Die Strippenzieher der Grünen haben 2022 die Entscheidung über eine Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke manipuliert. Die Führung des Wirtschaftsministeriums hat die Akw-Abschaltung offenbar gegen die Bedenken der eigenen Fachleute durchgedrückt. Spitzenbeamte haben allem Anschein nach Warnungen sogar vor Minister Robert Habeck geheim gehalten. Das zeigen die bislang unter Verschluss gehaltenen Akten aus dem Ministerium, die jetzt das Magazin „Cicero“ freigeklagt hat. Unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz war das Gericht gegen das Haus von Habeck vor Gericht gezogen.
Während der mündlichen Verhandlung im Januar 2024 argumentierten Habecks Beamten überraschend ehrlich, wie aus dem Artikel über die freigeklagten Akten zu entnehmen ist, der hinter einer Bezahlschranke bei dem Magazin zu finden ist: Der deutsche Sonderweg bei der Kernenergie müsse ‚zukünftig sowohl gesellschaftlich als auch gegenüber den internationalen und europäischen Partnern verteidigt werden“.
Das freigeklagte Material besteht aus zwei „gut gefüllten Aktenordnern“, in denen wiederum „internen E-Mails, Vermerke, Gesprächsprotokolle und Briefe“ zu finden sind. „Manche Dinge, etwa die verkorkste Erfindung einer AKW-‚Einsatzreserve‘, sind detailliert dokumentiert“, so das Blatt: „Andere Entscheidungen wirken schwach begründet und kaum belegt. Entweder sind die Akten unvollständig oder es wurden wichtige Absprachen nur mündlich getroffen.“
Die Unterlagen belegen laut „Cicero“ eindeutig: „Die Expertise der mit Steuergeld bezahlten Fachleute im eigenen Ministerium spielte kaum eine Rolle. Meistens wurden sie gar nicht erst gefragt. Der mit Grünen-Parteisoldaten besetzte Führungszirkel des Wirtschafts- und des für nukleare Sicherheit zuständigen Umweltministeriums hat alle wesentlichen Schritte unter sich ausgemacht. Wenn die Fachreferate beider Ministerien doch mal ihre Einschätzung mitteilen durften, wurde diese meist übergangen – oder gezielt verfälscht. Wer stattdessen immer Gehör fand: die Partei und die Bundestagsfraktion der Grünen. Deren Ziel war es von Anfang an, einen Ausstieg vom Ausstieg zu verhindern. Koste es, was es wolle.“
Zentrale Figuren beim Atomausstieg waren den Unterlagen zufolge die beiden Staatssekretäre
Patrick Graichen und Stefan Tidow, die sich aus gemeinsamen Zeiten im Umweltministerium kennen. Graichen war dort von 2001 bis 2012 tätig, bevor er als Leiter in die Lobbyorganisation „Agora Energiewende“ wechselte. Laut Unterlagen waren sich beide Staatssekretäre von vornherein einig, wie der „Cicero“ ausführt: „Ein Abrücken vom Atomausstieg darf es nicht geben. Fachliche Argumente, die dafürsprechen, sollten gar nicht erst bekannt werden. Nicht einmal dem eigenen Minister.“
Habeck antwortete am 27. Februar 2022 in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, die Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen. „Es gehört zur Prüfungsaufgabe auch meines Ministeriums, auch diese Frage zu beantworten“. Eine Laufzeitverlängerung für den kommenden Winter würde aber nicht helfen, fügte er hinzu, da die „Atomkraftwerke nur unter höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen weiterbetrieben werden könnten“.
