass nur sehr wenige theaterfern Aufgewachsene den Weg in die Hochkultur noch im späteren Leben finden“. Man sei eben „ein Nischen-Medium, in dem man hauptsächlich zwei Bevölkerungsgruppen antrifft: die, denen es ihr familiärer Hintergrund ermöglichte, Theater als Wert zu verstehen, und die, die selbst Theater machen, also die Kollegen“. Daraus folgerte sie: „Wer seine Weltanklage von einer Bühne herabbrüllt, sollte sich daher im Klaren darüber sein, dass viele Ohren sie nicht hören werden.“ Also vor allem jene, die sich die Tickets nicht leisten können.
Prekär ist auch das Leben als freie Schriftstellerin (noch dazu Dramatikerin!). Anfangs, erzählt Kricheldorf, habe sie so einige finanzielle Durststrecken durchzustehen gehabt. Dass sie mittlerweile mit diversen Auszeichnungen wie dem Förderpreis des renommierten Kleistpreises (2003) oder dem Förderpreis des Kasseler Literaturpreises 2010 prämiert wurde, empfindet sie trotz ihres unbestreitbaren Talents daher als Privileg.
Wohl auch aus diesem Grund nimmt sie immer wieder die neoliberale Behauptung, wonach jeder einzig und allein durch der eigenen Hände Fleiß seines Glückes Schmied sei, aufs Korn. Trotz eines ausgeprägten Interesses an Hollywood-Themen schreibt die Kinoliebhaberin in Texten wie Robert Redfords Hände selig immer wieder gegen die Ideologie des „American Dream“ an.
Aber wäre im Gegenzug eine Gemeinschaft der Gleichheit erstrebenswert? Eine Utopie, in der die völlige Zufriedenheit aller tatsächlich Realität würde? In dem 2014 in Göttingen uraufgeführten Stück Homo Empathicus, über das bei jeder neuen Aufführung erneut intensiv diskutiert wird, spielt sie dieses Gedankenexperiment durch: eine Gesellschaft des Wohlgefühls, gesteuert und organisiert durch ein zum allgemeinen Prinzip erhobenes Einfühlungsvermögen ihrer Mitglieder.
Dass dieses konfliktfreie Miteinander nur mäßig funktioniert, zeigt das Auftreten zweier „Wilder“ namens Adam und Eva, die rauchend und trinkend das Affekthafte in das vermeintlich perfekte Soziotop hineintragen. Die Harmonie ist erschüttert – wie umgehen mit den Eindringlingen? „Es kam vor“, sagt Kricheldorf, „dass Homo Empathicus als ein reines Sich-lustig-Machen über political correctness missinterpretiert wurde. Ich frage aber vielmehr, ob uns die Sehnsucht nach absoluter Achtsamkeit und Positvität wirklich in eine ideale Gesellschaft führt. Es gibt eben im Menschen auch negative Gefühle, Aggression, Egoismus und auch Traurigkeit.“
Sie stellt also die Heuchelei bloß und zeigt, dass Perfektion zu nichts anderem als Stillstand führen würde. Auch hier verpackt sie die Kritik an der auf allen Ebenen auf maximale Leistungsbereitschaft getrimmten Gesellschaft in zahlreichen Pointen und ein unterhaltsames Spiel mit Stereotypen. Sie weiß, dass unsere Epoche genau diesen Mix gebrauchen kann: „Das Spektakel, die Farce, die Verstellung, das Absurde, die Albernheit und das Lachen – sie alle müssen in dieser Zeit der Eindeutigkeit, des Authentizitätswahns und des Verlusts des zweideutigen Sprechens mit aller Kraft verteidigt werden.“
Aus diesem Grund setzt die Dramatikerin, die mit Märchen der Brüder Grimm aufwuchs und inzwischen ein ausgeprägtes Faible für Trash- und Pop-Formate hat, auf ein buntes, flippiges Figurenpersonal. Werwölfe und Prinzessinnen geistern genauso durch ihre häufig als Genremixturen angelegten Stücke wie Serienkiller oder hartgesottene Comic-Helden. So etwa in ihrem kurzweiligen, mit allerlei Slapstick aufwartenden Stück Sergeant Superpower rettet Amerika. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind dem einstigen Nazi- und Kommunistenjäger Captain America seine Feinde ausgegangen. Die Folge: Der Alleskönner landet auf der Therapeutencouch, wo er über den Untergang des Kapitalismus und der traditionellen Männlichkeitsbilder sinniert.
