Er war ein “knallharter” Materialist, aber auch ein Mann mit Humor und ansteckendem Lachen. Demokrit war anders als viele seiner Philosophenkollegen – aber keinesfalls mit weniger Tiefgang.
Geboren wurde er 460 v. Chr. im äußersten Nordosten Griechenlands. Seine Familie war vermögend, sodass er nicht arbeiten musste und um die Welt reisen konnte. Demokrit studierte Astronomie bei den Chaldäern, in Indien und Persien lernte er Philosophie und bei den Ägyptern die Geometrie. “Ich bin unter meinen Zeitgenossen derjenige”, so beschrieb er sich selbst, “der den größten Teil der Erde durchquert und Forschung der seltsamsten Dinge betrieben hat.” Aus solchen Sätzen sieht man bereits: Demokrit hatte Humor. Im Unterschied zu vielen anderen Philosophen war er kein Nörgler und Trübsalbläser, sondern eine Frohnatur. Wobei sein schallendes Lachen in intellektuellen Kreisen nicht unbedingt gut ankam: “Demokrit stammt aus Abdera, wo die Idioten geboren werden.” Doch das “gemeine” Volk liebte ihn.
Man schätzte neben seinem Humor auch seine “seherischen” Fähigkeiten. Die Freundin des Hippokrates begrüßte er einmal mit “Sei gegrüßt, mein Mädchen!”, und am Tag darauf mit “Sei gegrüßt, Weib!” – und tatsächlich hatte das Mädchen in der Zwischenzeit ihre Unschuld verloren. Für freudlose Zeitgenossen hatte Demokrit nur Mitleid, denn für sie sei “das Leben nicht ein langes Leben, sondern eher ein langes Sterben”. Er selbst erreichte ein gesegnetes Alter von über 90 Jahren. Lachen hält eben jung.
Demokrit und sein Lehrer Leukipp sind die Erfinder der sogenannten Atomlehre. Demzufolge besteht die Welt aus unendlich vielen und kleinsten, nicht mehr teilbaren Teilchen, den Atomen. Sie bewegen sich seit ewigen Zeiten im leeren Raum, um sich immer mal wieder zusammenzufügen und dabei Gegenstände und Lebewesen zu bilden. Diese sind jedoch auch gleich wieder zum Untergang verurteilt, weil Atome sich nämlich nicht nur zusammenfinden, sondern auch gegenseitig abstoßen können. Mit anderen Worten: Jedes Ding, und damit auch der Mensch, ist das Produkt von Atomen, die sich zusammengefunden haben, und es ist zum Untergang verurteilt, weil diese Atome sich wieder zerstreuen werden.
Bleibt die Frage, wer bestimmt, wann und wie das alles geschieht. Ein Schöpfergott ist es nicht, sagt Demokrit, denn da müsste man ja weiter nachhaken und fragen, wer ihn geschaffen hat. Der Zufall ist es laut Demokrit jedoch auch nicht, der sei “nur eine Erfindung, die unsere Unkenntnis verhüllen soll”. Ursache für die Teilchenbewegungen sei vielmehr ein dem Seienden innewohnendes Gesetz, das aber – eben, weil es immanent ist – dem Betrachter meistens verborgen bleibt.
Das Besondere bei Demokrit besteht darin, dass er auf uralte Menschheitsfragen handfeste, materielle Antworten gibt. Warum ist die Welt so vielfältig? Weil sie aus unendlich vielen Atomen besteht, die sich nach einem ihnen immanenten Gesetz zusammenrotten. Warum ist alles zum Untergang verurteilt? Weil Atome sich nicht nur zusammenfinden, sondern auch gegenseitig abstoßen. Und warum ist letzten Endes doch nicht alles zum Untergang verurteilt? Weil nicht die Atome an sich verloren gehen, sondern nur ihre Konstellationen. Unserer Welt wird später mal eine andere Welt folgen, die dann auch wieder durch eine andere abgelöst wird, und so weiter. Prinzipiell ist es also möglich, dass irgendwann die jetzige Welt und damit auch wir wieder auferstehen werden. Demokrits Materialismus ist nicht desillusionierend, sondern er bietet durchaus Trost, auch wenn man nicht an Gott und ewige Seelen glaubt.
Und er hilft uns auch im Alltag weiter. Denn wer etwa seinem neugierigen Kind erklären will, warum die Dinge so sind, wie sie sind, und wie sie entstehen und wieder vergehen, der wird mit Demokrits Lehre vom Zusammenfinden und Abstoßen der Atome mehr Gehör finden als mit religiösen oder auch esoterischen Theorien von vergänglichen Körpern, unsterblichen Seelen und allmächtigen Göttern. Denn ein Atom kann man erklären, indem man einen Apfel in immer kleinere Stücke zerteilt. Doch erklären Sie mal einem Sechsjährigen die Unsterblichkeit und Unsichtbarkeit einer menschlichen Seele …
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