Dazu das Magazin: „Habeck verbreitete damit, entweder absichtlich oder weil er es nicht besser wusste, die Unwahrheit. Dann folgte ein Satz, der aufhorchen ließ: Die Frage sei ‚eine relevante, ich würde sie nicht ideologisch abwehren‘. Doch Habeck hatte zu viel versprochen. Er wollte oder konnte sich nicht gegen die Ideologen durchsetzen. Er ließ lieber stillgelegte Kohlekraftwerke reaktivieren und dachte über schwimmende Erdölkraftwerke nach, statt den Machtkampf mit Altvorderen wie Trittin zu wagen, die den Kampf gegen die Atomkraft als politisches Lebenswerk sehen. Diese Grünen – das machen die AKW-Akten aus Habecks Ministerium deutlich – haben über Jahrzehnte hinweg ein dichtes, filzartiges Netzwerk gebildet, das die deutsche Energiepolitik beherrscht. Und nun, während das Scheitern dieser Politik offensichtlich wird und die wirtschaftliche Zukunft des Landes bedroht, sitzen sie an den Schalthebeln der Macht.“
Die Experten aus dem Wirtschaftsministerium legten in einem internen Papier im Winter 2022 auf vier Seiten „klar und fachkundig dar, weshalb eine AKW-Laufzeitverlängerung dabei helfen kann, im kommenden Winter Gas zu sparen und kritische Situationen im Stromnetz zu vermeiden.“ Weiter heißt es in dem Text: „Sie führten genau die Argumente aus, die nach monatelangem Hin und Her und einem handfesten Koalitionskrach dazu führten, dass die Ampelkoalition schließlich doch eine Mini-Laufzeitverlängerung für dreieinhalb Monate beschloss. Nun stellt sich heraus: Diese Argumente lagen von Anfang an auf dem Tisch. Gut aufbereitet von verbeamteten Fachleuten, deren Aufgabe es ist, das Wohl des ganzen Landes im Blick zu behalten, nicht das einer Partei.“
Die Fachleute aus dem Ministerium schrieben demnach am 3. März 2022: „Für die Versorgungssicherheit besonders relevant sind winterliche Hochdrucklagen im Januar und Februar. Dann treten aufgrund niedriger Temperaturen und einer geringen Windstromerzeugung regelmäßig die höchsten Residuallasten auf.“ Als Residuallast bezeichnet man den Anteil am Strombedarf, den Wind und Sonne nicht decken können.
Weiter wird ausgeführt, es sei „bis heute unklar, ob für den nächsten Winter ausreichend Erdgas eingespeichert werden kann, um einen tagelangen Betrieb von Gaskraftwerken neben dem Verbrauch in der Industrie und zur Wärmeversorgung zu ermöglichen.“ Und: „Eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke bis zum 31.3. kann helfen, diese Situation zu entschärfen… Zudem ist es äußerst risikoreich, die Stromerzeugung aus Erdgas im nächsten Winter ausschließlich durch die zusätzliche Stromerzeugung aus Reserven und bereits stillgelegten Kohlekraftwerken zu stützen.“
Die Experten machen auch klar, dass eine Laufzeitverlängerung positive Folgen für die Strompreise habe.
Die Pressestelle des Ministeriums behauptete nun gegenüber „Cicero“, der Minister habe dieses wichtige Papier nie zu Gesicht bekommen – es „lag in der Leitungsebene nur Staatssekretär Patrick Graichen vor“. „Hatte der es in der Schublade verschwinden lassen?“, fragte das Magazin?
