Wie angekündigt, ging die deutsche Generalstaatsanwaltschaft, vertreten durch die umstrittene Oberstaatsanwältin Silke Füssinger, noch im Vorjahr in Berufung. Die 15-seitige Berufungsschrift, welche Report24 vorliegt, ist mit dem 6. Dezember 2023 datiert. Inmitten echter antisemitischer Straftaten, die sich tagtäglich in Wort, Bild und Gewalt in deutschen Straßen manifestiert, bleibt weiterhin Zeit für eine politisch motiviert wirkende Verfolgung des sanften Wissenschaftlers.
Oberstaatsanwältin Silke Füssinger war ihr Amt als Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein im Dezember 2021 deklariert mit einer „Null Toleranz Strategie“ hinsichtlich der Diskriminierung jüdischer Mitbürger angetreten. Wie viele Verfahren sie gegen neue Mitbürger geführt hat, welche sich teilweise aus religiösen Gründen negativ über Juden äußern und entsprechende Parolen auch auf den Straßen brüllen, ist nicht im Detail bekannt. Allerdings kann man in Systemmedien nachlesen, dass in Schleswig-Holstein ein neuer Höhepunkt (echter?) antisemitischer Straftaten, speziell nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, zu beklagen war. Dennoch bleibt immer noch genug Zeit dafür, jemanden mit viel staatlichem Aufwand zu verfolgen, der subjektiv betrachtet sich nichts zuschulden hat kommen lassen.
Daraus resultieren die Vorwürfe
Wir wiederholen hier die umstrittene Passage des unglücklichen Interviews, das der Staatsanwaltschaft als eines der beiden Beweisstücke dient, der Vollständigkeit halber noch mal in ganzer Länge (der zweite Anlassfall war eine Rede bei einer Wahlwerbeveranstaltung der Partei „Die Basis“ in Kiel):
Sucharit Bhakdi sagte wörtlich: Und wenn ihr so indolent seid und nicht aufsteht und sagt “Nein! Mit uns macht ihr das nicht!”, dann ist es um euch geschehen. Und dann werdet ihr auch nicht die Möglichkeit haben, zu flüchten. Israel. Die Israeli können nicht mehr flüchten. Das Land ist zu. Das wird hier passieren.
Und ich wurde einmal gefragt von einem Amerikaner, was ich zu Israel zu sagen habe. Für mich, die Israeli, dieses Volk, das ich mehr bewundert habe als irgendein anderes Volk auf der Welt. Ich war ein Juden-Bewunderer. Du weißt, ich bin Musik-Liebhaber, Kunst-Liebhaber. Die größten Geister waren die Juden. Es tut mir leid, wenn ich euch das sagen muss, ja? Es tut mir leid, denn ich bin Buddhist. Ich verehrte sie. Du hast meine Schallplatten-Sammlung gesehen. Ich bin diesen jüdischen Musikern nachgereist, um eine Unterschrift von ihnen zu bekommen. Itzhak Stern, David Oistrach. Hunderte Kilometer bin ich gereist, um sie zu hören, um ein Autogramm zu bekommen. Ich habe sie verehrt.
Und jetzt machen sie das. Das Volk, das geflüchtet ist aus diesem Land. Aus diesem Land, wo das Erzböse war. Und haben ihr Land gefunden. Haben ihr eigenes Land verwandelt in etwas, das noch schlimmer ist als Deutschland war. Das ist ja unfassbar. Und dann habe ich den Amerikanern gesagt: Das ist das Schlimme an den Juden. Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt und umgesetzt. Und deswegen ist Israel jetzt “living hell”, die lebende Hölle. Und ich habe den Amerikanern gesagt: Und wenn ihr nicht aufpasst, wird Amerika auch die lebende Hölle sein. Und ich sage euch jetzt: Euer Land wird verwandelt in die lebende Hölle, wenn ihr nicht bald aufsteht!
Staatsanwaltschaft verortet Hetze gegen alle Juden
Die Staatsanwaltschaft schließt sich wenig überraschend nicht dem Erstgericht an, welches einen Freispruch gefällt hatte. So sah der Erstrichter keinen Angriff auf die Menschenwürde verwirklicht, vielmehr habe Prof. Bhakdi Kritik an den impfpolitischen Maßnahmen der israelischen Regierung zum Ausdruck gebracht. Die Staatsanwaltschaft befindet hingegen, Bhakdis Aussagen hätten sich stets pauschal gegen alle Juden gerichtet – und dabei nicht nur gegen jene, die sich im Ausland befinden. Auch im Inland befindliche Juden wären mitgemeint.
Die daran anschließenden pauschalen Urteile über die ,,Juden“ und ihre Lernfähigkeit hatten ebenfalls keinen Bezug mehr zu dem Staat lsrael, sondern zielten für einen objektiven Empfänger allgemein auf sämtliche Jüdinnen und Juden und ihre angebliche Wesensart und damit auch die in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden ab.
Aus der Berufungsbegründung, Oberstaatsanwältin Silke Füssinger
Bhakdi würde behaupten, alle Juden seien böse
Bhakdi habe mit seinen Aussagen „dem objektiven Durchschnittsempfänger suggeriert, alle Jüdinnen und Juden seien (pauschal) böse.“ Denn er habe in seine Wortwahl nicht auf eine ausreichende Trennung geachtet.
Füssinger argumentiert dahingehend, dass ein Angriff auf die Menschenwürde von Juden vorliegen würde:
Erforderlich für einen Angriff auf die Menschenwürde ist, dass der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als minder- bzw. unterwertiges Wesen behandelt wird. (…) Indem der Angeklagte einem verständigen Durchschnittsempfänger suggerierte, alle Jüdinnen und Juden seien böse, tat er genau das.
Aus der Berufungsbegründung, Oberstaatsanwältin Silke Füssinger
Bhakdis „Angriff“ habe sich „nicht nur gegen einzelne Verhaltensweisen oder Persönlichkeitsrechte von Jüdinnen und Juden, sondern den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern der Persönlichkeit“ gerichtet. Er habe damit antisemitische Erzählungen bedient, „wonach Jüdinnen und Juden alles Schlechte und Böse verkörpern würden“.
Weiters habe Bhakdi den öffentlichen Frieden gestört und indirekt zu Gewalt beigetragen
Weiters habe Bhakdi speziell mit seinen Äußerungen bei einer Kundgebung am 24. September 2021 in Kiel den öffentlichen Frieden gestört. Auf mehreren Seiten führt die Staatsanwaltschaft hier aus, dass die Äußerungen zum „Tatzeitpunkt“ vor einem verängstigten und verunsicherten Publikum getätigt wurden. Dem gegenüber stand eine aggressiv geführte öffentlich Debatte um die staatlich angeordneten Schutzmaßnahmen. Es wäre im Jahr 2021 zu zunehmenden Gewalttaten durch Personen gekommen, die sich durch Schutzmaßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie in ihren Rechten beschnitten sahen. Als Beispiel wird die Wahnsinnstat von Bad Kreuznach herangezogen, die allerdings vor Bhakdis Aussagen in Kiel verübt wurde. Hier springt die Staatsanwaltschaft, ohne dies weiter kenntlich zu machen, wieder willkürlich zu jenen Aussagen im genannten Video.
Ein Täter eines solchen Angriffs, der derzeit vor dem LG Bad Kreuznach wegen Mordes an Alexander W. angeklagte Mario N. hat in der dortigen Hauptverhandlung angegeben, dass er den als Tankstellenkassierer tätigen Studenten am 18.09.2021 – sieben Wochen nach der hiesigen Tat – erschossen habe, nachdem dieser ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen habe, weil ihn die Corona-Schutzmaßnahmen, insbesondere die Maskenpflicht zermürbt hätte.
Aus der Berufungsbegründung, Oberstaatsanwältin Silke Füssinger
Man wirft also ausgerechnet dem sanften und ruhigen Professor Bhakdi indirekt vor, Auslöser für zeitlich und inhaltlich komplett anders gelagerte Intensivgewalt gewesen zu sein. Speziell seine besonnene und wissenschaftlich orientierte, fundierte Art wird ihm in mehreren Textpassagen vorgehalten, diese wäre besonders gefährlich.
Der Holocaust wäre verharmlost worden
Ähnlich geht es in der Argumentation weiter, nach der Bhakdi den Holocaust verharmlost oder relativiert hätte. Dabei wird unter anderem folgende Passage zitiert und kommentiert:
„Schon jetzt ist es der Weltelite gelungen, über 1 Milliarde Dosen der genetisch basierten Substanzen in ahnungslose Menschen zu spritzen. (…) Wird es aber reichen, einen vielleicht entscheidenden Beitrag am Sonntag einzubringen? lch weiß es nicht. lch weiß nur, dass wenn wir scheitern sollten, gibt es nur noch eine winzige verbleibende Chance, dem drohenden Untergang zu entrinnen. Wir müssen versuchen, die noch Erreichbaren zu erreichen.“ Diese eindringlichen und aufwühlenden Formulierungen setzten sich auch in dem angestellten verfahrensgegenständlichen Vergleich fort, indem der Angeklagte ausführte: „Dieses Endziel ist die Erschaffung der neuen Realität und beinhaltet nichts anderes als den zweiten Holocaust, die Abschaffung der Menschheit in der jetzigen Ausprägung.“
Aus der Berufungsbegründung, Oberstaatsanwältin Silke Füssinger
Dabei habe es sich „um eine aggressive Emotionalisierung gehandelt, die geeignet war, Hemmschwellen herabzusetzen.“ Bhakdi habe damit die Gefahr gewaltsamer Ausschreitungen erhöht. Dazu reiche, dass eine bloße Gefährdung für diese Behauptung bestanden habe, es wäre nicht nötig, dass infolge entsprechende Taten gesetzt wurden. Es genügt also die Fantasie der Staatsanwaltschaft, dass Corona-Maßnahmenkritiker prinzipiell gewaltbereit oder manipulierbar wären und dementsprechend solche Gewalt theoretisch hätten ausüben können.
Kontext der strittigen Aussagen wurde jeweils ausgespart und ignoriert
Völlig außer Acht lässt die Staatsanwaltschaft den jeweiligen Kontext, welcher dem Erstrichter aber außerordentlich wichtig war. Dieser ließ sowohl die Rede in Kiel als auch das Interview in voller Länge abspielen, um zu hören, aber auch aufzuzeigen, dass im Kontext keineswegs verhetzt, sondern zu einem Dialog aufgerufen wurde und dann auch keinesfalls eine pauschale Beschimpfung oder Herabwürdigung von Juden bezweckt war – sondern es sich um eine Fehlinterpretation handelt. Der neutrale Zuseher muss sogar von einer ausgesprochen böswilligen und vorsätzlichen Fehlinterpretation ausgehen. Es sei daran erinnert, dass es auch zur Pflichtaufgabe eines Staatsanwaltes zählt, Sachverhalte zu ermitteln, die für den Angeklagten sprechen und diesen entlasten.
Staatsanwältin bekräftigt Pandemie-Narrativ, ohne Gegenmeinungen einzubeziehen
Angesichts der aktuell vorliegenden RKI-Papiere liest sich vor allem der letzte Absatz wie ein zynischer Hohn wider die Realität:
Abschließend sei angemerkt, dass es sich bei der allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung im Rahmen des Pandemiegeschehens um allgemeinkundige Tatsachen handelt. Seit Beginn der Pandemie wurden sämtliche Details zu der Ausbreitung des Virus, der medizinischen Entwicklung, den politischen Maßnahmen und dem Verhalten der Bevölkerung auf allen medialen Kanälen stundenaktuell veröffentlicht und besprochen. Die gesamte Bevölkerung war betroffen und stets auf dem neuesten Informationsstand. (siehe dazu Landgericht Stade, Urteil vom 16. Dezember 2020-600 KLs 141 Js21934t20-, in: BeckRS 2020,46831) Soweit diese Tatsachen auch heute noch so allgemein bekannt sind, dass die Beteiligten vernünftigerweise damit rechnen müssen, dass sie zur Grundlage eines Urteils gemacht werden, bedarf es noch nicht einmal einer Erörterung in der Hauptverhandlung (Meyer-Goßner/Schmift, SIPO, 66. Auflage 2023, S 244 Rn.3 m.w.N ).
Aus der Berufungsbegründung, Oberstaatsanwältin Silke Füssinger
Für die kommende Gerichtsverhandlung gegen Prof. Sucharit Bhakdi wurde noch kein konkreter Termin vereinbart. Gerüchten zufolge soll es insgesamt drei Verhandlungstage geben, die Ende Juli/ Anfang August stattfinden.
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