Was ihn mit den meisten Figuren Kricheldorfs verbindet, ist das Ausgeliefertsein an das Schicksal. So manche von ihnen gehen ihm auf den Leim und müssen einen tiefen Fall hinnehmen. Ein nicht zu unterschätzender Rat ihrer Schöpferin lautet daher, die „Demut als wichtigste Tugend anzusehen“.
Die Arbeit der Dramatikerin lehrt, auf die Geschicke und Unvorhersehbarkeiten des Daseins mit einer gewissen Gelassenheit zu reagieren. Sich selbst und das Treiben da draußen nicht immer allzu ernst zu nehmen. Auf diese Weise bewahrt sich Kricheldorf ihre Offenheit. Um keiner Ideologie anheimzufallen, kann es nur eine Verteidigung der Ambivalenz geben. Und dazu bedarf es eben einer Sympathie für Spott, Schalk und Scherz, die uns stets veranschaulichen, dass erst der Spalt zwischen Erwartung und Wirklichkeit die Welt in Gang hält. Dazwischen liegt die große Kraft des Theaters: die Illusion.
räch strahlt sie geradezu jugendlichen Elan und Energie aus. Zum Beispiel, wenn sie mit Eifer und Erzählfreude berichtet, wie sie schon als Jugendliche ganze Waschkörbe voller Schmähgedichte geschrieben und zeitweilig eine Witzzeitung herausgegeben habe, als Antidot gegen Langeweile und Enttäuschungen jener frühen Lebensjahre.Klassismus und PrivilegKricheldorf, 1974 in Freiburg im Breisgau geboren, hat dort eine Waldorfschule besucht. Mit Freud und Leid blickt sie auf diese Zeit zurück, die in ihr reichlich Skepsis gegenüber jedweder Form der Esoterik hervorrief. Doch neben ausgiebiger Lektüre in der Jugend ist es auch eine knapp fünfstündige Don-Carlos-Inszenierung in jener Schule, die in ihr die Lust auf mehr entfachte – mehr Literatur, mehr Theater.Also zog sie nach Berlin, studierte Romanistik an der Humboldt-Universität und Szenisches Schreiben an der Universität der Künste. 2003 erschien ihr erstes Stück, Prinzessin Nicoletta, das es prompt zum Heidelberger Stückemarkt schaffte.Seither hat sie über 40 weitere Stücke verfasst und 2021 auch einen ersten Roman – Titel: Lustprinzip – veröffentlicht. Was ihr dabei stets wichtig war und ihre Arbeiten prägt, ist die Vorstellung einer Komik, die nichts und niemanden herabsetzt. Im Gegenteil, sie soll verbinden, als soziales Erlebnis wirken. Im Theater ergebe sich, wie sie sagt, die Möglichkeit, „gemeinsam über das Scheitern und die eigene Unvollkommenheit zu lachen“. Selbst dem Tod kann man so begegnen, den es im schwarzen Humor zu verlachen gilt. Doch boulevardeske Schenkelklopferei ist Kricheldorf fremd; Humor ist für sie eine „Überlebenswaffe“.Als sie 2019 die Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik übernahm, sprach sie in Anlehnung an Robert Gernhardt vom Humor als einem „Werkzeug subversiver Aufklärung“. Die gesellschaftspolitische Anklage kommt bei ihr nicht als Predigt, sondern als Groteske auf die Bühne. Hierin äußert sich ihre Skepsis gegenüber einem zunehmend um weltanschauliche Besserwisserei bemühten Theaterbetrieb.Die Ambivalenz verteidigenDenn reine Beweihräucherung und Bestätigung der sich am eigenen Gutsein labenden Öko-Bourgeoisie – das hat Kricheldorf nicht im Sinn. Worum es ihr geht, lässt sich derzeit