Während der letzten beiden Jahrzehnte ist viel über die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen das Hand-Anlegen, um den Tod einer anderen Person hebeizuführen, straffrei bleiben sollte, diskutiert worden. In vielen Ländern ist die passive Euthanasie, d.h. die Nicht-Bereitstellung oder Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen, sowie die sogenannte Sterbehilfe durch die Verabreichung von Substanzen, die als Nebenwirkung die Lebensdauer der Person, der sie verabreicht werden, verkürzt, seit Langem erlaubt.
In einer Reihe von Ländern oder Bundesstaaten von Ländern ist inzwischen jedoch auch die aktive Euthanasie, d.h. die aktive Herbeiführung des Todes einer anderen Person, nicht durch Unterlassung bestimmter Handlungen, sondern durch eigenes Hand-Anlegen, inzwischen ausdrücklich erlaubt – unter der Grundbedingung, dass diese Person ihre Tötung verlangt oder explizit gewünscht hat. (Weitere Bedingungen kommen in den jeweiligen gesetzlichen Regelungen hinzu, auf die wir weiter unten noch kommen werden.) Dargestellt wird die Hilfe zum Sterben als ein Akt des Respekts vor der Autonomie der Person oder als ein Akt des Mitleids, bei dem jemandem der Gnadentod gewährt wird oder die Möglichkeit, „in Würde“ zu sterben, was immer das genau bedeuten mag.
Die Schweiz übernahm diesbezüglich eine Vorreiter-Rolle: Im Schweizerischen Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 wurde mit Artikel 114 zwar klargestellt, dass
„[w]er aus achtenswerten Beweggründen, namentlich aus Mitleid, einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches Verlangen tötet, […] mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe …bestraft [wird]“ ,
womit auch die Tötung auf Verlangen, die durch Mitleid motiviert ist, für strafrechtlich relevant erklärt wurde. Aber in Artikel 115 wurde festgelegt, dass es nur dann strafbar sei, jemanden zum Selbstmord zu verleiten oder ihn beim Selbstmord zu unterstützen, wenn „…aus selbstsüchtigen Beweggründen …“ (Art. 115 des schweizerischen StGB) gehandelt wurde. Man darf also niemanden auf sein Verlangen hin aus Mitleid töten, aber man darf jemandem dabei helfen, sich selbst umzubringen, sofern die Hilfe nicht „aus selbstsüchtigen Beweggründen“ erfolgt. (Dabei bleibt unberücksichtigt, dass Mitleid selbst als ein selbstsüchtiges Motiv angesehen werden kann insofern ein Akt des Mitleids der handelnden Person psychologische Erleichterung vom Mit-Leiden verschafft.)
„DIGNITAS beschafft das für die Freitodbegleitung notwendige letale Medikament, bei dem es sich um ein schnell und schmerzlos wirkendes Barbiturat handelt, das in gewöhnlichem Trinkwasser aufgelöst wird. Nach dessen Einnahme schläft der Patient … innerhalb weniger Minuten ein, wonach der Schlaf schmerzlos und ruhig in den Tod übergeht“.
„… unabhängigen Schweizer Ärtze[n] … [n]ach Vorprüfung eines schriftlichen Ersuchens und Begegnungen mit dem [sterbewilligen] Mitglied, während welcher sich der Arzt vom Vorhandensein der Voraussetzungen für die gewünschte Freitodbegleitung noch persönlich überzeugt … […] zuhänden von DIGNITAS ausgestellt werden [kann]“
Die Person muss einen Brief verfassen, in dem sie „… ausdrücklich um Freitodbegleitung ersucht …“, damit ggf. nachgewiesen werden kann, dass die Person die „Freitodbegleitung“ tatsächlich gewünscht und um sie gebeten hat, und die „minimale körperliche Aktionsfähigkeit“ ist wohl als Hinweis darauf zu verstehen, dass die sterbewillige Person an der Herbeiführung ihres Todes zumindest mitwirken kann, so dass ihr Tod als Freitod nicht nur in der Absicht, sondern auch in der Praxis, angesehen werden, z.B. dann, wenn die Person ein Glas mit der in Wasser gelösten tötlichen Substanz selbst halten und an den Mund führen und sie /oder sie zumindest selbst herunterschlucken kann. Die „Freitodbegleitung“ wäre andernfalls eine Tötung auf Verlangen und gemäß Artikel 114 des Schweizerischen Strafgesetzbuches strafbar.
„‘Dignitas’ … für die Freitod-Begleitung von seinen Mitgliedern zusätzlich zur Mitgliedschaft (Eintrittsgebühr: 200 CHF, ca. 188 Euro; Jahresbeitrag: min. 88 CHF, ca. 82 [E]uro)‚ einen Vorschuss von insgesamt CHF 10500.-, wenn DIGNITAS auch die Bestattungsfragen regelt, und von insgesamt CHF 7’500.–, wenn DIGNITAS weder mit Behördengängen noch mit Bestattungsfragen zu tun hat.‘ Umgerechnet in Euro ergeben sich hierfür also Kosten zwischen 7000 und knapp 10000 Euro“.
Die erste „Freitodbegleitung“ hat DIGNITAS im seiner Gründung folgenden Monat, im Juni 1998, vollzogen.
Wie eine entsprechende Statistik zeigt, wurden seitdem und bis einschließlich 2022 3.666 Menschen mit Hilfe von DIGNITAS in den Freitod begleitet. 1.449 oder 39,5 Prozent von ihnen kamen aus Deutschland, womit aus Deutschland zwecks „Freitodbegleitung“ Angereiste den bei Weitem größten Teil der Klientel von DIGNITAS stellten. (Zum Vergleich: Die zweit- und drittgrößte Gruppen stellten Menschen aus dem Vereinigten Königreich mit 14,5 Prozent und Menschen aus Frankreich mit 13,6 Prozent, während Menschen aus der Schweiz nur 6,2 Prozent der von DIGNITAS in den Freitod Beförderten ausmachten.)
Diese statistische Verteilung dürfte sich bald anders darstellen, denn in Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht am 26. Februar 2020 das im Jahr 2015 eingeführte Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe als gegen das Grundgesetz verstoßend deklariert und festgestellt, dass ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben bestehe, das sowohl den Selbstmord als auch die Inanspruchnahme der Hilfe einer anderen Person zur Herbeiführung des Todes beinhalte. Damit wären im Prinzip dieselben Bedingungen geschaffen, die in der Schweiz herrschen, aber die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes müsste in Deutschland erst noch in eine gesetzliche Regelung münden, bevor diesbezüglich von Rechtssicherheit gesprochen werden kann.
Über zwei Entwürfe zur Regelung von „selbstbestimmtem Sterben“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 20/2293, 17.06.2022) bzw. „Suizidhilfe“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 20/2332, 21.06.2022) ist am 6. Juli 2023 im deutschen Parlament abgestimmt worden, aber keiner der beiden erhielt eine Mehrheit. Bis auf Weiteres ist damit in Deutschland wie in der Schweiz Tötung auf Verlangen verboten, während Beihilfe zum Selbstmord straffrei bleibt.
In Deutschland haben „Sterbehilfevereine … im Jahr 2021 bei fast 350 Suiziden“ geholfen, so berichtete „tagesschau.de“ am 21. Februar 2022, und „sterbehilfe.de“ berichtet in ihrem Jahresrückblick auf 2022 vom 02. Januar 2023:
„Der Verein Sterbehilfe hatte am 31.12.2022 2516 Mitglieder (am 31.12.2021 waren es 1201). Altersdurchschnitt 70 Jahre … Von den 2516 Mitgliedern haben 110 Mitglieder das Grüne Licht, mit dem der Verein definitiv verspricht, jederzeit auf Wunsch des Mitglieds Suizidhilfe zu leisten – solange das vom künftigen § 217 Abs.1 StGB nicht verboten wird … Der Verein Sterbehilfe hat im vergangenen Jahr 139 Suizidbegleitungen [vorgenommen] (im Vorjahr 129). Das jüngste Mitglied war 23, das älteste 98 Jahre alt, Altersdurchschnitt 77 Jahre, … 4 Doppelsuizide von Ehepaaren, die ihr Leben gemeinsam beenden wollten … Bei Suizidbegleitungen erfasst der Verein die Suizidwünsche der Mitglieder in 3 Kategorien …: körperlich krank 132 Fälle (darunter multimorbid 11 Fälle und demenzbetroffen 2 Fälle) … psychisch krank 4 Fälle … ohne eine Erkrankung 3 Fälle“ (Hervorhebungen im Original).
Hilfe zum Selbstmord, ohne dass derjenige, der sich selbst töten möchte, eine körperliche oder psychische Erkrankung hat, ist in Deutschland also bereits jetzt möglich. Dasselbe gilt für Österreich, wo der Verfassungsgerichtshof das Verbot des assistierten Suizids in Österreich mit Ende 2021 aufgehoben hat und im Januar 2022 ein „Sterbeverfügungsgesetz“ in Kraft getreten ist und das einer „… sterbewillige[n] Person [per Rezept] [eine] tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital oder ein anderes, durch Verordnung gemäß § 11 Abs. 6 festgelegtes Mittel, das in entsprechender Dosis das Leben beendet“ (§3, 9) zur Verfügung stellt, wenn sie die Bedingungen erfüllt, um eine Sterbeverfügung „errichten“ zu können.
Während Hilfe zum/beim Selbstmord also in den deutschsprachigen Ländern Europas (und nicht nur dort!) inzwischen legal ist, ist aktive Euthanasie, also die aktive Herbeiführung des Todes einer anderen Person, auch auf Wunsch dieser Person, (noch?) verboten, und es besteht auch (noch?) kein Rechtsanspruch darauf, auf Wunsch durch eine andere Person getötet zu werden.
Anderswo sind die Grenzen zwischen Hilfe beim Selbstmord, passiver Sterbehilfe und passiver Euthanasie (wie oben definiert), einerseits und Tötung auf Verlangen oder aktiver Euthanasie andererseits, längst verschwunden. So ist in den Niederlanden und in Belgien (seit 2002), in Luxemburg (seit 2009), in Spanien (seit 2021), in Kanada (seit 2016), in Kolumbien (seit 2015), in verschiedenen Bundesstaaten Australiens – wobei der Bundesstaat Victoria im Jahr 2017 den Anfang gemacht hat –, in Neuseeland (seit 2019), in verschiedenen Bundesstaaten der USA beides gesetzlich erlaubt.
