Wie nennt man Menschen mit einem steuerpflichtigen Einkommen von 180.000 Euro pro Jahr? Reich. Aber auch Reiche können sich arm fühlen, wenn etwa Mutter Staat ihre armen Reichen nicht länger in Milch, Honig und Steuermillionen badet. Als Pläne der Familienministerin Lisa Paus publik wurden, die Einkommensgrenze für Elterngeld von 300.000 auf 150.000 Euro – etwa 180.000 vor Steuern – zu senken. Da fiel mancher Schwangeren glatt das Kaviarlöffelchen aus der Hand.

So kommt es, dass die Reichen – viel haben sie nicht, aber Einfluss halt doch – eine Medienkampagne starteten, um auch der letzten Dorftrottelin klarzumachen, wie ungerecht das ist! Vergesst Kinderarmut, überfüllte Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die schimmeligen S

chen, wie ungerecht das ist! Vergesst Kinderarmut, überfüllte Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die schimmeligen Schulen, die baufälligen Sporthallen, denkt an die Vermögenden!Mehr Beschwerden als BetroffenePlötzlich finden sich in Mütterforen Beiträge, in denen schockierte werdende Mütter berichten, dass sie ohne das fest eingeplante Elterngeld Haus und Hof und Hoffnung verlieren. Sie verdienen auch ganz genau und exakt 180.000 im Jahr. Ein Schelm, wer denkt, hier handle es sich um einen geschickten Publicity Stunt, der dazu beitrug, dass etwa fünfmal so viele Bürger eine Petition gegen die Absenkung dieser Einkommensgrenze unterschrieben, wie es überhaupt Betroffene gibt. Das wirkt. Die Ministerin muss offenbar noch ein wenig an der Regel herumschrauben.Dabei hätte bereits bei der Einführung des Elterngeldes nicht nur die gigantisch hohe Jahreseinkommensgrenze von 300.000 Euro empören müssen. Auch die Tatsache, dass dem ärmeren (und kinderreicheren) Bevölkerungsteil im Vergleich zur alten Erziehungsgeldregelung das Elterngeld mal eben um fünfzig Prozent gekürzt wurde, hätte einen Aufschrei verdient. Oder die Tatsache, dass Hartz-IV- beziehungsweise Bürgergeldempfängern das Elterngeld als Einkommen angerechnet wird.Ich habe oft darüber geschrieben, viel zu oft. Ich war schockiert und wütend, dass im Kontext der Elterngeldeinführung erfolgreich von der extremen Umverteilung von Arm zu Reich abgelenkt wurde, indem man den vermeintlichen Gleichstellungsaspekt hervorhob. Tatsächlich ergab sich ja eine Besserstellung vieler Mittelschichtsfrauen, besonders der akademisch gebildeten, die heute weniger abhängig vom Einkommen des Mannes sind – wenn sie, ganz in der klassischen Rollenverteilung verhaftet, beim Kind zu Hause bleiben. Und das ist der Knackpunkt: Es hat sich nichts an der Verteilung der Arbeit verändert, aber das Elterngeld entlohnt nun ein wenig die erziehende Person, jedoch nur, wenn sie bereits ein gutes Einkommen erwirtschaftet.Zur Verwirrung trägt bei, dass man Frauen- wie Sozialpolitik gern zusammen irgendwo unter „Gedöns“ ablegt. Was Frauen hilft, ist also sozial und vice versa. Dass es auch unter Frauen Klassen- und Einkommensunterschiede und damit sehr unterschiedliche Interessenlagen gibt, wird verdrängt.So ist die Idee der Absenkung der Einkommensgrenze gut gemeint. Aber das Elterngeld jetziger Form muss weg. Weil es das Erwerbseinkommen kompensiert, statt Erziehungsleistung zu honorieren. Die sollte dem Staat immer gleich viel wert sein. Vielleicht nicht 180.000 im Jahr. Aber mehr als 300 Euro monatlich für einkommensarme Familien müssten es schon sein. So, Schluss jetzt. Ab ins Forum, arme reiche Mütter trösten!



Quelle Link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar