Monolithische Bauten im Vereinigten Königreich?
Aber sicher.
Gelegentlich.
Selten.
- Llech Y Drybedd,
- Carreg Coetan
Gar nicht.
Wir entführen Sie heute in das Wales, wie es vor rund 5.000 Jahren ausgesehen hat. Nein, natürlich nicht, wir zeigen Ihnen nur einen kleinen Ausschnitt aus den Unmengen von neolithischen Überresten, die es in Wales an sehr vielen Orten gibt. Vielleicht sind es die spektakulärsten dieser neolithischen Überreste. Aber spektakulär sind sie sicher, wie jeder feststellen wird, dem es gelingt, sie zu finden. Denn die meisten stummen Zeugen einer lange zurückliegenden Zeit werden in Wales nicht vermarktet. Sie bieten sich nur dem dar, der es auf sich nimmt, sie zu suchen – und hoffentlich zu finden.
Die Suche ist ein Abenteuer, auf das man sich rüsten muss. Deshalb haben wir zunächst in St. Dogmael Station gemacht, um uns auf das, was vor uns liegt, spirituell vorzubereiten.
St.Dogmaels ist ein kleiner Ort mit rund 1.400 Einwohnern, dem vielleicht besten Farmer’s Market in Wales, den Ruinen einer Abtei, einer St. Thomas gewidmeten Kirche neben der Abtei und einer nach wie vor funktionierenden Wassermühle. Es ist genau der beschauliche Ort, an dem man sich mental auf alles Kommende vorbereiten kann:
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei man in einer eher kleinen Abtei gelandet. Indes, was Abtei-Ruinen angeht – und wir haben diesbezüglich ein paar Dutzend Erfahrung -, ist die Abtei-Ruine in St. Dogmael hinsichtlich der Größe der Anlage in der Top League, wenn sie auch von einigen anderen Abtei-Ruinen wie Tintern Abbey und Neath Abbey überboten wird.
St. Dogmael ist nach einem Mönch benannt, der im sechsten Jahrhundert nach Christus eine Kirche am Ort der heutigen Abtei-Ruine gegründet hat. Darüber hinaus ist von St. Dogmael sehr wenig bekannt; insbesondere ist unbekannt, warum er zum Heiligen avancierte. Der Ort hat eine ganz eigene Stimmung, die man erfahren muss, denn man kann sie nur als friedlich, ewig, vielleicht zaubrisch beschreiben. Fahren Sie nach St Dogmaels, und Sie wissen, wovon wir reden. Wer die Ruine mit wachen Augen besichtigt, kann noch ein ausgefeiltes Abwassersystem bewundern, Reste der Original-Fussböden und andere Besonderheiten (unten links):
Gleich nebenan ist die Kirche “St. Thomas”, in der sich der berühmte Sagranus-Stein befindet (oben rechts), ein Stein aus dem 5. Jahrhundert, der Inschriften in Latein und Ogham aufweist. Ogham ist die alphabetische Schrift der alten Iren, die vermutlich im vierten nachchristlichen Jahrhundert entwickelt wurde, aber wann genau, weiß niemand. Der Sagranus-Stein hat aufgrund seiner zweisprachigen Inschrift einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Ogham zu entziffern.
Nach dieser sakralen Stärkung sind wir bestens gerüstet für das Abenteuer, das vor uns liegt:
Und damit Sie nachvollziehen können, wo es uns hinverschlagen hat: Wir befinden uns im Südwesten von Wales, an der Irischen See zwischen Cardigan und Newport, um dort drei Cromlechs zu besuchen, nämlich LLech y Drybedd, Carreg Coetan Arthur und Pentre Ifan, die ein Dreieck nördlich der Preseli-Berge bilden. Alle drei stehen im Tal des Flusses Nevern, und es scheint, dass alle drei eine optische und vielleicht rituelle Verbindung mit Carn Ingli (oder Carningli Moutain) haben. Carn Ingli befindet sich im Nordwesten der Preseli-Berge, und er ist trotz seiner bescheidenen Höhe von 346 m ein markanter “Berg”. Es handelt sich bei ihm um einen etwa 450 Millionen Jahre alten, erloschenen Vulkan, und er besteht vorrangig aus Dolerit. Von Carn Ingli aus hat man einen 360-Grad-Blick auf Pembrokeshire, und er ist der einzige Berg in Südwest-Wales, der eine Verteidigungsanlage trägt, die wahrscheinlich aus dem Neolithikum stammt. Es ist vor diesem Hintergrund möglich, dass Cran Ingli eine Art Zentrum des neolithischen Pembrokeshire gewesen ist und eine rituelle Bedeutung – vielleicht weit – über diese Region hinaus gehabt hat. (Es sei in diesem Zusammenhang bemerkt, dass die Steinbrüche, die als Quellen der berühmten “Bluestones”, die (auch) in Stonehenge verbaut wurden, in Frage kommen, in den Preseli-Bergen und nicht weit von Carningli entfernt liegen.)
Zwei der drei Cromlechs, die wir besuchen, sind insofern aufeinander bezogen, dass man den einen Cromlech vom anderen aus sehen kann; es handelt sich dabei um Llech y Drybedd und Pentre Ifan. Alle drei Cromlechs scheinen nicht oder nicht zuerst oder vorrangig als Begräbnisstätten gedient zu haben. Bei zweien von ihnen (Llech y Drybedd und Pentre Ifan) scheint der schwere Deckstein in der Luft zu schweben, so dass der Eindruck entsteht, dass es den Erbauern dieser Monumente im Südwesten von Wales darum gegangen sei, die beeindruckenden Decksteine dieser drei Cromlechs zur Schau zu stellen, wie Cummings und Whittle (2004: 38) vermuten. Alle drei Cromlechs haben markante, geneigte Decksteine.
Cromlech, da ist es wieder, dieses Wort. Bevor wir losziehen, eine komprimierte Darstellung, was das, worüber wir hier schreiben, eigentlich ist [Wir sind ein Wissenschaftskanal!]:
Was sind Cromlechs oder Cromlechi?
Pluralformen von “Cromlech”, einem brythonischen Wort, das zur Bezeichnung prähistorischer megalithischer Strukturen verwendet wird, wobei “crom” bzw. “crwn” “gebogen”/”schief”/”gekrümmt” bedeutet und “llech” “flacher Stein”/”Steinplatte” bedeutet, so dass “Cromlech” mit “gekrümmter flacher Stein” übersetzt werden kann.
Ein Cromlech ist dementsprechend ein Monument aus großen, flachen, gänzlich oder weitgehend unbearbeiteten Steinen. Rev. G. Sutherland hat im Jahr 1870 Cromlechs als Steinmonumente “… [b]etween the Standing Stone and the [Stone] Circle …” (S. 26), d.h. zwischen den Monolithen oder Stehenden Steinen und den Steinkreisen verortet und ihre Entwicklungsgeschichte wie folgt beschrieben:
“Between the Standing Stone and the Circle we have the Cromlech, Dolmen, or Kist-vaen, often though improperly called the Druid’s Altar. The first idea of this is a rude block lying at, or close to, the base of a Standing Stone. Next, the horizontal table is raised on rude supports, at various heights, but always ‘windfreed’, i.e., it is elevated above the surface of the ground, and the space below is not fully enclosed so that the wind can pass below the table … In the most perfect form … the table is considerably elevated, and the space below is fully enclosed, on all, or at least on three sides; slabs taking the place of pillars as supports” (Sutherland 1870: 26; Hervorhebungen i.O.).
“Zwischen dem Stehenden Stein und dem [Stein-]Kreis haben wir den Cromlech, Dolmen oder Kist-vaen, oft, wenn auch unsachgemäß, Druidenaltar genannt. Die erste Idee davon ist ein kruder Block, der an oder in der Nähe der Basis eines stehenden Steins liegt. Als nächstes wird der horizontale Tisch auf groben Stützen in verschiedenen Höhen angehoben, aber [er bleibt] immer ‘windbefreit’, d.h. er wird über die Oberfläche des Bodens erhoben, und der Raum darunter ist nicht vollständig umschlossen, so dass der Wind unter dem Tisch hindurchziehen kann … In der vollkommensten Form … ist der Tisch erheblich erhöht, und der Raum darunter ist vollständig umschlossen, auf allen oder mindestens auf drei Seiten; Platten, die den Platz von Säulen als Stützen einnehmen” (Sutherland 1870: 26; Hervorhebungen i.O.).
Sutherland benutzt die Begriffe “Cromlech” und “Dolmen” also synonym, und im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Begriff “Cromlech” oft von Archäologen, Antiquaren und anderen prähistorisch Interessierten benutzt. Heute hat der Begriff “Dolmen” den Begriff “Cromlech” in der archäologischen Literatur und weitgehend in der Alltagssprache verdrängt. In beiden wird auch oft von “Burial Chambers”, d.h. von “Begräbniskammern” oder Kammergräbern gesprochen, aber diese Bezeichnung setzt voraus, dass es sich bei den entsprechend bezeichneten Monumenten immer oder im wesentlichen um Gräber gehandelt habe bzw. ursprünglich als Gräber errichtet wurden, eine Idee, die im 19. Jahrhundert aufkam und bis heute sehr umstritten ist. Es gilt u.E. nach wie vor, was William Gray vor der Royal Historical and Archaeological Association of Ireland im Jahr 1884 vorgetragen hat:
“If modern research had demonstrated that all cromlechs were originally only chambers of tumuli, it would still be advisable to use a term expressive of their present condition. For this purpose the author considers the term ‘cromlech’ would be the most appropriate” (Gray 1884: 357; Hervorhebung i. O.).
“[Selbst dann,] Wenn die moderne Forschung gezeigt hätte, dass alle Cromlechs ursprünglich nur Kammern von Tumuli waren, wäre es immer noch ratsam, einen Begriff zu verwenden, der ihren gegenwärtigen Zustand ausdrückt. Zu diesem Zweck hält der Autor den Begriff ‘cromlech’ für am besten geeignet” (Gray 1884: 357; Hervorhebung i. O.).
Auf den Britischen Inseln wird wahlweise von “Cromlech”, “Dolmen” oder “Quoit” gesprochen; in Wales (weiterhin) gewöhnlich von “Cromlech” oder “Coetan” – die walisische Variante von “Quoit” –, wenn es darum geht, ein prähistorisches Monument zu bezeichnen, bei dem ein tonnenschwerer Deckstein auf einigen aufrecht stehenden Steinen – sogenannten Orthostaten – ruht, so dass die Steine – absichtlich oder der Erhebung eines horizontalen Steines auf vertikalen Steinen geschuldet – eine Kammer bilden. (Aber Vorsicht!: in Frankreich bezeichnet ein “Cromlech” oft einen Steinkreis.)
Nun, da geklärt ist, wovon wir schreiben, können wir uns der physischen Existenz des gerade Beschriebenen zuwenden, und zwar in Gestalt von Llech y Drybedd, unserem ersten Ziel. Der walisische Name Llech y Drybedd bedeutet etwa “Stein der drei Gräber”, aber dieser Name ist irreführend, weil keine Gräber gefunden wurden, und vielleicht auch insofern als es verschiedene Schreibweisen des Namens gibt (z.B. Llech-y-Tripedd) und verschiedene Übersetzungen, die von den genannten “drei Gräbern” bis zu “drei Beinen” und “drei Hasen” reichen. Wir übersetzen Llech y Drybedd als “der schwer Findbare”, was keinerlei Verbindung zu seinem walisischen Namen hat, aber eine adäquate Beschreibung der Schwierigkeiten darstellt, die man hat, diesen Cromlech zu finden.
Und jetzt geht’s los!
Llech Y Drybedd ist ein Eintrag auf der Karte, irgendwo im weiten Gewirr von Wiesen.
Kein Schild, das sich aufdrängt, kein Hinweis, der erkennbar wäre, nichts.
Hohes, saftiges Gras – die Kühe mögen es – die Wanderer nur, wenn es trocken ist. Indes, ein Morgenguss hat das Gras gut auf unsere Ankunft vorbereitet.
Aber nichts kann den grimmig Entschlossenen aufhalten.
Keine nassen Schuhe.
Keine durchnässten Socken.
Keine nassen Füße.
Keine dreckigen Hosen.
Keine dreckigen Schuhe.
Keine schlammigen Füße.
In genau dieser Reihenfolge.
Ja, das Wetter ändert sich schnell in Wales.
Und dann, wenn man ein Gatter, das schon seit Jahrzehnten nicht mehr zu öffnen ist, mit dem Mute des GPS-Geleiteten, aber des Weges dennoch Unkundigen, überwunden hat und in die Ferne späht, in der Hoffnung, einen Zipfel des Zieles zu erheischen, dann, dann taucht er tatsächlich auf, wie von magischer Hand platziert.
Haben Sie ihn erspäht? Ja? Naja, Sie haben uns gegenüber den Vorteil, dass Sie wissen, dass er da sein muss. Wir wussten es nicht, sondern haben seine Silhouette, als wir kurz den Blick vom GPS erhoben, rein zufällig entdeckt. Glück muss man als “Site searcher” in Wales haben; es ist unabdingbar notwendig! ScienceFiles, die Certified Cromlech-Finders!
Ist er erst einmal dingfest gemacht, dann kann man sich schwer dagegen wehren, mindestens beeindruckt, wenn nicht “in awe” [in Ehrfurcht] zu sein [nicht zu erstarren].
Schon die Frage, wie die 16 Tonnen, die die tragenden Steine schultern, auf dieselben gelangt sein können, ist eine, die dazu führen muss, dass man die Menschen, die vor gut 5.000 Jahren, den Llech y Drybedd geschaffen haben, bewundert. Indes, was über die Neolitischen Baumeister und ihr Werk bekannt ist, ist eher mager und es ist schwierig, das magere Wissen zu recherchieren.
Kurz: Eine Aufgabe für Dr. habil. Heike Diefenbach!
Llech y Drybedd steht auf privatem Gelände, genauer: einem Feld, das einem Farmer als Weideland dient, nahe des Dorfes Moylegrove. Dieser Cromlech ist wenig bekannt und – wie beschrieben – schwierig zu finden, aber für jeden, der sich für prähistorische Monumente interessiert, auf jeden Fall einen Besuch wert. Und man sollte ihn bald besuchen, denn der fast dreieckige Deckstein von knapp einem Meter Dicke, drei Metern Länge und etwa 2,5 Metern Breite hat einen fast durchgängigen Riss. Der in etwa dreieckige Deckstein wird – prekär – von drei aufrecht stehenden Steinen (Orthostaten) mit einer Höhe von bis zu 2,4 Metern gestützt, von denen einer einen vertikal verlaufenden Riss hat, so dass man davon ausgehen muss, dass der Cromlech irgendwann zusammenstürzen wird oder zumindest der Deckstein zerbrechen wird, denn zwei Metallschrauben im Orthostaten, der den vertikalen Riss aufweist, lässt auf Reparaturmaßnahmen an ihm schließen, obwohl wir hierzu keinerlei Informationen finden konnten.
Von den um das Monument liegenden Steinen diente mindestens einer als ein vierter Orthostat, der noch im 17. Jahrhundert als aufrecht stehend berichtet wird. Falls der Cromlech jemals eine Begräbnisstätte gewesen ist und von einem Erdhügel bedeckt war, wie oft angenommen wird, ist jeder Hinweis hierauf längst verschwunden. Eine Ausgrabung im Jahr 1977, die sich auf die Kammer konzentrierte, hat keinerlei prähistorische Funde produzieren können (Cummings & Whittle 2004: 139).
Was diesen Cromlech so beeindruckend macht, ist neben dem enormen Deckstein seine Lage in der umgebenden Landschaft, denn von seinem Standort aus hat man eine gute Sicht auf die Preseli Mountains inklusive Carn Ingli bzw. Carningli Moutain. Wenn man den Deckstein des Cromlechs vor dem Hintergrund von Carn Ingli betrachtet, erscheint seine Form der Form des Berges zu folgen, aber dies ist vielleicht nur Zufall, denn der Deckstein zeigt keine Spuren von Bearbeitung. Es ist aber auch möglich, dass der Deckstein, ohne bearbeitet worden zu sein, so ausgewählt oder positioniert wurde, dass er der Silhouette von Carn Ingli in etwa folgt.
Von Pentre Ifan, einem Cromlech, den man von Llech y Drybedd aus sehen kann, wenn man Richtung Süden schaut, und von dem aus man ebenfalls eine gute Sicht auf Carn Ingli hat, wird ebenfalls angenommen, dass der Deckstein der Silhouette von Carn Ingli folgt, und jeder Betrachter von Pentre Ifan, den wir später besuchen werden, wird dies gut nachvollziehen können.
Wenn Sie mehr Bilder von Llech y Drybedd und den anderen Cromlech sehen wollen, am Ende des Beitrags finden Sie ein Video, das, wie wir glauben, die Atmosphäre, die alle drei Cromlech umgibt, gut einfängt.
Indes, Wales wäre nicht Wales, wenn es dem zufriedenen Finder großer Steine nicht noch einen Tritt mitgeben würde, quasi das Ätsch, das sich einstellt, nachdem man sich auf einen Feldweg durchgeschlagen hat, der den Eindruck vermittelt, in Richtung Straße zu verlaufen, die wiederum Abstellort unseres Jeep ist. Und wenn man diese Hypothese bestätigt hat und sich umdreht, um den Blick noch einmal Richtung Preseli Mountains schweifen zu lassen, dann …
Es gehört in die typisch walisische Kategorie “Wenn ihr gewusst hättet, wo sich das Hinweisschild, hier: auf Llech y Drybedd, befindet, dann hättet ihr das Hinweisschild auch sicher gefunden”.