Quelle: bma.org.uk
Hilfe beim Selbstmord und Tötung auf Verlangen gelten dort lediglich als zwei verschiedene „Methoden“ im Rahmen des „medically assisted dying“, d.h. dem „medizinisch unterstützten Sterben“, wie es in Kanada und den USA heißt. Auf der englischsprachigen web-Seite der niederländischen Regierung zum Thema wird unter der Überschrift „Euthanasia and assisted suicide“ erläutert:
“Termination of life on request can take two forms. In the case of euthanasia, the physician administers a fatal dose of a suitable drug to the patient. In assisted suicide, by contrast, the physician supplies the lethal drug but the patient administers it. Both forms are covered by the Act and in both cases doctors must fulfil the statutory due care criteria”.
D.h.:
„Die Beendigung des Lebens auf Verlangen kann auf zwei Arten erfolgen. Im Falle der Euthanasie verabreicht der Arzt dem Patienten eine tödliche Dosis eines geeigneten Medikaments. Bei der Beihilfe zum Suizid hingegen stellt der Arzt das tödliche Medikament zur Verfügung, aber der Patient verabreicht es selbst. Beide Formen fallen unter das Gesetz, und in beiden Fällen müssen die Ärzte die gesetzlich vorgeschriebenen Sorgfaltskriterien erfüllen“.
In den Gesetzen der oben genannten (Bundes-/)Staaten und auch in Staaten, in denen zwar die aktive Euthanasie nicht erlaubt ist, aber die Hilfe beim Selbstmord, sind in dementsprechenden Gesetzen Voraussetzungen formuliert, unter denen „medizinisch unterstützes Sterben“ erlaubt ist. Typischerweise ist es erlaubt für Personen, die sterben wollen (was sie in einem förmlichen Ersuchen ausdrücken müssen), weil sie an einer unheilbaren Erkrankung leiden und deren Tod in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Ein „klassischer“ Kandidat für „medizinisch unterstütztes Sterben“ ist dementsprechend jemand, der an einer unheilbaren Krebserkrankung bzw. an Krebs im Endstadium leidet, und tatsächlich betrifft der größte Teil von „medizinisch unterstützten“ Tötungen Menschen, auf die dies zutrifft (Emanuel et al. 2000: 2460; Health Canada 2022: 5; Miller & Kim 2017: 3; RTE 2023: 3).
Aktive Euthanasie wird aber nicht nur an Menschen vollzogen, die sich im Endstadium einer zum Tod führenden Krankheit befinden und in Verbindung damit meistens unter großen physischen Schmerzen leiden. Um in Kanada die Voraussetzungen für medizinisch unterstütztes Sterben zu erfüllen,
“… an individual must experience intolerable physical or psychological suffering that is caused by their medical condition or their state of decline and that cannot be relieved under conditions that the individual finds acceptable” (Health Canada 2022: 25),
d.h.
„… muss eine Person unerträgliches physisches oder psychisches Leiden erfahren, das durch ihre Krankheit oder ihren Zustand des Verfalls verursacht wird und das nicht unter Bedingungen gelindert werden kann, die der Betroffene akzeptabel findet“ (Health Canada 2022: 25).
„Leiden“ ist damit sehr weit gefasst und stark subjektiviert, und vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Leiden, die Menschen als Begründung für ihre Anfrage zwecks medizinisch unterstützten Sterbens angeben, vielfältig sind, und erfahrener Schmerz keinesweg die häufigste Begründung ist. Erfahrener oder (bislang nur) befürchteter Schmerz wurde im Jahr 2021 von 57,6 Prozent der insgesamt 9.950 euthanasierten Menschen, für die Health Canada am 31. Januar 2022 ein Bericht vorgelegt hat (für das Jahr 2021 wurden aber insgesamt 10.064 Euthanasien berichtet), als Grund für ihren Wunsch, euthanisiert zu werden, angegeben und lag damit an dritter Stelle der angegebenen Leiden – mit deutlichem Abstand hinter dem Verlust der Fähigkeit, sinnvolle Aktivitäten auszuüben oder an ihnen teilzunehmen, das von 86,8 Prozent der später Euthanasierten angeben wurde, und dem Verlust der Fähigkeit, Aktivitäten des täglichen Lebens auszuführen, das von 83,4 Prozent genannt wurde. Unter den angegebenen psychologischen Leiden wurde ein Verlust der Würde mit 54,3 Prozent am häufigsten genannt. 35,7 Prozent gaben an, keine Last für Familienangehörige, Freunde oder Betreuungspersonen sein zu wollen, und 17,3 Prozent (oder 1.740 Menschen) gaben an, unter Isolation und Einsamkeit zu leiden (Health Canada 2022: 26).
(Health Canada 2022: 26)
Vor diesem Hintergrund kommt man schwerlich umhin, denselben Eindruck zu bekommen, den Jonathan Este von „TheConversation“ im September 2019 wie folgt auf den Punkt gebracht hat:
“MAiD [Medical Assistance in Dying] is often spoken of as the definitive intervention that ensures control over the alleviation of suffering. But, we have learned that MAiD can also be chosen as the antidote to a system that fails in compassion or equitable palliative care access”,
d.h.
MAiD [medinisch unterstütztes Sterben] wird oft als die definitive Intervention bezeichnet, die die Kontrolle über die Linderung des Leidens gewährleistet. Aber wir haben gelernt, dass MAiD auch als Gegenmittel zu einem System gewählt werden kann, das an Mitgefühl oder gerechtem Zugang zur Palliativversorgung scheitert“.
In den Niederlanden wurden im Jahr 2022 115 Menschen mit einer psychiatrischen Störung und 288 Menschen mit Demenz euthanisert, wobei unter Letzteren sechs Menschen waren, die im entsprechenden Bericht explizit als „not decisionally competent“, d.h. „nicht entscheidungsfähig“ bezeichnet wurden (RTE 2023: ohne Seite; die entsprechende Abbildung steht zwischen den mit „2“ und „3“ nummerierten Seiten). Bei diesen Menschen wurde eine früher von ihnen getroffene Patientenverfügung als Wunsch nach Euthanasie interpretiert (RTE 2023: 3). Ein Arzt kann sich aber auch über eine vorher getroffene Patientenverfügung hinwegsetzen: Der Oberste Gerichtshof der Niederlande hat in einem Urteil aus dem April 2020 festgestellt, dass ein Arzt einer Patientenverfügung nicht wörtlich entsprechen muss, wenn ein Mensch nicht mehr fähig ist, sein Einverständnis zu einer Euthanasie zu geben. Das Urteil bezog sich auf einen Fall, in dem eine Frau euthanasiert wurde, die in einer Patientenverfügung nur bestimmt hatte, dass sie dann zu sterben wünschte, wenn sie meinte, dass die richtige Zeit hierfür gekommen sei, ihre fortgeschrittene Demenz ihr aber nicht mehr erlaubte, eine solche Einschätzung zu treffen (s. hierzu auch Buijsen 2022: 92-93).
In ihrer Analyse von 39 Berichten über Fälle von Euthanasie an Menschen mit geistiger Behinderung oder Autismus-Spektrum-Stötungen in den Niederlanden haben Tuffrey-Wijne et al. (2023) festgestellt, dass in acht dieser Fälle als einzige Leiden Faktoren genannt wurden, die direkt mit der geistigen Behinderung oder Autismus-Spektrum-Störungen in Zusammenhang standen.
“Typically, these people were unable to live with the characteristics of ASD [autism spectrum disorders]/intellectual disability and could not cope with the world … In eight cases (21%), ASD or intellectual disability made it difficult to cope with non-life-threatening somatic symptoms or physical decline, such as age-related conditions or symptoms (n = 5), tinnitus (n = 2) or curable cancer (n = 1) … In a further eight cases (21%), ASD or intellectual disability was a major contributing factor to a person’s inability to cope with their psychiatric condition; or the main causes of suffering were described as a combination of psychiatric conditions and the characteristics associated with ASD or intellectual disability. In one case, there was an additional somatic cause of suffering (chronic fatigue syndrome) … In 15 cases (38%), the person’s EAS [physician-assisted suicide] request stemmed from suffering that was not substantially related to their ASD or intellectual disability, but related to psychiatric conditions (n = 6), somatic conditions (n = 6; all of these were people with intellectual disabilities) or a combination (n = 3)” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 3).
„Typischerweise waren diese Menschen nicht in der Lage, mit den charakteristischen Merkmalen von ASD [Autismus-Spektrum-Störungen]/geistiger Behinderung zu leben und konnten nicht mit der Welt zurechtkommen … In acht Fällen (21 %) erschwerten ASD oder geistige Behinderung den Umgang mit nicht lebensbedrohlichen somatischen Symptomen oder körperlichem Verfall, wie z. B. altersbedingten Erkrankungen oder Symptomen (n = 5), Tinnitus (n = 2) oder heilbarem Krebs (n = 1) … In weiteren acht Fällen (21 %) war ASD oder geistige Behinderung ein Hauptfaktor für die Unfähigkeit einer Person, mit ihrer psychiatrischen Erkrankung zurechtzukommen; oder die Hauptursachen des Leidens wurden als Kombination von psychiatrischen Erkrankungen und den mit ASD oder geistiger Behinderung verbundenen Charakteristika beschrieben. In einem Fall gab es eine zusätzliche somatische Ursache für das Leiden (chronisches Müdigkeitssyndrom) … In 15 Fällen (38 %) wurde der EAS-Antrag [Antrag auf ärztlich-assistiertem Suizid] von einem Leiden ausgelöst, das nicht wesentlich mit dem ASD oder der geistigen Behinderung zusammenhing, sondern mit psychiatrischen Erkrankungen (n = 6), somatischen Erkrankungen (n = 6; alle diese waren Menschen mit geistiger Behinderung) oder einer Kombination (n = 3)” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 3).
Die Autoren berichten weiter:
“Over three-quarters of patients describes being lonely or socially isolated as a major cause of suffering. This often stemmed from feeling rejected and different from others” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 4),
d.h.
„Mehr als drei Viertel der Patienten beschreiben Einsamkeit oder soziale Isolation als Hauptursache für ihr Leiden. Dies ist häufig auf das Gefühl zurückzuführen, abgelehnt zu werden und anders zu sein als andere (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 4),
und
“[f]or more than half of patients (n = 22, 56%), difficulty in coping with life or with the world (often described as a lack of resilience) was a major contributor to their EAS request” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 4),
d.h.
„[f]ür mehr als die Hälfte der Patienten (n = 22, 56 %) war die Schwierigkeit, mit dem Leben oder der Welt zurechtzukommen (oft als mangelnde Resilienz beschrieben), ein Hauptgrund für ihren EAS-Antrag” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 4).
Tuffrey-Wijne et al. halten aufgrund der Ergebnisse ihrer Untersuchung fest:
“Dutch law requires that EAS (physician-assisted suicide) is permitted only in cases where the suffering has a medical basis. This raises real questions about accepting factors such as ‘difficulty in coping with changing circumstances’ as reasons for EAS, as these are associated with lifelong disability rather than as acquired medical condition. The implicit message communicated to patients in granting EAS requests on the basis on intellectual disability or ASD-related suffering is that such conditions are indeed hopeless. This is of concern, as is the risk that the option of EAS hampers investment in appropriate treatments and societal change … We question whether applying a biomedical framework to people with complex social and psychological needs, in particularly when assessing very broadly defined ‚suffering‘, is overly simplistic and indeed dangerous … It is of crucial importance to understand how physicians assess the unbearable nature and the ‘hopelessness’ of patients’ suffering” (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 6).
„Das niederländische Recht schreibt vor, dass EAS (ärztlich assistierter Selbstmord) nur in Fällen erlaubt ist, in denen das Leiden eine medizinische Grundlage hat. Dies wirft reale Fragen auf, ob Faktoren wie ‘Schwierigkeiten bei der Bewältigung sich ändernder Umstände’ als Gründe für EAS akzeptiert werden sollten, da diese mit lebenslanger Behinderung und nicht mit erworbener Erkrankung verbunden sind. Die implizite Botschaft, die den Patienten bei der Gewährung von EAS-Anträgen auf der Grundlage von geistiger Behinderung oder ASD-bezogenem Leiden übermittelt wird, ist, dass solche Bedingungen in der Tat hoffnungslos sind. Dies ist besorgniserregend, ebenso wie das Risiko, dass die Option EAS Investitionen in angemessene Behandlungen und gesellschaftlichen Wandel behindert … Wir stellen die Frage, ob die Anwendung eines biomedizinischen Rahmens auf Menschen mit komplexen sozialen und psychologischen Bedürfnissen, insbesondere bei der Beurteilung sehr weit gefasster ‚Leiden‘, übermäßig simpel und in der Tat gefährlich ist … Es ist von entscheidender Wichtigkeit zu verstehen, wie Ärzte die unerträgliche Natur und die ‘Hoffnungslosigkeit’ von Patientenleiden bewerten“ (Tuffrey-Wijne et al. 2023: 6).
Mit der Befürchtung, dass die gesetzliche Möglichkeit, medizinisch unterstützt zu sterben, also die Kann-Norm, in eine Soll-Norm mutieren kann oder wird, sind Tuffrey-Wijne nicht allein. Die „British Medical Association“ hat in einer Zusammenstellung der Argumente für oder gegen eine Gesetzgebung mit Bezug auf medizinisch unterstütztes Sterben ebenfalls festgehalten:
“Laws send social messages. An assisted dying law, however well intended, would alter society’s attitude towards the elderly, seriously ill and disabled, and send the subliminal message that assisted dying is an option they ‘ought’ to consider”,
d.h.
„Gesetze senden soziale Botschaften. Ein (medizinisch) assistiertes Sterbegesetz, wie gut auch die Ansicht dahinter sein mag, würde die Einstellung der Gesellschaft gegenüber älteren, schwer kranken und behinderten Menschen verändern und die unterschwellige Botschaft aussenden, dass assistiertes Sterben eine Option ist, die sie bedenken ‚sollten‘“.
Tuffrey-Wijne et al. sind der Auffassung, dass Leiden wie ein Gefühl von Ausschluss oder Einsamkeit, Schwierigkeiten, gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, Depression und Traurigkeit, eng mit Mängeln mit Bezug auf die Betreuung von geistig Behinderten oder Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen verbunden sind. Medizinisch assistiertes Sterben dieser Menschen kann man dementsprechend als ein Eingeständnis des Scheiterns oder mangelnder Anstrengungen auf Seiten der Sozialfürsorge ansehen, ganz so, wie der oben zitierte Jonathan Este von „TheConversation“ die Euthanasie als ein Eingeständnis des Scheiterns des Systems der Palliativversorgung ansieht.
Fest steht, dass Euthanasie-Gesetzgebungen (wie hier die kanadische und die niederländische) eine sehr weite Interpretation von „Leiden“ zulassen, und sie erfahren – teilweise im Zusammenhang mit dieser weiten Interpretation – in ihren Neufassungen eine Ausweitung des legal euthanasierbaren Personenkreises oder eine Aufweichung der Voraussetzungen für eine Euthanasie. Es stellt sich ein, was Kritiker von Anfang an befürchtet haben, nämlich eine Ausweitung des Kreises derjenigen Personen, die beim Sterben „medizinisch unterstützt“ werden dürfen.
Beispielsweise wurde das kanadische Gesetzgebung zum medizinisch unterstützten Sterben von 2016 durch die „Bill C-7“ verändert, mit der die im ursprünglichen Gesetz enthaltene Bedingung der vernünftigen Absehbarkeit des natürlichen Todes – die ihrerseits nirgendwo im Gesetz klar definiert wurde – aufgegeben wurde. Wenn der natürliche Tod eines Menschen, der aufgrund eines Leidens euthanasiert werden will, „vernünftigerweise absehbar“ ist, kann ein Arzt gemäß des neuen, im März 2021 in Kraft getretenen Euthanasie-Gesetzes diesen Menschen noch am selben Tag euthanasieren, an dem der Menschen seinen Wunsch geäußert hat. Wenn der natürliche Tod eines Menschen nicht „vernünftigerweise absehbar“ ist, kann dieser Mensch nun dennoch eine Anfrage auf Euthanasie stellen, woraufhin eine 90 Tage währende Wartezeit beginnt, während der ihm Unterstützung von Experten im Feld seines spezifischen Leidens angeboten werden sollte und der Mensch seine Anfrage daraufhin ggf. zurückziehen kann (so, wie es jedem prinzipiell offensteht, seine Anfrage auf Euthanasie jederzeit zurückzuziehen). Der genaue Beginn der Wartezeit ist allerdings nicht klar definiert, und Behindertenverbände fürchten, dass die Unterstützung, die z.B. ein depressiver körperlich behinderter Mensch erhalten wird, anders ausfallen wird als die Unterstützung, die einem depressiven Menschen ohne körperliche Behinderung angeboten wird.
Was Menschen mit Demenz betrifft, so ermöglicht die Bill C-7, dass ein Mensch, dessen Tod „vernünftigerweise absehbar“ ist, und der seine Fähigkeit, in eine Euthanasie einzuwilligen, verloren hat, auf der Grundlage einer vorherigen Vereinbarung mit dem Arzt oder der Krankenschwester euthanasiert werden kann.
Euthanasie sollte auch Menschen, die kein körperliches Leiden haben, sondern (allein) an einer psychischen Erkrankung leiden, durch das neue Euthanasie-Gesetz zugänglich gemacht werden, aber diese Regelung wurde um zwei Jahre verschoben – bis März 2023. Am 9. März wurde diese Frist bis zum 17. März 2024 verlängert:
“This extension will allow additional time to complete and disseminate key resources currently under development for clinicians and other health care system partners to address these more complex MAiD [medically assistance in dying] requests”,
d.h.
„Diese Verlängerung wird zusätzliche Zeit für die Vervollständigung und Verbreitung von Schlüsselressourcen zur Verfügung stellen, die derzeit für Ärzte und andere Partner des Gesundheitssystems entwickelt werden, um diese komplexeren MAiD [Medizinische Sterbehilfe]-Anfragen zu behandeln.“
Es scheint also nicht darum zu gehen, die Zeit zur Entscheidungsfindung darüber zu nutzen, ob Menschen mit psychischen Erkrankungen, aber ohne körperliche Erkrankungen, euthanasiert werden können sollten, sondern lediglich um die genaue Regelung und Erledigung solcher Euthanasie-Fälle.
Auch die Ausweitung der kanadischen Euthanasie-Gesetzgebung auf Minderjährige bzw. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wird diskutiert. Im „Report of the Special Joint Committee on Medical Assistance in Dying“ aus dem Februar 2023 gibt das Kommittee auf Seite 57 die folgende Empfehlung:
“Recommendation 14 – That the Government of Canada undertake consultations with minors on the topic of MAID, including minors with terminal illnesses, minors with disabilities, minors in the child welfare system and Indigenous minors, within five years of the tabling of this report,
d.h.
Empfehlung 14 – Dass die kanadische Regierung innerhalb von fünf Jahren nach Vorlage dieses Berichtes Konsultationen mit Minderjährigen zum Thema MAID durchführt, einschließlich Minderjähriger mit unheilbaren Krankheiten, Minderjähriger mit Behinderungen, Minderjähriger im Kinderschutzsystem und indigener Minderjähriger“.
Und auf Seite 65 des Berichtes hält das Kommittee ausdrücklich fest:
“The committee agrees with those witnesses who supported a requirement for parental consultation, but not consent, in the context of MAID for mature minors. For that reason, the committee recommends Recommendation 19 That the Government of Canada establish a requirement that, where appropriate, the parents or guardians of a mature minor be consulted in the course of the assessment process for MAID, but that the will of a minor who is found to have the requisite decision-making capacity ultimately take priority”.
„Das Kommittee stimmt mit den Zeugen überein, die sich dafür ausgesprochen haben, dass im Zusammenhang mit der MAID für reife Minderjährige eine Konsultation der Eltern, aber keine Zustimmung erforderlich ist. Aus diesem Grund empfiehlt der Ausschuss die Empfehlung 19[,] dass die kanadische Regierung vorschreibt, dass gegebenenfalls die Eltern oder Erziehungsberechtigten eines mündigen Minderjährigen im Verlauf des Beurteilungsprozesses für die MAID konsultiert werden, dass aber der Wille eines Minderjährigen, der als entscheidungsfähig eingestuft wird, letztlich Vorrang hat“.
Bereits jetzt wird Kindern die Euthanasie nahegebracht. So hat Health Canada, die kanadische Gesundheitsbehörde, ein 26 Seiten umfassendes Büchlein für Kinder finanziert, in dem die Euthanasie Kindern verharmlosend als Gebrauch von Medizin, die den Körper eines Menschen dazu bringen, nicht mehr zu funktionieren, dargestellt wird.
Das Büchlein soll angeblich keine Werbung für Euthanasie bei Kindern sein, sondern für Kinder verfasst worden sein, “… who have someone in their life who may have MAID [medical assistance in dying]“, d.h. „… die jemanden in ihrem Leben haben, der MAID [Euthanasie] haben könnte“. Die verharmlosende Darstellung von Euthanasie ist aber schwerlich hierdurch zu rechtfertigen; Euthanasie wird durch diese Darstellung normalisiert und dürfte damit einen enthemmenden Effekt haben.
