Was am 24. Juni 2023 in Russland geschah, hätte sich ein Hollywood-Regisseur für Horrorfilme ausdenken können. Im größten Flächenland der Welt, einer Atommacht, drohten bewaffnete Söldner, auf die Hauptstadt zu marschieren.

Jewgeni Prigoschin, Chef der Wagner-Gruppe mit einem Personalbestand etwa 25.000 Mann, wollte „Gerechtigkeit für Russland“ erkämpfen. Seine Parole: „Wir gehen nach Moskau.“ Die Antwort Wladimir Putins ließ nicht lange auf sich warten. In einer Fernsehansprache an die Bevölkerung ließ er keinen Zweifel, dass „jeder innere Aufruhr“ „eine tödliche Bedrohung für unsere Staatlichkeit ist“. Daher, so Putin, würden die „Maßnahmen zur Verteidigung des Vaterlandes“ gegen die Aufständischen „hart“ sein.

Prigoschin überschätzt sich

Prigoschin antwortete darauf in einer Videobotschaft mit den Worten – „Der Präsident irrt sich tief“ – und behauptete: „Wir sind Patrioten“. Und er schwang sich auf zum Sprecher aller Unzufriedenen im Lande: „Wir wollen nicht, dass das Land weiter in Korruption, Raub und Bürokratie lebt.“ Der „Wagner“-Boss kündigte an, er wolle die Streitkräfte spalten: „Ich denke, dass die halbe Armee mit uns geht“. Damit stand die Drohung eines Bürgerkrieges im Raum. Doch damit wurde einmal mehr deutlich, wie sehr Prigoschin an Selbstüberschätzung leidet, weil ihn Armeeeinheiten zwar passieren ließen, ihm aber nicht folgten.

Wladimir Putin, in Zugzwang gesetzt, machte einen geschickten Schachzug. Er ließ den belarussischen Präsidenten als Vermittler mit Prigoschin verhandeln, mit Erfolg. Am Abend des 24. Juni befahl der „Wagner“-Chef seinen Kämpfern, in ihre Positionen zurückzukehren. Er wolle, so Prigoschin, „Blutvergießen“ vermeiden. Der Wagner-Boss reiste daraufhin nach Belarus, offensichtlich in eine Art Asyl. Der Frondeur zeigte am Rande des Abgrunds Reste von Ratio.

Nimbus des Bachmut-Eroberers

Damit ist ein Konflikt, der Russland an den Rand eines Bürgerkrieges brachte, nicht gelöst. Prigoschin hatte in den vergangenen Monaten bei zahlreiche Putin-loyalen Russen Sympathien gewonnen. Dabei spielten vor allem militärische Erfolge der „Wagner“-Truppe wie die Eroberung von Bachmut eine Rolle. Aber auch Prigoschins grobschlächtige Verbalattacken auf den als selbstgefällig denunzierten Verteidigungsminister Sergej Schoigu trugen zu einer gewissen Popularität des „Wagner“-Chefs bei.

Auffällig war das positive Echo, das Prigoschin bei Armee-Veteranen und bei Militärexperten und Bloggern genoss, die für eine Nähe zum Generalstab und zur Militäraufklärung bekannt sind. Weniger begeistert über Prigoschins Auftritte waren offenkundig die Mannen vom Inlandsgeheimdienst FSB. Der Dienst verkündete noch vor Putins Fernsehrede die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Prigoschin, das jetzt aber vom Kreml kassiert wurde, wie Präsidentensprecher Dmitri Peskow am Abend des 24. Juni bekannt gab.

Prigoschins vollmundige Machtansprüche waren offenkundig nicht Teil eines klaren politischen Planes. Sie kompensierten eher politische Schwäche. Weder führt er eine Partei, noch hatte er ein Programm.

Mehr Kontrolle

Dennoch spiegelte der Prigoschin-Putsch Widersprüche zwischen verschiedenen Sicherheitskräften wider, darunter auch zwischen Teilen des Militärgeheimdienstes GRU und dem FSB. Die beiden Dienste befinden sich seit langem in einem gespannten Verhältnis. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der FSB innerhalb der Armee über eine geheime Kontrollinstanz verfügt, die „Wojennaja Kontraraswedka“ (WKR), die Militärische Gegenspionage.

Deren Existenz geht auf eine vom Geheimdienst (Tscheka) 1918 geschaffene „besonderen Abteilung‘“ zurück. Deren Aufgabe bestand in der Kontrolle der Armee. Sie diente als Prophylaxe gegen potenzielle Putschisten und Frondeure. Nach der Prigoschin-Revolte dürfte die Bedeutung dieser tief sowjetisch geprägten und in der Armee nicht unumstrittenen Abteilung noch wachsen. Der Kreml wird versuchen, die politische Kontrolle über alle bewaffneten Kräfte in Russland erheblich zu verstärken.