Indes, von solchen Kleinigkeiten lässt sich der erfahrene Wales-Reisende nicht beeindrucken. Weiter geht’s!
(Im Video haben wir Carreg Coetan Arthur ausgespart.)
Carreg Coetan Arthur ist, was das Auffinden angeht, das Gegenteil von Llech y Drybedd. Carreg Coetan Arthur hat das Schicksal erlitten, Planern zum Opfer zu fallen und auf eine kleine Parzelle inmitten eines Neubaugebiets eingepfercht zu werden. Wie der Cromlech einst in der Landschaft stand, welche Ausrichtung er hatte, es ist heute nicht mehr nachvollziehbar.
Die Zeiten ändern sich eben. Und wenn Sie in der Nachbarschaft von Carreg Coetan eine heftig überteuerte Immobilie erwerben wollen, quasi mit privatem Zugang über Ihren Garten, dann haben wir hier das passende Angebot:
Der Umgang mit Prähistorischem lässt zuweilen etwas Respekt vermissen.
Indes, das alles macht Carreg Coetan nicht weniger beeindruckend:
Carreg Coetan Arthur oder kurz: Carreg Coetan ist das am niedrigsten liegende prähistorische Monument in Pembrokeshire. Dieser Cromlech liegt nahe der Stelle, an der der Fluss Nevern (walisisch: Afon Nyer) ins Meer mündet, und nur zwei Kilometer vom nach Süden hin klar erkennbaren Carn Ingli entfernt.
Leider steht dieser Cromlech heute am Ende einer Straße mit Wohnhäusern, in seinem eigenen kleinen Grundstück, das von einem Zaun umgeben und von einer Seite durch eine Hecke abgeschlossen ist, so dass seine Einbettung in die umgebende Landschaft kaum mehr erkennbar ist.
Radiokarbondatierungen haben Carn Coetan als um 3.500 v. Chr. errichtet erwiesen. Carreg Coetan besteht aus einem großen Deckstein und vier Orthostaten, wobei der Deckstein allerdings nur von zweien der vier Orthostaten gestützt wird.
Ausgrabungen haben keine Vertiefungen, in denen weitere Steine gestanden haben können, ergeben, so dass Carreg Coetan keinen “Eingang” samt Verschluss-Stein gehabt haben kann.
Ausgrabungen haben aber auch gezeigt, dass die von den Steinen gebildete Kammer in der Vergangenheit deutlich höher gewesen ist als heute, denn die Orthostaten ragten früher mehr als zwei Meter hoch. Auf dem Boden der Kammer wurden wenige Reste von Asche verbrannter Knochen und einige Scherben von Gefäßen der Glockenbecher-Kultur und der Schnurkeramischen Kultur gefunden, so dass Carreg Coetan im späten Neolithikum oder der frühen Bronzezeit (auch) zur Ablage menschlicher Überreste gedient hat (Cummings & Whittle 2004: 141).
Weitgehend unberührt steht dagegen Pentre Ifan in der Landschaft, in einer sehr beeindruckenden Landschaft. Schon der Hinweg schlägt den Steinsucher in seinen Bann:
Indes, einmal mehr ist man mit den Merkwürdigkeiten walisischer Schildgebung konfrontiert, denn nahezu alle Hinweisschilder schicken den Reisenden in Richtung eines “Burial Chambers”, nicht etwa, wie man angesichts der Bekanntheit von Pentre Ifan denken könnte, in Richtung “Pentre Ifan”:
Pentre Ifan ist zweifellos der bekannteste, weil am besten erhaltene und größte Cromlech von Wales (und einer der größten noch existierenden Cromlechs überhaupt). Er ist benannt nach der Gemeinde Pentre Ifan – oder im Englischen: Ivan’s village oder Ivan’s homestead – und liegt gut einen Kilometer vom Fluss Nevern entfernt. Er wurde um 3.500 v. Chr. errichtet und hat einen keilförmigen Deckstein aus Dolorit von fünf Metern Länge und etwa 16 Tonnen Gewicht, der eine Süd-Nord-Ausrichtung hat; die Spitze des Keils zeigt – wie eine Kompassnadel – nach Norden und ist leicht nach unten geneigt (Scarre 2016: 220).
