Für die Einen gute, für die Anderen wohl eher schlechte Nachrichten. Nachdem sich die NachDenkSeiten im Juli 2023 erfolgreich Fragerecht und Teilnahme in der Bundespressekonferenz (BPK) auf gerichtlichem Wege erstritten hatten, ging der Vorstand des privaten Vereins BPK e.V., welcher die Regierungspressekonferenzen durchführt, umgehend in Berufung. Das Kammergericht Berlin hat jetzt den Berufungstermin auf den 27. August 2025 bestimmt. Damit bleiben den NDS, unabhängig vom Ausgang der zweiten Instanz, mindestens 15 weitere Monate, um die Regierungsvertreter in der BPK mit Fragen zu erfreuen. Von Florian Warweg.

„Der Beklagte (BPK e.V.) wird verurteilt, den Kläger zu seinen Veranstaltungen und Angeboten wie einem Mitglied Zugang zu gewähren.“

So lautete der Schlüsselsatz im Urteilsspruch des Berliner Landgerichts, welcher den NachDenkSeiten am 28. Juli 2023 zuging. Das Berliner Landgericht verwies im Urteil insbesondere auf Artikel 3 und 5 des Grundgesetzes sowie darauf, „dass der Beklagte vorliegend an die Beachtung der Grundrechte des Klägers gebunden“ ist. Insgesamt ließ das Urteil kaum ein gutes Haar an den von der BPK und der sie vertretenden Anwaltskanzlei vorgebrachten „Argumenten“. Im Urteil hieß es dazu unter anderem „völlig pauschal vorgetragen“, „nicht prüfbar“, „nicht geeignet“ sowie „keinerlei substantiierten Vortrag“.

Trotz dieser deutlichen juristischen Klatsche und dem Verweis auf die Grundrechtsbindung legte der Vorstand der BPK unmittelbar nach dem Urteilsspruch Berufung bei der nächsthöheren Instanz, dem Berliner Kammergericht, ein. Das Kammergericht ist das höchste Gericht Berlins und geht auf das preußisch-königliche Hof-Kammergericht zurück. Es entspricht dem Oberlandesgericht in den restlichen deutschen Bundesländern. Jenes Kammergericht hat nun wie bereits erwähnt den Berufungstermin festgelegt auf den 27. August 2025:

Die damalige Urteilsbegründung des Landgerichts

„Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Dem Kläger steht zwar kein Anspruch auf Aufnahme als Mitglied bei dem Beklagten aus § 11 der Satzung des Beklagten zu, allerdings ein solcher den gleichen Zugang zu den Veranstaltungen und Angeboten des Beklagten zu erhalten wie ein Mitglied. Dieser Anspruch folgt aus Art. 5 Abs. 1 HS 2 GG i. V. m. Art 3 Abs. 1 GG und dem Umstand, dass der Beklagte vorliegend an die Beachtung der Grundrechte des Klägers gebunden ist.“

Das Landgericht verwies in seiner Urteilsbegründung folglich auf die Grundrechtsbindung des Privatvereins und Ausrichter der Regierungspressekonferenzen, BPK e.V., in Bezug auf die im Grundgesetz verankerten Artikel „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ (Artikel 3) sowie auf „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“ (Artikel 5).

Weiter erklärte das Gericht:

„Der Kläger (Florian Warweg) erfüllt die Voraussetzungen des § 2 der Satzung des Beklagten, da er zum einen ein in Berlin ansässiger Journalist ist und darüber hinaus umfassend über bundespolitische Themen berichtet.“

Auch mit diesem Satz negierte das Landgericht umfassend die Argumentation der BPK. Denn einer der zentralen Argumentationsstränge der BPK war die Behauptung, der Autor dieser Zeilen würde nicht ausreichend über Bundespolitik schreiben und in Folge nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an den Regierungspressekonferenzen erfüllen. Doch das sah das Gericht anders und führte dies auch noch weiter aus:

„Der Beklagte (die BPK) hat demgegenüber nicht substantiiert dargestellt, dass bei einer derartigen Anzahl von Artikeln innerhalb einer recht kurzen Zeit, gleichwohl nicht die satzungsgemäß geforderte überwiegende Berichterstattung zu bundespolitischen Themen vorliegt. Insbesondere hat der Beklagte nicht dargestellt, warum die genannten Artikel die Bundespolitik gerade nicht betreffen, oder aber dass sie Anzahl mäßig im Vergleich zu sonstigen Artikeln des Klägers nicht ins Gewicht fallen, da dieser normalerweise über andere Themen berichten würde. Dies ist auch ersichtlich nicht der Fall.“

Wirklich peinlich für die BPK und die sie vertretende Kanzlei wurde es auf den letzten zwei Seiten der Urteilsbegründung. Diese widmeten sich der im Zuge der mündlichen Verhandlung von der Richterin eingeforderten konkreten Belege bezüglich der Behauptung, ich hätte Mitglieder der Bundespressekonferenz beleidigt, sowie den angeblich vorgebrachten Einwänden von Mitgliedern gegen mich:

„Satzungsgemäße Ausschlussgründe, die vorliegend eine Verurteilung des Beklagten ausschließen würden, hat dieser bislang substantiiert nicht vorgetragen. Insbesondere hat der Beklagte in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Juli 2023 substantiiert nicht dazu vorgetragen, welche inhaltlichen Einwände konkret gegen eine Mitgliedschaft des Klägers vorgebracht worden sind. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung zwar ausgeführt, dass es entscheidend nicht auf die Namen der die Einwände erhebenden Mitglieder ankommen dürfte, das Gericht hat aber deutlich gemacht, dass der Inhalt der Einwände vorzutragen ist, damit geprüft werden kann, ob sie nach der Satzung des Beklagten, einer Aufnahme entgegenstehen und damit vorliegend auch einer Gleichbehandlung des Klägers zu einem Mitglied des Beklagten.