Die Ermöglichung von Euthanasie per Gesetz hat zweifellos Normalisierungs- und Enthemmungseffekte wie der Fall eines neulich von einem Gericht in den Niederlanden zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilten Mannes zeigt, der überzeugt davon ist, dass jeder Menschen das Recht habe, über sein eigenes Leben zu entscheiden, und dass die Regierungspolitik in diesem Bereich zu Wünschen übrig ließe, weshalb er mindestens zehn Menschen dabei geholfen hat, sich ihr Leben zu nehmen, indem er ihnen „Selbstmord-Medikamente“ verkauft hat. Insgesamt hat er vor seiner Verhaftung 1.600 Menschen diese Medikamente verkauft. Das Gericht hat seine Entscheidung vor allem damit begründet, dass es keinem Bürger freistehe, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, aber auch festgehalten, dass
“‘[u]se of drug X does not always lead to a ‚soft‘ death`, citing relatives who witnessed ‘severe distress and panic which led to a gruesome death’”,
d.h.
„‘die Einnahme von Droge X führt nicht immer zu einem ‘sanften’ Tod‘, wobei Angehörige zitiert wurden, die Zeugen von ‘schweren Ängsten und Panik, die zu einem grausamen Tod führten’geworden waren”.
Tötung (hier: statt Selbsttötung) durch die Einnahme von tödlichen Medikamenten gehört also deshalb in die Hände eines Arztes, weil sie durchaus nicht immer ein sanftes, schmerzfreies Einschlafen bedeutet, sondern ein einigermaßen belastendes Ereignis für alle Beteiligten sein kann bzw. eine gewisse professionelle De-Humanisierung des zu Euthanasierenden zu erfordern scheint (Ay & Öz 2019; Bellens et al. 2020; De Boer et al. 2011; Trufin 2021).
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Texte wie dieser sind nicht nur einmalig und nur bei uns zu finden, sie sind besonders akribisch recherchiert und entsprechend mit viel Aufwand verbunden, deshalb haben wir in der Redaktion darüber diskutiert, ob wir die entsprechenden Texte hinter einer Bezahlschranke anbieten sollten.
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Was Euthanasie an Minderjährigen in den Niederlanden betrifft, so kann sie prinzipiell an Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren vollzogen werden: ein Arzt kann Minderjährige zwischen 16 und 18 Jahren auf ihren Wunsch hin euthanasieren, wenn die Eltern in den Entscheidungsfindungsprozess einbezogen werden, und Minderjährige zwischen zwölf und 15 kann ein Arzt auf ihren Wunsch hin euthanasieren, wenn die Eltern zustimmen. Seit 2005 ist in den Niederlanden außerdem die Euthanasie von Neugeborenen legal. Im sogenannten Groningen-Protokoll ist das Verfahren geregelt, nach dem Kinder unter zwölf Jahren und insbesondere Neugeborene euthanasiert werden können (Buijsen 2022: 95; Kon et al. 2022; Verhagen et al. 2005).
In Belgien gibt es derzeit keine Altersbeschränkungen für Euthanasie. Gemäß dem ursprünglichen Euthanasiegesetz war Euthanasie nur an Volljährigen legal, aber im Jahr 2014 wurde das Gesetz auf Menschen unter 18 Jahren ausgeweitet. Dagegen hat Luxemburg bis jetzt an der Beschränkung von Euthanasie auf Menschen über 18 Jahren festgehalten:
“Minors, persons of legal age under guardianship or protection, and legally incapable persons may not legally request euthanasia or assisted suicide, nor may their parents, guardians or trustees make such a request on their behalf“,
d.h
„Minderjährige, volljährige Personen, die unter Vormundschaft oder Pflegschaft stehen, und geschäftsunfähige Personen können weder Euthanasie noch Beihilfe zum Suizid rechtmäßig beantragen, noch können ihre Eltern, Vormünder oder Treuhänder einen solchen Antrag in ihrem Namen stellen“.
Medizinisch unterstützt wird immer häufiger gestorben, wie die folgenden Abbildungen zeigen, auf denen die medizinisch unterstützt Gestorbenen bzw. Euthanasierten in Belgien, in den Niederlanden und Kanada im Zeitverlauf abgetragen sind:
In Kanada sind seit 2016 31.664 Menschen mit medizinischer Unterstützung ins Jenseits befördert worden, davon 10.064 im Jahr 2021, womit Tote, die beim Sterben medizinisch unterstützt wurden, 3,3 Prozent aller Todesfälle in Kanada im Jahr 2021 ausmachten (Health Canada 2022: 19). Von diesen 10.064 Toten waren 3.193 zwischen 71 und 80 Jahre alt. Immerhin 353 waren zwischen 46 und 55 Jahre alt, und 139 zwischen 18 und 45. In allen Alterskategorien (außer der letzten der über 91-Jährigen) waren Männer gegenüber Frauen überrepräsentiert (Health Canada 2022: 25, Abbildung 4.2). Bei 219 (oder 2,2% der insgesamt 10.064) medizinisch unterstützt Gestorbenen war deren natürlicher Tod als nicht vernünftigerweise vorhersehbar identifiziert worden, und bei 45,7 Prozent dieser 219 Menschen wurde ein neurologisches Leiden als ihr hauptsächliches Leiden genannt (Health Canada 2022: 28).
Die im Rahmen einer Euthanasie in Kanada am häufigsten benutzten Medikamente sind gemäß einer Studie von Stukalin et al. (2022) Propofol, Midazolam und Rocuronium. Betrachten wir Propofol etwas näher: es handelt sich dabei um ein schnell wirkendes Koma auslösendes Mittel, das vor allem zur Herbeiführung einer Vollnarkose benutzt wird. Die Verwendung von Propofol zwecks Euthanasie erfordert eine fünf- bis zehnmal so hohe Dosis wie sie zur Herbeiführung einer Vollnarkose notwendig ist, nämlich eine Dosis von mindestens 1000 mg. Der medizinisch assistierte Freitod in Würde mit Hilfe von Propofol sieht etwa wie folgt aus:
“The suggested speed of injection is 40mg of propofol every 10 seconds with an onset of action of one arm-brain circulation time, on average approximately 40 seconds … The ED95 (the dose required to achieve the desired effect in 95% of the population) for propofol is approximately 2.56mg/kg calculated based on lean tissue mass … MAiD dosing is 5-10 times the normal dose for induction of general anaesthesia. Common adverse effects include pain on injection in approximately 60-70% of patients (if propofol is the only peripherally administered drug), dose dependent hypotension, apnea, and involuntary body movements … Another adverse effect is the development propofol-induced seizure-like phenomena, which are estimated at an incidence of 1 in 47,000 … A rare adverse effect of propofol is anaphylaxis. This has been mostly noted with formulations containing metabisulfite … An adverse effect associated with allergy to metabisulfite or the administration of high propofol doses is a collection of clinical findings referred to as ‘gasping syndrome’. The syndrome includes central nervous system depression, metabolic acidosis, gasping respirations, and high levels of benzyl alcohol and its metabolites in urine and blood … The gasping respirations may be concerning to the patient’s family and are thus an adverse effect that clinicians should be familiar with. Another rare adverse effect of propofol administration is the development of propofol infusion syndrome (PRIS), which is not relevant in the MAiD setting …” (Miller et al. 2020: 17).
„Die vorgeschlagene Geschwindigkeit der Injektion ist 40mg von Propofol alle 10 Sekunden mit einem Beginn der Wirkung von einer Arm-Gehirn-Zirkulationszeit, im Durchschnitt etwa 40 Sekunden … Die ED95 (die Dosis, die benötigt wird, um den gewünschten Effekt bei 95% der Bevölkerung zu erzielen) für Propofol ist ungefähr 2.56mg/kg, berechnet auf der Grundlage der mageren Gewebemasse … MAiD Dosierung ist 5-10mal die normale Dosis für die Induktion der Vollnarkose. Häufige Nebenwirkungen sind Schmerzen bei der Injektion bei etwa 60-70% der Patienten (wenn Propofol das einzige peripher verabreichte Medikament ist), dosisabhängige Hypotonie, Apnoe und unwillkürliche Körperbewegungen … Ein weiterer nachteiliger Effekt ist die Entwicklung von Propofol-induzierten anfall-ähnlichen Phänomenen, mit einer Inzidenz von 1 in 47.000… Eine seltene nachteilige Wirkung von Propofol ist Anaphylaxis. Diese ist meist mit Formulierungen, die Metabisulfite enthalten, beobachtet worden … Eine nachteilige Wirkung, die mit Allergie gegen Metabisulfite oder der Verabreichung von hohen Propofol-Dosen verbunden ist, ist eine Sammlung von klinischen Befunden, die als ‘Keuch-Syndrom’ bezeichnet werden. Das Syndrom umfasst zentrale Nervensystemdepression, metabolische Azidose, keuchende Atmung, und hohe Mengen an Benzylalkohol und seinen Metaboliten in Urin und Blut … Die keuchenden Atemzüge können bei der Familie des Patienten Besorgnis auslösen und sind daher eine nachteilige Wirkung, die Ärzte kennen sollten. Eine weitere seltene nachteilige Wirkung der Propofol-Verabreichung ist die Entwicklung von Propofol-Infusionssyndrom (PRIS), was bei der Verwendung im Rahmen von MaiD nicht relevant ist …” (Miller et al. 2020: 17).
Midazolam, das in den niederländischen Richtlinien für Euthanasie nicht empfohlen wird, ist ein schnell wirkendes Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine.
“In MAiD, dosage across protocols ranged from 2.5-20mg IV. In those instances, midazolam IV is to be administered anywhere from IV push to over the course of 2 minutes. Onset of action, when administered intravenously, is rapid with time to peak effect is 2-3 minutes … Adverse effects include bradypnea due to depressed central respiratory drive, somnolence, and decreased tidal volume. This effect can be complementary to propofol in the context of MAiD, and unlikely to adversely affect the patient in MAiD when medications are administered in rapid succession. Despite its watersolubility, midazolam may also result in pain with injection due to its acidic formulation … Rare adverse effects include anaphylaxis” (Miller et al. 2020: 21).
„In MAiD lag die Dosierung protokollübergreifend zwischen 2,5 und 20 mg IV. In diesen Fällen ist Midazolam IV durch intravenösen Push [IV-Push, d.h. die schnelle Injektion in die Vene des zu Euthanasierenden über einen zuvor implantierten intravenösen Katheter]] oder im Verlauf von 2 Minuten zu verabreichen. Die Wirkung von Midazolam setzt, wenn intravenös verabreicht, schnell ein und erreicht ihren Höhepunkt nach 2-3 Minuten … Zu den Nebenwirkungen gehören Bradypnoe [pathologisch verminderte Atmung] aufgrund eines depressiven zentralen Atemantriebs, Schläfrigkeit und vermindertes Tidalvolumen [Gasvolumen, das während eines normalen Atemzuges in die Lungen oder oder ihnen heraus bewegt wird]. Dieser Effekt kann im Zusammenhang mit MAiD komplementär zu Propofol sein und wird den Patienten in MAiD wahrscheinlich nicht negativ beeinflussen, wenn die Medikamente in schneller Folge verabreicht werden. Trotz seiner Wasserlöslichkeit kann Midazolam aufgrund seiner sauren Formulierung auch zu Injektionsschmerzen führen … Seltene unerwünschte Wirkungen sind Anaphylaxie“ (Miller et al. 2020: 21).