Graichen wurde zwar im Mai 2023 von Habeck entlassen, offiziell wegen dessen Trauzeugenaffäre. „Doch hätte Habeck nicht früher bemerken müssen, dass Graichen ihm politisch schadete? Warum ließ er ihn so lange gewähren?“, fragt der „Cicero“: „Eine Erklärung lautet: Weil das Netzwerk der eingefleischten Energiewende-Verfechter innerhalb der Grünen sehr einflussreich ist. Auch Jürgen Trittin zieht im Hintergrund immer noch den ein oder anderen Faden. Und Habeck braucht diese Leute, weil er weiterhin davon träumt, Kanzler zu werden.“
Doch die Unterlagen bringen noch mehr Merkwürdigkeiten an den Tag. Ein von Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen im Februar 2022 in führende Position ins Haus geholter Kernkraftgegner schrieb einen Vermerk in Sachen Atom-Ausstieg so um, dass er komplett zur Grünen-Agenda passte. Die Kernbotschaft – dass ein Weiterbetrieb „über mehrere Jahre…mit der Aufrechterhaltung der nuklearen Sicherheit vereinbar“ sei, wurde so einfach ins Gegenteil verkehrt. Jetzt heißt es in dem Vermerk: „Eine Laufzeitverlängerung ist aus Gründen der nuklearen Sicherheit abzulehnen.“
„Und wieder war Robert Habeck der Gekniffene“, nimmt der „Cicero“ den Minister in Schutz: „Obwohl er die AKW-Debatte parteiintern und in der Öffentlichkeit ausfechten musste, bekam er die erste, unverfälschte Version des Vermerks wahrscheinlich nie auf den Tisch.“
Auch weitere Unterlagen belegen einen Kurs des ideologischen Durchdrückens der Entscheidung und Ignorierens und Wegsehens gegenüber Meinungen, die nicht zur eigenen Überzeugung passten. Es ging sogar soweit, dass ein Entwurf, der stramm auf Linie war, aber mit eklatanten Fehlern, an den Minister geschickt wurde. Der war voller Lob – und schrieb zurück: „Ich habe aufbauend auf Eurem famosen Papier ein FAQ gemacht, weil ich glaube, man muss das ERZÄHLEN. Wenn Ihr drüber lesen wollt – alle anderen auch.“
„In der Folge entspann sich ein reger E-Mail-Wechsel, in dem Habecks Leute überlegten, was sie mit der von ihrem Chef zusammengeschriebenen Erzählung, die sich auf falsche Fakten stützte, machen sollten“, schreibt „Cicero“: „Am Ende wurde sie radikal gekürzt, stark umgeschrieben und am 8. März 2022 zusammen mit dem von Graichen und Tidow mehrfach überarbeiteten ‚Prüfvermerk‘ auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Damit, so dachte man innerhalb des Führungszirkels, sei die Atomkraftfrage ein für alle Mal beantwortet. ‚Dann ziehen wir der Debatte am Dienstag den Stecker und können uns danach auf andere konzentrieren‘, schrieb ein Habeck-Mitarbeiter“.
Die Analyse der Akten bringt ein unfassbares Versagen des Ministers als Amtschef zu Tage und eine Geschichte der Manipulation und des Ignorierens von Fakten und Fachwissens. Was da an die Oberfläche befördert wurde, bestätigt genau, was Kritiker den Grünen schon lange vorwerfen.
Ich bin gespannt, ob die großen Medien, allen voran ARD und ZDF, diesen Skandal groß beleuchten werden. Oder ob sie es – wenn überhaupt – bei einer Alibi-Berichterstattung irgendwo im „Kleingedruckten“ belassen. Jedenfalls hat die Geschichte ein Vielfaches der Brisanz und Relevanz im Vergleich zu der Tatsache, dass ein Europa-Abgeordneter der AfD einen Mitarbeiter beschäftigte, der sich als mutmaßlicher chinesischer Spion herausstellte. Diese Geschichte wurde von den großen Medien sehr breit getreten.
Antje Hermenau, die zehn Jahre für die Grünen im Bundestag saß und 2015 nach 25 Jahren aus der Partei austrat, kommentierte die Enthüllungen auf „X“ wie folgt: „Das ist eine tiefe Schande – auf dem Rücken der Bevölkerung und der Firmen parteitaktische Spielchen durchgezockt, Deutschland in die Sackgasse gefahren und verheerenden Schaden angerichtet.“
Ein Blick auf Nordkorea: (M)eine erschütternde Reise in die Zukunft – in den grünen (Alb-)traum
Bilder: IMAGO / Chris Emil Janßen