Der Deckstein ruht auf drei aufrecht stehenden Steinen, die etwa zweieinhalb Meter hoch sind. Der H-förmige “Eingang” in das Monument wird bis heute von einem großen Stein blockiert, und das Monument hat einen halbrunden “Vorhof” auf der Südseite.
Es ist möglich, dass das Monument von einem Erd- und Schutthügel bedeckt war, der auf 36,6 Meter Länge geschätzt wird. Neuerdings wird vermutet, dass Pentre Ifan in zwei Phasen errichtet wurde, wobei zuerst der Cromlech errichtet wurde, der später durch einen Steinhaufen und eine Fassade ergänzt wurde.
In den Jahren 1936/37 und 1958/59 wurden archäologische Grabungen durchgeführt, die jedoch nur Feuerstein-Bruchstücke und Scherben zu Tage förderten. Es konnte festgestellt werden, dass ein Feuer vor dem “Eingang” in das Monument gebrannt hatte; Holzkohle wurde gefunden. Aber es wurden keine menschlichen Überreste gefunden.
Dennoch wird (noch heute) “offiziell” davon ausgegangen, dass es sich bei Pentre Ifan um eine “burial chamber”, also um ein Kammergrab handelt. Es ist aber wahrscheinlich, dass Cromlechs wie Pentre Ifan keine Grabstätten waren oder zumindest nicht ursprünglich als solche erbaut wurden. Rituelle Handlungen haben wahrscheinlich stattgefunden, und sie mögen etwas mit Leben und Tod zu tun gehabt haben, aber sie als Grabkammern zu bezeichnen, dürfte weitgehend irreführend sein.
Vicki Cummings und Alasdair Whittle (2004) vertreten die These, dass Cromlechs wie Pentre Ifan eine Art Lesezeichen in der Landschaft gewesen sind und sie nicht als einzelne Monumente interpretiert werden sollten, sondern im Zusammenhang mit der Landschaft, in der sie erreichtet wurden, und im Verhältnis zueinander.
Nach diesen Autoren sollte man nicht auf Pentre Ifan (und andere Cromlechs) schauen, sondern von Pentre Ifan (und anderen Cromlechs) aus in die Landschaft schauen; dann stellt man fest, dass Pentre Ifan die Sicht auf die Irische See, die Preseli Hills und speziell Carn Ingli wie in einem riesigen Bilderrahmen zusammenführt. Und man kann von Pentre Ifan aus den oben beschriebenen Llech y Drybedd sehen. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Menschen im neolithischen Wales nicht dauerhaft seßhaft waren, sondern mit den Jahreszeiten umherzogen, und dass Cromlechs als Orientierungspunkte und Erinnerungsorte dienten, von denen aus die Landschaft und die Vergangenheit derer, die sie besiedelten, in ihren Erinnerungen und Geschichten strukturiert wurden.
Von der Ostseite des Monuments nach Westen gesehen hat man den Eindruck, dass der Deckstein von Pentre Ifan die Form des Nordhangs von Carn Ingli nachzeichnet, wie im kleinen Bild oben rechts erkennbar ist (s .auch https://newportpembs.co.uk/articles/pentre-ifan-newport-pembs.php; https://heritageaction.wordpress.com/2023/06/08/pentre-ifan-wales-first-scheduled-ancient-monument-2/).
Und nun, wie versprochen, drei Cromlechs mit entsprechender Atmosphäre in einem Video:
Bisher in der Reihe “Roving Welsh” erschienen:
Alle Bilder sind urheberrechtlich geschützt.
Literatur
Cummings, Vicki, & Whittle, Alasdair, 2004: Places of Special Virtue: Megaliths in the Neolithic Landscapes of Wales. Oxford: Oxbow Books
Gray, William, 1884: Cromlechs in Counties of Down and Antrim. The Journal of The Royal Historical and Archaeological Association of Ireland VI, Fourth Series: 354-367
Scarre, Chris, 2016: Dolmens Without Mounds in Britain, France and Ireland, S. 217-233 in: Eriksen, Palle, & Andersen, Niels H., with a contribution of Chris Scarre: Dolmens in Denmark: Architecture and Function. Jutland Archaeological Society Publications 95. Højbjerg: Jutland Archaeological Society. https://durham-repository.worktribe.com/preview/1640028/21213.pdf
Sutherland, G. Rev., 1870: Outlines of Scottish Archaeology. Edinburgh: Edmonston and Douglas.
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