Rocuronium ist ein neuromuskulärer Blocker, der ebenfalls mit Schmerzen bei der Injektion verbunden ist:
“… both propofol and barbiturates may cause pain when injected. Rocuronium can also lead to significant pain on injection … The most common local anaesthetic used for ameliorating pain on injection is lidocaine” (Miller et al. 2020: 29),
d.h.
„Sowohl Propofol als auch Barbiturate können bei der Injektion Schmerzen verursachen. Rocuronium kann auch zu erheblichen Schmerzen bei Injektion führen. Das häufigste Lokalanästhetikum zur Linderung von Schmerzen bei der Injektion ist Lidocain“ (Miller et al. 2020: 29). (Lidokain behindert die Leitung von Nervenimpulsen.)
Deshalb erhält der zu Euthanasierende gewöhnlich eine Mischung von Substanzen, wie dies von Miller et al. (2020) mit Bezug auf die niederländischen Praxisrichtlinien berichtet wird:
“The most up-to-date guidelines for the provision of MAiD in the Netherlands were published by the Royal Dutch Medical Association (KNMG) and the Royal Dutch Pharmacists Associations (KNMP). The protocol describes the induction of a coma with thiopental 2000mg or propofol 1000mg with 2mL of 1% lidocaine without epinephrine via injection, infusion, or via elastomeric pump. The administration has to occur within 5 minutes regardless of mode of administration. This is followed by neuromuscular blockade using rocuronium 150mg as a bolus. Alternatives to rocuronium include atracurium 100mg or cisatracurium 30mg. Optional premedications include 2.5mg of intravenous midazolam …” (Miller et al. 2020).
„Die aktuellsten Richtlinien für die Bereitstellung von MAiD in den Niederlanden sind von der Royal Dutch Medical Association (KNMG) und den Royal Dutch Apotheker-Verbänden (KNMP) herausgegeben worden. Das Protokoll beschreibt die Induktion eines Komas mit Thiopental 2000mg oder Propofol 1000mg mit 2mL von 1% Lidocain ohne Adrenalin über Einspritzung, Infusion oder über Elastomerpumpe. Die Verabreichung muss innerhalb von 5 Minuten unabhängig von der Art der Verabreichung erfolgen Darauf folgt die neuromuskuläre Blockade mit Rocuronium 150mg als Bolus. Zu den Alternativen zu Rocuronium gehören Atracurium 100mg oder Cisatracurium 30mg. Optionale Prämedikationen umfassen 2,5 mg intravenöses Midazolam …“ (Miller et al. 2020: 7).
Miller et al. empfehlen für die kanadische Euthanasie-Praxis ebenfalls die Verwendung mehrerer Substanzen in einer bestimmten Abfolge:
Quelle: Miller et al. 2020: 32
“The proposed protocol is associated with minimal risk for nausea/vomiting. If there is a concern about nausea/vomiting due to the patient’s underlying medical condition, positioning a patient upright can be considered” (Miller et al. 2020: 5)
Die Wahrscheinflichkeit, dass sich der zu Euthanasierende übergibt, kann jedoch auch durch die Gabe von Metaclopramid verringert werden, denn Metaclopramid regt die Peristaltik im oberen Magen-Darm-Trakt an:
“Metoclopramide prevents and treats nausea and vomiting. It also enhances gastrointestinal motility and accelerates gastric emptying” (Miller et al. 2020: 23),
d.h.
„Metoclopramid verhindert und behandelt Übelkeit und Erbrechen. Es verbessert auch die Magen-Darm-Motilität [vegetativ gesteuerte Bewegung der Muskulatur in Magen und Darm] und beschleunigt die Magenentleerung“ (Miller et al. 2020: 23).
Darüber hinaus können Lidocain und Bupicvacain gegeben werden. Bupicvacain ist ein Mittel, das Herzstillstand herbeiführt, und wird über einen Zeitraum von 30 bis 60 Sekunden gegeben (Miller et al. 2020: 24).
Dies alles kann nicht vollständig verhindern, dass es Komplikationen bei der Euthanasie gibt oder die Euthanasie (bis auf Weiteres) scheitern kann, und zwar sowohl bei der Euthanasie durch orale Einnahme tödlicher Drogen als auch bei Euthanasie durch intravenöse Verabreichung der tödlichen Droge, d.h. sowohl beim medizinisch assistierten Selbstmord (oder der passiven Euthanasie) als auch bei der aktiven Euthanasie.
Quelle: DeWolf 2023: 1
Nicht vergessen werden sollten die nicht-oralen Verabreichungen von tödlichen Substanzen im Rahmen von „Sterbehilfe“ per rektaler Verabreichung, Verabreichung über eine Ernährungssonde oder über einen Stoma, d.h. über eine künstlich geschaffene Verbindung von einem Hohlorgan zur Körperoberfläche. (Das nebenstehende Bild gibt einen Eindruck davon, wie man sich das Verhältnis zwischen Selbst- und Fremd-Anteil beim medizinisch assistierten Selbstmord in diesen Fällen vorzustellen hat.)
Die Existenz dieser Form der Euthanasie scheint ein gut gehütetes Geheimnis zu sein, denn man findet so gut wie keine Informationen zu ihnen, geschweige denn detaillierte Angaben z.B. darüber, welche Komplikationen sich bei ihnen mit welcher Häufigkeit ergeben. Wäre ich nicht bei der Lektüre von Groenewoud et al. (2000) über die rektale Verabreichung gestolpert, ich hätte nicht erfahren, dass es nicht-orale Verbreichung von tödlichen Substanzen im Rahmen von „Sterbehilfe“ gibt.
Beim medizinisch assistierten Selbstmord durch orale Einnahme des tödlichen Medikamentes kann der Eintritt des Todes länger auf sich warten lassen als erwartet, es kann passieren, dass sich kein Koma einstellt, und es kann passieren, dass der zu Euthanasierende nach Schlucken der Droge (dennoch) wieder aufwacht (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
“In a review of 165 oral MAID cases in the Netherlands between 2013-2015, 9 patients showed some retching and 3 patients fell asleep before being able to complete the medication. 6 cases took longer than 60 minutes before death occurred. Additional IV medications were administered for the completion of the provision in 9% of cases … A review of the Oregon data from 1998-2015 (a total of 991 self-administered cases …) shows that in roughly half of cases patients did not have a medical clinician present at the time of ingestion … For the cases where a clinician was present and data is available, there was a complication rate (not including delay) of 4.9%, mostly involving regurgitation. There are 6 reported cases of patients regaining consciousness after administration. Of the cases where data is available, the reported time from ingestion ranges from 1 minute to 104 hours, with a median of 25 minutes” (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
„Bei einer Überprüfung von 165 oralen MAID-Fällen in den Niederlanden zwischen 2013 und 2015 zeigten 9 Patienten Würgen und 3 Patienten schliefen ein, bevor sie die Medikation beenden konnten. In 6 Fällen dauerte es länger als 60 Minuten, bis der Tod eintrat. In 9% der Fälle wurden zusätzliche intravenöse Medikamente verabreicht, um die Verabreichung abzuschließen … Eine Überprüfung der Daten aus Oregon aus den Jahren 1998-2015 (insgesamt 991 selbst verabreichte Fälle …) zeigt, dass in etwa der Hälfte der Fälle zum Zeitpunkt der Einnahme kein Arzt anwesend war … In den Fällen, in denen ein Arzt anwesend war und Daten verfügbar sind, lag die Komplikationsrate (ohne Verzögerung) bei 4,9 %, wobei es sich meist um Regurgitation [Wiederhochwürgen] handelte. Es wurden 6 Fälle gemeldet, in denen Patienten nach der Verabreichung das Bewusstsein wiedererlangten. Bei den Fällen, für die Daten vorliegen, reicht die gemeldete Zeit ab der Einnahme von 1 Minute bis 104 Stunden, mit einem Median von 25 Minuten” (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
In einer Studie aus den Niederlanden, deren Basis 649 Fälle von passiver oder aktiver Euthanasie waren, haben die Autoren festgestellt:
“In general, problems were more frequently reported in cases of assisted suicide than in cases of euthanasia. The responsible physician decided to administer the lethal medication in 21 of 114 cases in which the original intention had been only to provide assistance with suicide. In most of these cases, the patient did not die as soon as expected or awoke from coma, and the physician felt compelled to administer a lethal injection because of the anticipated failure of the assisted suicide. In some cases, the physician administered a lethal injection because the patient had difficulty swallowing the oral medication, vomited after swallowing it, or became unconscious before swallowing all of it” (Groenewoud et al. 2000: 554-555).
„Im Allgemeinen wurden bei der Beihilfe zum Suizid häufiger Probleme berichtet als bei der Euthanasie. Der verantwortliche Arzt entschied sich in 21 von 114 Fällen für die Verabreichung des tödlichen Medikaments, obwohl ursprünglich nur eine Beihilfe zum Selbstmord beabsichtigt war. In den meisten dieser Fälle starb der Patient nicht so schnell wie erwartet oder erwachte aus dem Koma, und der Arzt sah sich gezwungen, eine tödliche Injektion zu verabreichen, weil er mit dem Scheitern der Beihilfe zum Suizid rechnete. In einigen Fällen verabreichte der Arzt eine tödliche Injektion, weil der Patient Schwierigkeiten hatte, das orale Medikament zu schlucken, sich nach dem Schlucken erbrach oder bewusstlos wurde, bevor er es vollständig geschluckt hatte“ (Groenewoud et al. 2000: 554-555).
Dass aus einem geplanten medizinisch unterstützten Selbstmord eine (aktive) Euthanasie wird, weil der Selbstmord fehlschlägt oder fehlzuschlagen droht, ist also keineswegs so selten, wie man meinen könnte, wenn man all die schönen Werbetexte für Sterben „in Würde“ durch Sterbehilfe liest oder die Bilder von friedlich im Bett einschlafenden Menschen sieht, deren ausnahmslos faltige (d.h. Alter suggerierende) Hand von einer jungen Hand während des Entschalfens gehalten wird. In der von Bakewell und Naik zitierten Studie geschieht dies in 9 Prozent der Fälle von intendiertem medizinisch unterstützten Selbstmord, und in der Studie von Groenewoud et al. sogar n 18 Prozent der Fälle von intendiertem medizinisch unterstützten Selbstmord.