Im Schriftsatz selbst sind die inhaltlichen Einwände pauschal zusammengefasst und unter Beweis gestellt durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten. Insoweit liegt nicht einmal schlüssiger Vortrag vor, da die schriftlich eingereichten Einwände inhaltlich hätten vorgelegt werden können. Ob die Zusammenfassung den Einwänden überhaupt entspricht, ist in dieser Form durch das Gericht nicht prüfbar. Auch ist der angebotene Beweis durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten vorliegend nicht geeignet den fehlenden vor Trakt zum konkreten Inhalt zu ersetzen. Insoweit hätte der Beklagte problemlos die jeweils erhobenen Einwände konkret inhaltlich wiedergeben können, ohne anzugeben welches Mitglied die entsprechenden Ausführungen gemacht hat. Vorliegend kann also nicht festgestellt werden, dass entsprechende Einwände vorliegen, die zu einer Nichtaufnahme des Klägers führen können. Aber auch sonst hat der Beklagte keinerlei substantiierten Vortrag dazu vorgebracht, warum dem Kläger hier nicht der Zugang zu seinen Veranstaltungen wie einem Mitglied ermöglicht werden kann, also insbesondere, dass Ausschlussgründe vorliegen.

Um sich eine Vorstellung davon machen zu können, auf welchem argumentativen Niveau sich die Argumentation der BPK und der Kanzlei bewegte, sei auf zwei anschauliche Beispiele verwiesen.

Zum einen wurde als Einwand gegen meine Teilnahme an der BPK vor Gericht aufgeführt, ich hätte „Regierungsmitglieder verächtlich gemacht“, was dem Ansehen des Vereins schaden würde. Als „Beleg“ wurde dann auf einen angeblichen (dem Gericht nicht vorgelegten) Tweet, „mit dem sich der Kläger über Frau Baerbock lustig macht“, verwiesen.

Zum anderen wurde dann im abschließenden Vortrag der Gegenseite behauptet, ich hätte „erkennbar ein gestörtes Verhältnis zu den Institutionen des Beklagten“. Hier wurde nun als Beleg für diese Behauptung angeführt, „der Kläger hat den Vorsitzenden des Mitgliedsausschusses, Jörg Blank, als „Kanzlerkorrespondent“ bezeichnet“. Weiter heißt es dann im Wortlaut:

„Es bleibt der Eindruck, dass mit der falschen Betitelung der Vorsitzende des Mitgliedsausschusses möglichst nah in den Dunstkreis der Regierung gerückt werden soll. „Kanzlerkorrespondent“ soll offenbar bedeuten: ganz nah dran an der Macht, ergo von den Mächtigen gesteuert.“

Wir halten fest: Mir als Parlamentskorrespondenten der NachDenkSeiten wurde gegenüber dem Landgericht unterstellt, ich hätte in „verschwörungstheoretischer“ Absicht den „falschen“ Begriff „Kanzlerkorrespondent“ genutzt, um ihn als „von Mächtigen gesteuert“ darzustellen.

Doch diese Darstellung hat ein offensichtliches Problem: Der Begriff des „Kanzlerkorrespondenten“ ist im Gegensatz zur Darstellung des BPK-Vorstands mitnichten meine Erfindung, sondern, ganz im Gegenteil, der offizielle Titel der dpa. Am 26. September 2017 gratulierte die dpa sogar hochoffiziell Jörg Blank zur Ernennung unter genau dieser Bezeichnung:

„Jörg Blank wird neuer Kanzlerkorrespondent der @dpa. Wir gratulieren.“

Auch auf Facebook, Twitter und LinkedIn bezeichnete sich Jörg Blank jahrelang selbst als „Kanzlerkorrespondent“:

So viel zum argumentativen Ansatz der BPK vor dem Berliner Landgericht. Da bei einer Berufung keine neuen juristischen Argumente vorgebracht werden können, darf man gespannt sein, was sich die Gegenseite einfallen lässt, um die vom Landgericht in der Urteilsbegründung angeführte Grundrechtsbindung sowie die Verweise „völlig pauschal“, „nicht prüfbar“, „nicht geeignet“ sowie „keinerlei substantiierter Vortrag“ argumentativ gegenüber dem Kammergericht zu entkräften.

Der Termin vor dem Kammergericht am 27. August 2025, einem Mittwoch, ist öffentlich. Interessierte Leser der NachDenkSeiten können sich also gerne selbst ein Bild von der Verhandlung machen.

Titelbild: Screenshot von der Beglaubigten Abschrift des Kammergerichts





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Von Veritatis

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