in ihrem Stück Die Guten beobachten, das im Rahmen von Remmidemmi in Heidelberg uraufgeführt wurde. Darin setzen sich die vier allegorisierten Kardinaltugenden Justitia, Prudentia, Temperantia und Fortitudo mit ihrem zunehmenden Bedeutungsverlust auseinander. Der einen – Justitia – wird „dreist ins Gesicht gespuckt“, Temperantia will endlich alle Mäßigung fahren lassen, „Kaviar von unglücklichen Fischen“ essen, geil sein und Altherrensprüche reißen. „Sie haben da aber ein neckisches Röckchen an, mein Fräulein“, raunt eine männliche Stimme aus dem Off. Der alte weiße Mann wird hier nicht unmittelbar verurteilt, sondern als Muster einer lasterhaften Menschenspezies beschrieben.Es ist die Kollision von Widersprüchen, die für den feinen Witz in den oft zwischen Klamauk und Gesellschaftssatire oszillierenden Werken sorgt. Das Theater wird dabei zu einem Ort gelebter Debattenkultur, das auch kritisch die aktuelle Diskurslandschaft hinterfragt: „Ich finde es sehr wichtig, queere und feministische Aspekte auf den Bühnen zu behandeln, habe aber den Eindruck, dass diese Themen derzeit ziemlich dominant sind und auch nicht selten ziemlich pädagogisch aufgeladen werden.“ Stattdessen wünscht sich die Autorin ein Theater nach Shakespear’schem Ideal. Eines, „zu dem jeder kommen kann und das alle letztlich vereint“.Vielleicht auch, weil sie über ein ausgeprägtes Bewusstsein für Klassismus verfügt, von dem insbesondere die großen Bühnenhäuser nicht freizusprechen sind. In ihren Poetikvorlesungen konstatierte sie, „dass nur sehr wenige theaterfern Aufgewachsene den Weg in die Hochkultur noch im späteren Leben finden“. Man sei eben „ein Nischen-Medium, in dem man hauptsächlich zwei Bevölkerungsgruppen antrifft: die, denen es ihr familiärer Hintergrund ermöglichte, Theater als Wert zu verstehen, und die, die selbst Theater machen, also die Kollegen“. Daraus folgerte sie: „Wer seine Weltanklage von einer Bühne herabbrüllt, sollte sich daher im Klaren darüber sein, dass viele Ohren sie nicht hören werden.“ Also vor allem jene, die sich die Tickets nicht leisten können.Prekär ist auch das Leben als freie Schriftstellerin (noch dazu Dramatikerin!). Anfangs, erzählt Kricheldorf, habe sie so einige finanzielle Durststrecken durchzustehen gehabt. Dass sie mittlerweile mit diversen Auszeichnungen wie dem Förderpreis des renommierten Kleistpreises (2003) oder dem Förderpreis des Kasseler Literaturpreises 2010 prämiert wurde, empfindet sie trotz ihres unbestreitbaren Talents daher als Privileg.Wohl auch aus diesem Grund nimmt sie immer wieder die neoliberale Behauptung, wonach jeder einzig und allein durch der eigenen Hände Fleiß seines Glückes Schmied sei, aufs Korn. Trotz eines ausgeprägten Interesses an Hollywood-Themen schreibt die Kinoliebhaberin in Texten wie Robert Redfords Hände selig immer wieder gegen die Ideologie des „American Dream“ an.Aber wäre im Gegenzug eine Gemeinschaft der Gleichheit erstrebenswert? Eine Utopie, in der die völlige Zufriedenheit aller tatsächlich Realität würde? In dem 2014 in Göttingen uraufgeführten Stück Homo Empathicus, über das bei jeder neuen