“… it is suitable for almost all patients, is well tolerated with minimal side effects, and has rare failure rates. The disadvantages of IV MAID are that it requires the potentially painful insertion of an IV at the end of life, requires the presence of a clinician, and that the final act of medication administration may be perceived as diminishing agency and reducing autonomy for the patient.” (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
Dass die aktive Euthanasie nur selten fehlschlägt, bedeutet nicht, dass sie ohne Komplikationen verlaufen müsste:
“A review of 649 cases of euthanasia and assisted suicide in the Netherlands published in NEJM in 2000 outlines some data on complication rates with IV MAID … In that case review, there were technical problems with obtaining IV access in 5% of cases, including difficulty finding a vein or problems with the IV catheter itself. There were patient complications in 3% of cases, such as muscle spasms, myoclonus, cyanosis, gasping, or vomiting. There were problems with completion, mostly a longer than expected time to death, in 5%. Unfortunately, this case review does not provide specifics on what medications were being used … As of yet, there has not been any systematic recording of complications with IV MAID in Canada. However, in a survey of 335 Canadian emergency physicians, 3 reported having seen patients come into the emergency department because of a failed IV administration of MAID or an inability to obtain an IV in the community … It is likely that the majority of cases of IV failure are resolved in the community either with re-insertion or with the assistance of another clinician” (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
„Eine im Jahr 2000 im NEJM veröffentlichte Übersicht über 649 Fälle von Sterbehilfe und assistiertem Suizid in den Niederlanden [es handelt sich dabei um die bereits oben zitierte Studie von Groenewoud et al.] enthält einige Daten über die Komplikationsraten bei der IV[intravenösen]-MAID … Bei dieser Fallübersicht gab es in 5% der Fälle technische Probleme bei der Erlangung des IV-Zugangs, einschließlich Schwierigkeiten beim Auffinden einer Vene oder Probleme mit dem IV-Katheter selbst. In 3% der Fälle traten Komplikationen bei den Patienten auf, wie Muskelkrämpfe, Myoklonus [plötzliches, unwillkürliches Zucken eines Muskels oder einer Muskelgruppe], Zyanose [„Blausucht“; bläuliche Verfärbung der Haut, Schleimhäute, Lippen und Nägel, verursacht durch Sauerstoffmangel im Blut], Keuchen oder Erbrechen. In 5% der Fälle gab es Probleme mit dem Abschluss der Behandlung, vor allem eine längere Zeit bis zum Tod als erwartet. Leider enthält dieser Fallbericht keine Angaben darüber, welche Medikamente verwendet wurden … Bislang gibt es in Kanada noch keine systematische Erfassung von Komplikationen bei der IV von MAID. In einer Umfrage unter 335 kanadischen Notärzten gaben jedoch 3 an, dass sie Patienten gesehen haben, die wegen einer fehlgeschlagenen intravenösen Verabreichung von MAID oder wegen der Unmöglichkeit, in der [ärztlichen] Gemeinde eine Infusion zu erhalten, in die Notaufnahme kamen … Es ist wahrscheinlich, dass die Mehrzahl der Fälle, in denen die Infusion versagt, in der [ärztlichen] Gemeinde entweder durch erneutes Legen der Infusion oder durch die Hilfe eines anderen Arztes behoben werden kann.” (Bakewell & Naik 2019: o.S.).
Obwohl die meisten medizinisch unterstützt sterbewilligen Menschen mit einem medizinisch unterstützten Selbstmord oder Euthanasie den Wunsch von einem ruhigen Entschlafen in gewohnter Umgebung und ggf. im Kreis der Familie verbinden – Tajaâte et al. (2021: 3) berichten für die Niederlande, dass dies auf 80 Prozent zutrifft –, hat es also seine Vorteile, das medizinisch unterstützte Sterben in einem Krankenhaus zu vollziehen. Und dies nicht nur aufgrund der Komplikationen, die sich sowohl beim medizinisch unterstützen Selbstmord als auch bei der (aktiven) Euthanasie einstellen können, sondern auch und insbesondere, wenn der zu Euthanasierende Organspender ist, denn wenn er im Krankenhaus stirbt statt zuhause oder in der Praxis des behandelnden Arztes, verkürzt das die Dauer der Organischämie, d.h. der Minderdurchblutung oder den Durchblutungsausfall eines oder mehrerer Organe, auf dem Weg in den Operationssaal, in dem das Organ/die Organe entnommen werden.
Organspende nach Euthanasie ist derzeit in Belgien, den Niederlanden, Kanada und Spanien möglich (van Dijk et al. 2023; Tajaâte et al. 2021), wenn der zu Euthanasierende seinen Willen, nach seiner Euthanasie ein Organ oder mehrere Organe zu spenden, von sich aus bekundet hat. Bei einer Organspende nach Euthanasie handelt sich um eine Organspende nach Herztod – im Englischen gewöhnlich „circulatory death“ genannt; das Herz-Kreislauf-System fällt in Folge des Versagens der Pumpfunktion des Herzens aus – und nicht nach Gesamthirntod. (van Dijk et al. 2023: 3). Der (Gesamt-)Hirntod, der per definitionem vorliegt, wenn keine Hirnaktivität mehr messbar ist, gilt als das bislang zuverlässigste Kriterium für die Bestimmung von Tod. Dem Hirntod geht der Herztod voraus: wenn das Herz für einige Minuten nicht schlägt, stellt sich der Hirntod ein (Academy of Medical Royal Colleges 2010: 11). Weil ein Herz, das nicht schlägt, im Prinzip wieder zu schlagen anfangen kann oder zum Schlagen gebracht werden kann, gilt der Herztod an sich nicht als Kriterium für Tod. So hat sich im Jahr 1998 die Bundesärztekammer (Deutschlands) dahingehend geäußert, dass ein
„Herz- und Kreislaufstillstand von 10 Minuten bei normaler Körpertemperatur […] bisher nicht als sicheres ‚Äquivalent zum Hirntod‘ nachgewiesen [sei] und […] deshalb nicht die Todesfeststellung durch Nachweis von sicheren Todeszeichen ersetzen [könne]“ (Bundesärztekammer, zitiert nach Gutmann 2015: 5).
Dennoch umfasst die „no touch time“, während der abgewartet werden muss, ob die Vitalfunktionen eines Herztoten, der Organspender ist, zurückkehren, bevor es an die Organentnahme geht, gewöhnlich nur einige Minuten lang (Bollen et al. 2023: 1).
Es wird geschätzt, dass etwa 10 Prozent der Euthanasierten für die Spende von mindestens einem Organ in Frage kämen. Dies haben zuerst Bollen et al. (2017) in einer Studie, die auf Unterlagen von 2.021 im Jahr 2015 in Belgien Euthanasierten basiert, berichtet. Sie haben errechnet, dass von Euthanasierten 684 Organe hätten gespendet werden können (Bollen et al. 2017: 1476). 90 Prozent kommen nicht in Frage, vor allem deshalb, weil Krebserkrankungen die häufigsten Gründe für den Wunsch von Personen sind, sich euthanasieren zu lassen, und weil der bei Weitem größte Anteil von Euthanasierten alte Menschen sind, deren Organe für eine Transplantation für zu alt erachtet werden (was bei einer Leber bei 60 Jahren der Fall ist, bei einer Bauchspeicheldrüse bei 50 Jahren;).
Aber:
“…medical suitability only implies that a patient is a possible organ donor. Whether the patient is also willing to donate, and is willing to die in hospital, must be carefully ascertained” (Bollen et al. 2017: 1476),
d.h.
„… medizinische Eignung bedeutet nur, dass ein Patient ein möglicher Organspender ist. Ob der Patient auch bereit ist zu spenden, und bereit ist, im Krankenhaus zu sterben, muss sorgfältig festgestellt werden“ (Bollen et al. 2017: 1476).
Bisher ist dies eher selten der Fall gewesen:
“From 2012 to January 2022, organ donation after euthanasia in the Netherlands was performed 85 times. In Spain in 2021, organ donation after euthanasia was only performed in seven cases from 656 DCD [donation after circulatory death] donors. In 2022, however, organ donation after euthanasia was performed in 42 cases from 912 DCD donors – highlighting a rapid increase. In Canada from 2016 to 2021, 136 patients donated organs after medical assistance in dying … In Belgium, 50 patients donated their organs following euthanasia between 2011 and 2020. Organ donation after euthanasia was feasible in patients who suffered from a neurodegenerative disease or from a mental illness[!]” (Bollen et al. 2023: 2).
„Von 2012 bis Januar 2022 wurde die Organspende nach Sterbehilfe in den Niederlanden 85mal durchgeführt. In Spanien wurde im Jahr 2021 nur in sieben Fällen von 656 DCD-Spendern [Organspende nach Herztod] eine Organspende nach Sterbehilfe durchgeführt. Im Jahr 2022 wurde die Organspende nach Sterbehilfe jedoch in 42 Fällen von 912 DCD-Spendern durchgeführt, was einen rasanten Anstieg zeigt. In Kanada spendeten von 2016 bis 2021 136 Patienten Organe nach medizinischer Sterbehilfe … In Belgien haben 50 Patienten zwischen 2011 und 2020 ihre Organe nach Sterbehilfe gespendet. Eine Organspende nach Sterbehilfe war bei Patienten möglich, die an einer neurodegenerativen Krankheit oder an einer psychischen Erkrankung litten“ (Bollen et al. 2023: 2).
Vor diesem Hintergrund und weil Studien vorliegen, die zeigen, dass Organe, die Euthanasierten entnommen wurden, keine schlechtere, sondern eine bessere Überlebenschance haben oder eine schnellere Funktionsaufnahme nach Transplantation aufweisen als Organe, die Nicht-Euthanasierten nach Herz- oder Hirntod entnommen werden (Bollen et al. 2020; Ceulemans et al. 2022; van Reeven et al. 2020), gibt es Bestrebungen, die schätzungsweise zehn Prozent der als Organspender in Frage kommenden Euthanasierten besser auszuschöpfen. Das könnte über mehrere Wege geschehen:
Da in den Ländern, in denen Euthanasie erlaubt ist, (bislang) nicht explizit erlaubt (wenn auch, wie in Kanada, nicht direkt verboten) ist, gezielte Organspenden nach Euthanasie (bei Lebendspendern aber schon) vornehmen zu lassen, also Organspenden, bei denen der Spender einen speziellen Empfänger bestimmt, votieren manche Autoren dafür, diese Gesetzeslage zu ändern und die Möglichkeit, einen Empfänger zu benennen, auch zu Euthanasierenden einzuräumen (van Dijk et al. 2023).
Staaten oder Bundesstaaten, die bislang nur medizinisch assistierten Selbstmord erlauben, (der gewöhnlich im heimischen Umfeld oder in der Praxis des behandelnden Arztes vollzogen wird,) könnten dazu übergehen, Euthanasie mittels intravenöser Verabreichung der tödlichen Substanz(en) in einem Krankenhaus zu erlauben und zu ermutigen, so dass diejenigen Euthanasierten, die sich zur Organspende bereiterklärt haben oder ggf. vergessen haben, sich explizit als Nicht-Organspender bei der entsprechenden Verwaltung registieren zu lassen und deshalb als organspendewillig gelten, schnell und effizient ausgenommen werden können (Bollen et al. 2023: 3).
