Von Daniel Weinmann

Bis Anfang Juli müssten nun Wünsche und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden, forderte Bundeskanzler Olaf Scholz unlängst angesichts der laufenden Haushaltsdebatte. Noch klafft eine Lücke von mehr als 20 Milliarden Euro im Budget. „Ich setze darauf, dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind und wir das gemeinsam hinkriegen“, tönte der SPD-Politiker im „Stern“. Wir sollten uns das Leben nicht zu leicht machen. Jetzt ist erstmal Schwitzen angesagt.“

Mehr Heuchelei geht kaum. Denn statt Schwitzen und den Gürtel enger schnallen wie seine Landsleute genehmigen sich Scholz und sämtliche Abgeordnete des Bundestages eine Diätenerhöhung um sechs Prozent. Damit beziehen sie ab Juli monatlich 11.227,20 Euro und damit 635,50 Euro mehr als bisher. Eine derart hohe Steigerung gab es seit 1995 nicht mehr.

Die Diäten der Abgeordneten im Deutschen Bundestag steigen damit umgekehrt proportional zu ihren Leistungen: Während Scholz, Habeck, Baerbock & Co. dieses Land wirtschaftlich und gesellschaftlich an die Wand fahren, greifen sie ungeniert in die Staatskasse.

Scholz und seine Minister erhielten erst im März eine satte Lohnerhöhung

Um ihre regelmäßigen Diätenerhöhungen zu rechtfertigen, verweisen die sogenannten Staatsdiener auf den vom Statistischen Bundesamt erhobenen Nominallohnindex, der im vergangenen Jahr um sechs Prozent gestiegen ist. Zur Selbstbedienungsmentalität passt, dass der Bundestag über die Erhöhung nicht einmal abstimmen muss, weil er bereits zu Beginn der Legislaturperiode eine automatische Übertragung der Lohnsteigerungen auf die Parlamentarier beschlossen hatte.

 

Geradezu eine Verhöhnung der Wähler ist die Tatsache, dass der Bundestag – wie 2020 während Corona-Krise – ohne Weiteres auf die Erhöhung verzichten könnte. Ebenso unverfroren: Scholz und seine Minister erhielten erst im März eine satte Lohnerhöhung. Das Grundgehalt des Kanzlers in der Besoldungsgruppe B11 wuchs von zuvor 20.702 Euro auf 22.083 Euro brutto. Christian Lindner bezieht seit März als verheirateter Bundesminister ohne Kinder mit 17.990 Euro inklusive Zulagen 1174 Euro mehr als zuvor. Selbstredend steigen damit auch die als Ruhegeld verbrämten Pensionsansprüche. Scholz etwa steht – sollte er eine volle Legislaturperiode von vier Jahren schaffen – allein dadurch eine Pension von 6.117 Euro monatlich zu.

Für den Bund der Steuerzahler ist der tiefe Griff in die Staatskasse inakzeptabel: „Mit diesem Vollautomatismus findet keine Diskussion, keine Aussprache oder Erklärung der Abgeordneten im Bundestag gegenüber der Bevölkerung statt“, watschte BdSt-Präsident Rainer Holznagel im Februar die Ampelkoalitionäre ab.

Angesichts knapper Staatskassen wäre eine Aussetzung der Diätenerhöhung angemessen gewesen

Die einzige innerparlamentarische Kritik an der aktuellen Diätenerhöhung kam von den Linken und der AfD. Die Steigerung sei die höchste seit fast 30 Jahren, monierte Linken-Parteichefin Janine Wissler – und das in Zeiten, in denen über Kürzungen beim Bürgergeld und soziale Einschnitte diskutiert werde. Vor dem Hintergrund knapper Staatskassen wäre in ihren Augen eine Aussetzung der Diätenerhöhung angemessen gewesen.

„Die Abgeordneten eines gigantomanischen Bundestages mit aktuell 734 Abgeordneten gönnen sich eine weitere enorme Geldspritze“, kritisierte auch der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner . „Jeder Arbeitnehmer muss um seine Gehaltsanpassungen kämpfen, aber die Abgeordneten des Deutschen Bundestages genehmigen sich nunmehr im Stillen allein Brutto-Diäten von 11.227,20 Euro im Monat.

Ein Teilnehmer im Forum von „Welt online“ brachte seinen Frust so auf den Punkt: „Vielleicht kann Baerbock ja jetzt ihre Stylisten und Visagisten aus eigener Tasche bezahlen?“

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Daniel Weinmann arbeitete viele Jahre als Redakteur bei einem der bekanntesten deutschen Medien. Er schreibt hier unter Pseudonym.

Bild: Shutterstock

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