Je länger die Kämpfe in der Ukraine anhalten, desto kleiner wird das Fenster für eine Verhandlungslösung. Wenn die ukrainische Armee kapituliert, wird Moskau die Bedingungen allein festlegen. Will Kiew das wirklich riskieren?
In den westlichen Hauptstädten setzt man weiterhin auf einen langfristigen Zermürbungskrieg gegen die russischen Truppen. Die ukrainischen Verluste an Soldaten und Gerät sind dabei nur Zahlen auf dem Papier. Wenn das ukrainische Menschenmaterial von russischen Granaten zerfetzt und im russischen Kugelhagel durchlöchert wird, führt dies bei den westlichen Staats- und Regierungschefs höchstens zu Krokodiltränen. Sie werden auf dem geopolitischen Altar geopfert, um Russland militärisch und wirtschaftlich zu schwächen.
Doch ungeachtet der anhaltenden westlichen Lieferungen an Waffen, Munition und Kriegsgerät sterben der Ukraine die Truppen auf den Schlachtfeldern offensichtlich schneller weg als erwartet. Die Massenflucht der Bürger ins Ausland erschwert zudem die Rekrutierung von Frischfleisch für die Frontlinien, welches man nach einer rudimentären Basisausbildung zur Verteidigung der Heimat losschickt und dort innerhalb weniger Stunden durch den Fleischwolf gedreht wird. Denn die militärische Übermacht der russischen Truppen ist unübersehbar.
Der Kampf um die Stadt Bachmut ist ein Paradebeispiel dafür, wie die russischen Truppen die Befehle Selenskyjs zum Kampf bis zum bitteren Ende (wie schon damals in Mariupol) dafür nutzen, die ukrainischen Truppen auszudünnen. Dabei ist die Stadt auch strategisch wichtig, da sie am Fluss Dnjepr liegt, der eine Lebensader für die Ukraine darstellt. Mit dem Verlust der eingekesselten Stadt für die Ukraine wird es für die russischen Truppen leichter, nach Westen vorzurücken. Auch können die Ukrainer mit dem Verlust der Kontrolle über den Dnjepr kaum mehr Raketen auf die Krim schicken.
Doch eine Tatsache kann nicht mehr geleugnet werden: Die Ukraine wird diesen Krieg verlieren. Vielleicht in ein paar Monaten oder auch in einem Jahr. Aber egal wie viele Waffen der Westen auch noch schicken mag, es mangelt den Ukrainern infolge der enormen Verluste während der letzten zwölf Monate einfach auch an entsprechender Manpower. Und das ist noch nicht alles. Wer die russische Geschichte kennt, weiß, dass dieses Volk nicht einfach so aufgibt. Egal wie groß die eigenen Verluste auch sein mögen.
Für Kiew wäre es langsam an der Zeit, eine Exit-Strategie zu entwickeln und auch mit Moskau zu verhandeln. Denn je länger dieser Krieg andauert, die Verluste an Soldaten und Material in die Höhe schnellen und die russischen Truppen weiter vorrücken, desto schlechter wird die Ausgangslage für Verhandlungen. Ist es das, was Selenskyj will?