Tajaâte et al. (2021) schlagen vor, Euthanasie-Willige, die Organe spenden, aber zuhause sterben wollen, zuhause – nachdem der Euthanasie-Willige bei vollem Bewusstsein von seinen Nächsten Abschied genommen hat – einer Vollnarkose zu unterziehen und zu intubieren, bevor sie zur Euthanasie und zur anschließenden Organentnahme ins Krankenhaus gebracht werden. Sie berichten den Fall eines 63 Jahre alten Mannes, der nach diesem Verfahren behandelt wurde:
“The patient confirmed his last wish to undergo euthanasia followed by organ donation. After transferring the patient to his bed, he was given an intravenous access. He said farewell to his family, and subsequently the general anaesthesia was induced with 15 mg midazolam, 10 mg piritramide and 100 mg rocuronium. Following uncomplicated intubation and mechanical ventilation, he was transported to the university hospital by ambulance … The patients’ relatives chose to stay at home and not to be present during euthanasia itself. After the patient’s arrival in the OR’s [operating room’s] preparation room, the remaining preparatory investigations were performed, including an abdominal ultrasound. His general practitioner administered the euthanasia drugs according to the euthanasia guideline after which the mechanical ventilation was switched off. After circulatory arrest and the mandated 5-min no-touch waiting period, the patient was declared dead and transported to the operating room, where the surgical retrieval team was anticipating his arrival” (Tajaâte et al. 2021: 2).
„Der Patient bestätigte seinen letzten Wunsch nach Euthanasie und anschließender Organspende. Nach der Verlegung des Patienten in sein Bett erhielt er einen intravenösen Zugang. Er verabschiedete sich von seiner Familie, und anschließend wurde die Vollnarkose mit 15 mg Midazolam, 10 mg Piritramid und 100 mg Rocuronium eingeleitet. Nach unkomplizierter Intubation und mechanischer Beatmung wurde er per Krankenwagen … ins Universitätsklinikum gebracht. Die Angehörigen des Patienten entschieden sich, zu Hause zu bleiben und während der Euthanasie selbst nicht anwesend zu sein. Nach der Ankunft des Patienten im Vorbereitungsraum des OPs wurden die verbleibenden vorbereitenden Untersuchungen durchgeführt, einschließlich eines Bauchultraschalls. Sein Hausarzt verabreichte die Euthanasie-Medikamente nach der Euthanasie-Richtlinie, wonach die mechanische Beatmung abgeschaltet wurde. Nach dem Kreislaufstillstand und der vorgeschriebenen 5-minütigen Wartezeit ohne Berührung wurde der Patient für tot erklärt und in den Operationssaal gebracht, wo das chirurgische Entnahmeteam seine Ankunft erwartete“ (Tajaâte et al. 2021: 2).
Idealerweise wäre der Mann nur betäubt und ins Krankenhaus gebracht worden, um dort unter Vollnarkose seine Organe entnommen zu bekommen und Euthanasie durch Organspende – im Englischen „organ donation euthanasia“ (ODE) genannt – zu erhalten:
“It may seem strange to let a patient die first and then remove the organs. This causes oxygen deficiency in the organs, with a negative effect on quality. Some patients who underwent organ donation after euthanasia wanted to donate their organs while under anaesthesia, and thus wanted to die as a result of the organ procurement. Not only would the donated organs be in better condition, it would also be possible to donate the heart” (Bollen et al. 2020: S298),
„Es mag seltsam erscheinen, einen Patienten zuerst sterben zu lassen und dann die Organe zu entfernen. Dies führt zu Sauerstoffmangel in den Organen, mit negativen Auswirkungen auf die Qualität. Einige Patienten, die sich nach der Euthanasie einer Organspende unterziehen mussten, wollten ihre Organe unter Narkose spenden und damit an der Organbeschaffung sterben. Nicht nur wären die gespendeten Organe in besserem Zustand, es wäre auch möglich, das Herz zu spenden“ (Bollen et al. 2020: S298).
Die Diskussion um Euthanasie durch Organspende wird bereits seit etwa einem Jahrzehnt geführt. Bislang ist Euthanasie durch Organspende m.W. nirgendwo gesetzlich erlaubt.
“The main bioethical problem is that ‘death by donation’ infringes upon a deeply rooted medical standard that prohibits the harvesting of organs for donation until the donor is declared dead. Thus, ‘death by donation’ would, at present, be considered homicide for ending a human life, even if it is for a seemingly good end, namely, procuring organs for donation” (Aznar 2020: 372),
d.h.
„Das wichtigste bioethische Problem ist, dass ‚Tod durch Spende‘ gegen einen tief verwurzelten medizinischen Standard verstößt, der die Organ“ernte“ zur Spende verbietet, bis der Spender für tot erklärt wird. Der ‚Tod durch Spende‘ würde also gegenwärtig als Tötungsdelikt für die Beendigung eines Menschenlebens betrachtet werden, auch, wenn es für einen scheinbar guten Zweck getan wird, nämlich die Beschaffung von Organen zur Spende“ (Aznar 2020: 372).
Wie immer ihrer Zeit voraus: Monty Python
Dieses Problem dürfte auf Betreiben geneigter Seiten zukünftig überwunden werden, denn mit Organtransplantation ist sehr viel Geld zu verdienen. Mit Bezug auf Nierentransplantation hat Cantarovich berichtet:
“Concerning the economic aspects of organ transplants, it is indicative to compare the costs of kidney grafting in a range of countries: • USA: (avg. €230,000) • UK: (€78,000) • Germany: (from €75,000) • Canada: (€42,572) • Turkey: (avg. €32,000) • France: (from €13,835.44 to €20,050.67) • India: (from €9,800). In contrast to the wide range of costs, the kidney graft survival rate is similar in these countries; in fact, it should be underscored that the lower long-term survival rate is observed in the United States …” (Cantarovich 2020: 103).
„Mit Bezug auf die wirtschaftlichen Aspekte von Organtransplantationen ist es bezeichnend, die Kosten der Nierentransplantation in einer Reihe von Ländern miteinander zu vergleichen: • USA: (durchschnittlich €230.000) • UK: (€78.000) • Deutschland: (ab €75.000) • Kanada: (€42.572) • Türkei: (durchschnittlich €13.000) , Frankreich: (von €13.835 bis 20.050,67) • Indien: (ab 9.800 €). Im Gegensatz zu dem breiten Kostenspektrum ist die Nierentransplantat-Überlebensrate in diesen Ländern ähnlich; tatsächlich sollte betont werden, dass die niedrigere Langzeitüberlebensrate in den Vereinigten Staaten beobachtet wird …” (Cantarovich 2020: 103),
Autoren, die die Organspende nach Euthanasie oder die Euthanasie durch Organspende thematisieren, vermeiden es in aller Regel, auf den finanziellen Aspekt von Organtransplantation einzugehen, und beschwören den Atruismus derer, die nach Euthanasie und besonders derer, die durch Euthanasie Organe spenden, so z.B. Bollen et al., die einer Gesetzesänderung dahingehend, dass Euthanasie durch Organspende nicht mehr als Mord gelten sollte, nicht abgeneigt sind:
“In addition to all the additional pressure that exists for both patient, relatives and healthcare professionals in the case of regular organ donation after euthanasia, in ODE it will be the surgeon who causes death of the patient by removing the organs, while he may not even know the patient. Regardless of a possible change in the law, it is crucial to avoid that the general public is given the impression that there is a ‘hunt’ for organs, to take vital organs from a living patient. This goes against the current dead donor rule, which wishes to protect the interests of the donor. The above can be somewhat compensated by the knowledge that one contributes to fulfilling the last wish of the patient, and reducing the suffering of patients on the transplant waiting list. Those who underwent organ donation after euthanasia were very altruistic, and were very satisfied that their suffering could still have a positive effect on others” (Bollen et al. 2020: S298).
“Zusätzlich zu all dem zusätzlichen Druck, der für Patienten, Angehörige und Angehörige im Falle einer normalen Organspende nach der Euthanasie besteht, wird es in der ODE [der Euthanasie durch Organspende] der Chirurg sein, der den Tod des Patienten verursacht, indem er die Organe entfernt, während er den Patienten vielleicht nicht einmal kennt. Unabhängig von einer möglichen Gesetzesänderung ist es entscheidend zu vermeiden, dass der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt wird, dass es eine ‘Jagd’ nach Organen gibt, um einem lebenden Patienten lebenswichtige Organe zu entnehmen. Dies steht im Widerspruch zur derzeitigen Toter-Spender-Regel, die die Interessen des Spenders schützen will. Das Obige kann durch das Wissen etwas kompensiert werden, dass man dazu beiträgt, den letzten Wunsch des Patienten zu erfüllen und das Leiden der Patienten auf der Transplantationswarteliste zu reduzieren. Diejenigen, die nach der Euthanasie einer Organspende unterzogen wurden, waren sehr altruistisch und waren sehr zufrieden, dass ihr Leiden sich noch positiv auf andere auswirken könnte” (Bollen et al. 2020: S298).
Die Hoffnung ist also, dass der Altruismus sowohl medizinisch unterstützt Sterbewilliger als auch der eine Euthanasie (auch: durch Organspende) ausführenden Ärzte triumphieren möge über ethische Bedenken und über die Befürchtung, mit dem eigenen Tun dazu beitzutragen, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, es gehe hier um eine „Jagd“ nach Organen.
Aber wie kann man sich diesen Eindrucks erwehren,
wenn bei der Darstellung von medizinisch unterstütztem Sterben und der Werbung für medizinisch unterstütztes Sterben möglichen Komplikationen systematisch unterschlagen werden, die ihrerseits geeignet sind, dem Sterben seine Würde zu nehmen,
wenn Beihilfe zum Selbstmord selbst bei Personen erlaubt wird, die keine Erkrankung aufweisen (wie oben aus der Schweiz berichtet),
wenn die Definition des Leidens, das eine aktive Euthanasie auf Wunsch ermöglicht, in den entsprechenden Gesetzestexten immer weiter ausgeweitet wird, so dass sogar ein Gefühl der Einsamkeit oder ein Gefühl mit der Welt nicht (mehr) zurechtzukommen, als großes und nicht zu erleichterndes Leiden angesehen werden kann, das eine Euthanasie rechtfertigt (wie oben aus den Niederlanden in der Studie von Tuffrey-Wijne berichtet),
wenn Kinder mit dem medizinisch unterstützten Sterben auf verharmlosende und damit normalisierende Weise bekanntgemacht werden,
wenn Organspenden von Euthanasierungswilligen erlaubt sind, obwohl Befrüchtungen bestehen, dass “[p]atients proceeding through euthanasia pipeline already face substantial situational pressure and adding organ donation on top of it can make the whole process work as a commitment device. By allowing euthanasia patients to donate their organs, we are giving them additional reason to end their lives, thus creating an unbreakable connection between the two” (Buturovic 2021: 488), d.h. “Patienten, die die Euthanasie-Pipeline durchlaufen, […] bereits unter erheblichem situativen Druck [stehen] und das Hinzufügen von Organspenden […] dazu führen [kann], dass der gesamte Prozess eine Sogwirkung entfaltet. Indem wir Euthanasie-Patienten erlauben, ihre Organe zu spenden, geben wir ihnen zusätzlichen Grund, ihr Leben zu beenden, und schaffen so eine untrennbare Verbindung zwischen den beiden“ (Buturovic 2021: 488),
wenn einige Mediziner sogar dafür eintreten, Euthanasie durch Organspende, statt nur Organspende nach Euthanasie gesetzlich zu erlauben?