Aufführung erneut intensiv diskutiert wird, spielt sie dieses Gedankenexperiment durch: eine Gesellschaft des Wohlgefühls, gesteuert und organisiert durch ein zum allgemeinen Prinzip erhobenes Einfühlungsvermögen ihrer Mitglieder.Dass dieses konfliktfreie Miteinander nur mäßig funktioniert, zeigt das Auftreten zweier „Wilder“ namens Adam und Eva, die rauchend und trinkend das Affekthafte in das vermeintlich perfekte Soziotop hineintragen. Die Harmonie ist erschüttert – wie umgehen mit den Eindringlingen? „Es kam vor“, sagt Kricheldorf, „dass Homo Empathicus als ein reines Sich-lustig-Machen über political correctness missinterpretiert wurde. Ich frage aber vielmehr, ob uns die Sehnsucht nach absoluter Achtsamkeit und Positvität wirklich in eine ideale Gesellschaft führt. Es gibt eben im Menschen auch negative Gefühle, Aggression, Egoismus und auch Traurigkeit.“Sie stellt also die Heuchelei bloß und zeigt, dass Perfektion zu nichts anderem als Stillstand führen würde. Auch hier verpackt sie die Kritik an der auf allen Ebenen auf maximale Leistungsbereitschaft getrimmten Gesellschaft in zahlreichen Pointen und ein unterhaltsames Spiel mit Stereotypen. Sie weiß, dass unsere Epoche genau diesen Mix gebrauchen kann: „Das Spektakel, die Farce, die Verstellung, das Absurde, die Albernheit und das Lachen – sie alle müssen in dieser Zeit der Eindeutigkeit, des Authentizitätswahns und des Verlusts des zweideutigen Sprechens mit aller Kraft verteidigt werden.“Aus diesem Grund setzt die Dramatikerin, die mit Märchen der Brüder Grimm aufwuchs und inzwischen ein ausgeprägtes Faible für Trash- und Pop-Formate hat, auf ein buntes, flippiges Figurenpersonal. Werwölfe und Prinzessinnen geistern genauso durch ihre häufig als Genremixturen angelegten Stücke wie Serienkiller oder hartgesottene Comic-Helden. So etwa in ihrem kurzweiligen, mit allerlei Slapstick aufwartenden Stück Sergeant Superpower rettet Amerika. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind dem einstigen Nazi- und Kommunistenjäger Captain America seine Feinde ausgegangen. Die Folge: Der Alleskönner landet auf der Therapeutencouch, wo er über den Untergang des Kapitalismus und der traditionellen Männlichkeitsbilder sinniert.Was ihn mit den meisten Figuren Kricheldorfs verbindet, ist das Ausgeliefertsein an das Schicksal. So manche von ihnen gehen ihm auf den Leim und müssen einen tiefen Fall hinnehmen. Ein nicht zu unterschätzender Rat ihrer Schöpferin lautet daher, die „Demut als wichtigste Tugend anzusehen“.Die Arbeit der Dramatikerin lehrt, auf die Geschicke und Unvorhersehbarkeiten des Daseins mit einer gewissen Gelassenheit zu reagieren. Sich selbst und das Treiben da draußen nicht immer allzu ernst zu nehmen. Auf diese Weise bewahrt sich Kricheldorf ihre Offenheit. Um keiner Ideologie anheimzufallen, kann es nur eine Verteidigung der Ambivalenz geben. Und dazu bedarf es eben einer Sympathie für Spott, Schalk und Scherz, die uns stets veranschaulichen, dass erst der Spalt zwischen Erwartung und Wirklichkeit die Welt in Gang hält. Dazwischen liegt die große Kraft des Theaters: die Illusion.