Schadenfreude oder klammheimliche Genugtuung im Westen darüber, dass sich die Wagner-Kolonne teilweise durch Südrussland bewegt hat wie das Messer durch die Butter, sind deplatziert. Es spricht nicht nur viel, sondern so gut wie alles dafür, dass Prigoschin deshalb nicht auf Widerstand stieß, weil das alles nur verschlimmert und zu Hunderten Toten geführt hätte. Von der Initialzündung für einen Bürgerkrieg ganz zu schweigen.

rteidigung des Vaterlandes“ gegen die Aufständischen „hart“ sein.Prigoschin überschätzt sichPrigoschin antwortete darauf in einer Videobotschaft mit den Worten – „Der Präsident irrt sich tief“ – und behauptete: „Wir sind Patrioten“. Und er schwang sich auf zum Sprecher aller Unzufriedenen im Lande: „Wir wollen nicht, dass das Land weiter in Korruption, Raub und Bürokratie lebt.“ Der „Wagner“-Boss kündigte an, er wolle die Streitkräfte spalten: „Ich denke, dass die halbe Armee mit uns geht“. Damit stand die Drohung eines Bürgerkrieges im Raum. Doch damit wurde einmal mehr deutlich, wie sehr Prigoschin an Selbstüberschätzung leidet, weil ihn Armeeeinheiten zwar passieren ließen, ihm aber nicht folgten.Wladimir Putin, in Zugzwang gesetzt, machte einen geschickten Schachzug. Er ließ den belarussischen Präsidenten als Vermittler mit Prigoschin verhandeln, mit Erfolg. Am Abend des 24. Juni befahl der „Wagner“-Chef seinen Kämpfern, in ihre Positionen zurückzukehren. Er wolle, so Prigoschin, „Blutvergießen“ vermeiden. Der Wagner-Boss reiste daraufhin nach Belarus, offensichtlich in eine Art Asyl. Der Frondeur zeigte am Rande des Abgrunds Reste von Ratio. Nimbus des Bachmut-EroberersDamit ist ein Konflikt, der Russland an den Rand eines Bürgerkrieges brachte, nicht gelöst. Prigoschin hatte in den vergangenen Monaten bei zahlreiche Putin-loyalen Russen Sympathien gewonnen. Dabei spielten vor allem militärische Erfolge der „Wagner“-Truppe wie die Eroberung von Bachmut eine Rolle. Aber auch Prigoschins grobschlächtige Verbalattacken auf den als selbstgefällig denunzierten Verteidigungsminister Sergej Schoigu trugen zu einer gewissen Popularität des „Wagner“-Chefs bei. Auffällig war das positive Echo, das Prigoschin bei Armee-Veteranen und bei Militärexperten und Bloggern genoss, die für eine Nähe zum Generalstab und zur Militäraufklärung bekannt sind. Weniger begeistert über Prigoschins Auftritte waren offenkundig die Mannen vom Inlandsgeheimdienst FSB. Der Dienst verkündete noch vor Putins Fernsehrede die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Prigoschin, das jetzt aber vom Kreml kassiert wurde, wie Präsidentensprecher Dmitri Peskow am Abend des 24. Juni bekannt gab.Prigoschins vollmundige Machtansprüche waren offenkundig nicht Teil eines klaren politischen Planes. Sie kompensierten eher politische Schwäche. Weder führt er eine Partei, noch hatte er ein Programm. Mehr KontrolleDennoch spiegelte der Prigoschin-Putsch Widersprüche zwischen verschiedenen Sicherheitskräften wider, darunter auch zwischen Teilen des Militärgeheimdienstes GRU und dem FSB. Die beiden Dienste befinden sich seit langem in einem gespannten Verhältnis. Dabei spielt auch eine Rolle, dass der FSB innerhalb der Armee über eine geheime Kontrollinstanz verfügt, die „Wojennaja Kontraraswedka“ (WKR), die Militärische Gegenspionage.Deren Existenz geht auf eine vom Geheimdienst (Tscheka) 1918 geschaffene „besonderen Abteilung‘“ zurück. Deren Aufgabe bestand in der Kontrolle der Armee. Sie diente als Prophylaxe gegen potenzielle Putschisten und Frondeure. Nach der Prigoschin-Revolte dürfte die Bedeutung dieser tief sowjetisch geprägten und in der Armee nicht unumstrittenen Abteilung noch wachsen. Der Kreml wird versuchen, die politische Kontrolle über alle bewaffneten Kräfte in Russland erheblich zu verstärken.



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Von Veritatis

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