All das ist dazu geeignet, nicht nur immer mehr Menschen, sondern immer mehr physisch gesunde Menschen und immer jüngere Menschen einer Euthanasie zugänglich zu machen, und dies ist im Interesse all derer, die Teilhaber an der Transplantationsindustrie sind bzw. an ihr verdienen. Für sie ist der Idealfall die gesetzlich erlaubte Euthanasie von jungen Menschen durch Organspende aufgrund psychischen Leidens (statt physischen Leidens, das die Verwendung ihrer Organe einschränken oder verunmöglichen kann).
Aber auch die Euthanasie alter Menschen, deren Organe nicht mehr zu gebrauchen sind, hat nach Auffassung Einiger seine finanziellen Vorteile:
“Medical assistance in dying could reduce annual health care spending across Canada by between $34.7 million and $138.8 million, exceeding the $1.5–$14.8 million in direct costs associated with its implementation. In sensitivity analyses, we noted that even if the potential savings are overestimated and costs underestimated, the implementation of medical assistance in dying will likely remain at least cost neutral” (Trachtenberg & Manns 2017: E101).
„Medizinische Sterbehilfe könnte die jährlichen Gesundheitsausgaben in Kanada um 34,7 Millionen bis 138,8 Millionen US-Dollar senken und die direkten Kosten von 1,5 bis 14,8 Millionen US-Dollar, die mit der Implementierung verbunden sind, übersteigen. In Sensitivitätsanalysen haben wir festgestellt, dass selbst, wenn das Einsparpotenzial überschätzt und die Kosten unterschätzt werden, die Umsetzung der medizinischen Sterbehilfe zumindest kostenneutral bleiben wird“ (Trachtenberg & Manns 2017: E101).
Auch Shaw und Morton (2020) argumentieren ökonomisch für die gesetzliche Erlaubnis von Euthanasie und legen dabei das Maß der „quality-adjusted life years“ (QALY) zugrunde; es misst, wieviele zusätzliche Monate oder Jahre eines Lebens von „vernünftiger Qualität“ oder „angemessener Qualität“ eine Person durch eine Behandlung haben könnte.
“If the goal is to maximise positive QALYs and minimise negative QALYs (time in states scored worse than death), assisted dying can be seen as a relatively low-cost intervention. For example, if one person continue to live for two years with a Quality of Life score of -.5, provision of assisted suicide would result in a net gain of 1 QALY at well below the NICE threshold mentioned above … For example, a patient who is in great pain because of cancer with a life expectancy of around two years will continue to require pain medication and support from clinical staff and also carers for those two years. For each such patient, legalising assisted dying would avoid this waste of resources” (Shaw & Morton 2020: o.S.).
„Wenn das Ziel darin besteht, positive QALYs zu maximieren und negative QALYs zu minimieren (Zeit verbracht in Zuständen, die schlechter als der Tod bewertet wurden), kann unterstütztes Sterben als relativ kostengünstige Intervention angesehen werden. Wenn beispielsweise eine Person zwei Jahre lang mit einem Lebensqualität-Wert von -,5 weiterlebt, würde die Bereitstellung von assistiertem Suizid zu einem Nettogewinn von 1 QALY führen, der deutlich unter der oben genannten NICE-Schwelle liegt … Zum Beispiel wird ein Patient, der aufgrund von Krebs große Schmerzen hat und eine Lebenserwartung von etwa zwei Jahren hat, für diese zwei Jahre weiterhin Schmerzmittel und Unterstützung von klinischem Personal und auch von Pflegekräften benötigen. Für jeden dieser Patienten würde die Legalisierung des assistierten Sterbens diese Verschwendung von Ressourcen vermeiden” (Shaw & Morton 2020: o.S.).
Und Shaw und Morton vergessen auch nicht, den Wert von Organspenden für QALY zu berücksichtigen:
“Even if only 5% of those seeking assisted dying are enabled thereby to donate their organs, but this leads to 12 additional QALYs being gained from the transplantation (bearing in mind that more than one organ may be made available), then the benefits may be substantial: 14,572 QALYs in the high scenario and 1,457 QALYs in the low scenario. Once again, this is a supplemental argument to the foregoing economic arguments, and organ donation is an extra benefit that can flow from euthanasia, not a direct reason for legalising assisted dying” (Shaw & Morton 2020: o.S.).
“Selbst wenn nur 5 % der Personen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, dadurch in die Lage versetzt werden, ihre Organe zu spenden, dies aber zu 12 zusätzlichen QALYs führt, die durch die Transplantation gewonnen werden (wobei zu berücksichtigen ist, dass mehr als ein Organ zur Verfügung gestellt werden kann), dann kann der Nutzen erheblich sein: 14.572 QALYs im hohen Szenario und 1.457 QALYs im niedrigen Szenario. Auch hier handelt es sich um ein zusätzliches Argument zu den vorgenannten wirtschaftlichen Argumenten, und die Organspende ist ein zusätzlicher Nutzen, der sich aus der Sterbehilfe ergeben kann, und kein direkter Grund für die Legalisierung der Sterbehilfe” (Shaw & Morton 2020: o.S.).
Der Lebensqualität, die ein Mensch erfährt, wird durch das QALY eine fremdbestimmte Lebensqualität übergeordnet, die als Grundlage dafür, welche Behandlung jemand haben kann oder haben sollte oder nicht haben kann oder nicht haben sollte, dient. Im Vereinigten Königreich haben Glover und Henderson bereits im Jahr 2010[!] für das “Department of Health“, d.h. das Gesundheitsministerium, einen Leitfaden zur Quantifizierung der gesundheitlichen Auswirkungen der Regierungspolitik verfasst, in dem das QALY-Maß ausdrücklich empfohlen wird und mit ihm gearbeitet wird.
Es bedarf keiner großen Phanatasie, um sich vorzustellen, welche Rolle die neuerdings wieder häufiger ins Spiel gebrachte Vorstellung vom „completed life“ [abgeschlossenes Leben] (der Begriff wurde am Beginn der 1990er-Jahre in die niederländische Diskussion eingeführt; van der Geest & Satalkar 2021: 613-614) vor diesem Hintergrund spielen kann und – so steht zu befürchten – in absehbarer Zukunft spielen wird, sofern die existierenden Euthanasie-Gesetzgebungen nicht ohnehin genug Spielraum dafür lassen, alten Menschen oder überhaupt Menschen, die „lebensmüde“ sind oder mit ihrem Leben psychologisch abgeschlossen haben, eine Euthanasie zugänglich zu machen.
Die meisten Menschen, die sich für die gesetzliche Erlaubnis von medizinisch unterstütztem Sterben aussprechen, dürften sich weder mit seinen verschiedenen Formen noch mit ihren jeweiligen Komplikationen noch mit ihren Mißbrauchsmöglichkeiten noch mit den handfesten materiellen Interessen, die mit ihm zusammenhängen, beschäftigt haben. Vermutlich reagieren sie rein emotional auf das Versprechen von Erlösung von allem Leid durch medizinisch unterstütztes Sterben, das als eine friedvolles und sich „in Würde“ vollziehendes Entschlafen dargestellt wird. Die Darstellung des medizinisch unterstützten Sterbens als Paradebeispiel für autonomes Entscheiden von Menschen dürfte ein Übriges tun, auch, wenn in der Realität gilt:
“Doctors – not patients – have the final say in ‘measuring’ the ‘amount’ of pain and suffering that entitles a person to be granted euthanasia” (van der Geest & Satalkar 2021: 613),
d.h.
„Ärzte – nicht Patienten – haben das letzte Wort, wenn es darum geht, die ‚Menge‘ an Schmerzen und Leiden zu ‚messen‘, die einer Person einen Anspruch auf Euthanasie zuerkennt“ (van der Geest & Satalkar 2021: 613).
Eine solche emotionale Reaktion ist per definitionem unkritisch (um nicht zu sagen: höchst einfältig), trägt aber dazu bei, eine soziale Norm zu schaffen, gemäß derer der Wunsch zu Sterben etwas Normales ist und etwas, was man unter bestimmten Umständen sogar haben sollte, statt als (in den bei Weitem meisten Fällen) pathologisch zu gelten (s. hierzu van der Geest & Satalkar 2021: 617). Zyniker, Materialisten u.ä. orientierte Zeitgenossen könnten meinen, dass es letztlich gleichgültig ist, wann wer wie stirbt, ist der Tod als solches doch normal. Aber gerade weil der Tod untrennbar zum Leben gehört, ist es nicht gleichgültig, wie wir ihm grundsätzlich gegenüberstehen und konkret: wie man stirbt.
“It is only in respecting death that we ultimately respect life. Consequently, how we die matters because it is central to determining whether or not we respect life and that is central to setting the ‘ethical tone’ of our society and establishing whether or not it is a civilized one. Therefore, a critical question in a context of legalized euthanasia is what does maintaining as much respect for death and life as possible in this context require that we not do? I propose that one such requirement should be that euthanasia is not linked in any way with organ transplantation” (Somerville 2019: 364).
„Nur, wenn wir den Tod respektieren, respektieren wir letztendlich das Leben. Folglich spielt die Art und Weise, wie wir sterben, eine Rolle, denn sie ist von zentraler Bedeutung dafür, zu bestimmen, ob wir das Leben respektieren oder nicht, und das [wiederum] ist von zentraler Bedeutung, um den ‘ethischen Ton’ unserer Gesellschaft zu setzen und festzustellen, ob sie eine zivilisierte ist oder nicht. Daher ist eine kritische Frage im Kontext der legalisierten Euthanasie: was nicht zu tun ist erforderlich, um in diesem Kontext so viel Respekt vor Tod und Leben wie möglich zu bewahren? Ich schlage vor, dass eine solche Anforderung sein sollte, dass Euthanasie in keiner Weise mit Organtransplantation verbunden ist“ (Somerville 2019: 364).
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