Von Wladislaw Sankin

Die Bundesregierung mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) an der Spitze hat der Ukraine am Freitag zum ersten Mal seit der Eskalation des Ukraine-Konflikts Februar 2022 offiziell erlaubt, mit deutschen Waffen „altes“ russisches Territorium zu beschießen. Auch wenn sich die Freigabe zunächst auf die von Deutschland gelieferte Panzerhaubitze 2000 und den Raketenwerfer Mars II beschränkt, deren Reichweite lediglich einige Dutzend Kilometer beträgt, ist diese Entscheidung ein Meilenstein. Wie die Erfahrung zeigt, kann sie als zwischenzeitlicher Tabubruch zum „Türöffner“ für weitere Lockerungen bei der deutschen Beteiligung am Ukraine-Konflikt werden. 

Medienberichte: Bundesregierung erlaubt Ukraine Angriffe auf Ziele in Russland mit deutschen Waffen

Die deutschen Medien, die die härtesten Kriegsfalken vom Schlage Roderich Kiesewetters und Marie-Agnes Strack-Zimmermanns in den letzten Jahren täglich haben zu Wort kommen lassen, gehören zu den ständigen Begleitern des deutschen Alltags. Erwartungsgemäß wurde daher die Entscheidung des Kanzlers bejubelt und nahegelegt, dass diese bereits überholt sei und zu halbherzig ausfalle. Denn noch immer sträubt sich der Kanzler, auch Taurus-Raketen in die Ukraine zu liefern.

Im Hinblick auf eine mögliche militärische Reaktion vonseiten Russlands haben die Deutschen wiederum nichts zu befürchten, meint das ZDF. Im Gegenteil: Der Militärexperte Gustav Gressel darf im ZDF die Behauptung verbreiten, dass Russland zu sehr in der Ukraine eingebunden sei und keine Kapazitäten habe, zugleich auch gegen die NATO kämpfen zu können. Die russischen Warnungen vor dem Einsatz westlicher Waffen für Angriffe auf Russland hält er nur für eine „verbale russische Show“. Gressel fordert daher Waffen mit größerer Reichweite, denn auch mit der Entscheidung des Kanzlers sei Deutschland „nur Zaungast“. Im Vergleich zu wem? Wohl zu den Polen, Franzosen und Esten, die bereits ihren eigenen Einmarsch in die Ukraine vorbereiten; oder eben zu den US-Amerikanern, die nun ebenfalls bereit sind, ATACMS-Raketen auch gegen „altes“ russisches Territorium einzusetzen. 

Für Experten wie Gressel scheint keine atomare russische Doktrin zu existieren, die den Einsatz von Atomwaffen bei akuter Gefahr für die Staatlichkeit vorsieht. Obwohl gerade die Konfrontation mit der vielfach stärkeren NATO mit konventionellen Waffen eben eine solche Gefahr darstellen würde! Moskau wird nicht müde, auf diese Gefahr hinzuweisen. Offenbar sollen die Russen ohne jegliche Vorwarnung, mit allem, was sie haben, sofort losschlagen, um Politikwissenschaftler wie Gustav Gressel endlich beeindrucken zu können. 

"Schlimmstes Szenario" – Medwedew droht mit Atomangriff wegen NATO-Waffen auf Ziele in Russland

Obwohl einige Medien durchaus in der Lage sind zu erkennen, dass die Entscheidung zumindest das Risiko in sich birgt, zur „Rutschbahn in einen Dritten Weltkrieg“ zu werden (Tagesspiegel), beschränken sich die kritischen Töne auf das bloße Zitieren der Kritiker dieser Entscheidung, die zumeist bei den Linken, beim BSW und der AfD zu finden sind. Die Journalisten sprechen in aller Regel CDU- und Ampelpolitikern aus dem Herzen, etwa dem bekannten antirussischen Falken Norbert Röttgen. Dieser bewertete die Entscheidung des Bundeskanzlers bereits als richtig, sodass sie Unterstützung verdiene. 

Und sie unterstützen sie in der Tat, die Schreibtischtäter, die in ihren Redaktionsstuben davon träumen, Putin endlich zeigen zu können, dass wir wieder „wer“ sind. Auf Scholz sind sie stolz: „Scholz beraubt Putin der Sicherheit im Hinterland“ (n-tv). Für sie ist der Ukraine-Konflikt offenbar nur ein Spiel, in dem es darum geht, den russischen Bären mit jedem Mittel aus der Reserve zu locken. Folgen wir der Argumentation eines Spiegel-Artikels („Das Ende des Zynismus“): 

„Mittlerweile ist klar, dass Putin zumindest zum jetzigen Zeitpunkt kein Interesse daran hat, sich mit der gesamten Nato anzulegen. Es hätte für ihn mittlerweile genügend mögliche Vorwände gegeben, doch er hat sie nicht genutzt. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er es jetzt tut, wenn deutsche Geschosse ein paar Kilometer hinter der russischen Grenze landen.“

Na also, Putin ist, entgegen der Propaganda-Behauptung, kein blutrünstiger Irrer, denn er lasse sogar die von der NATO selbst gelieferten Vorwände für eine weitere Eskalation unbeachtet. Und ganz nebenbei räumt der Spiegel beiläufig ein, dass die NATO derartige Vorwände bereits geliefert hat. Wer also provoziert hier wen? Was ist mit der alarmistischen Drohkulisse, die der deutsche Militär- und Rüstungskomplex vor uns, vor allen im Land lebenden Menschen seit Monaten aufbaut? „Wir werden von einem aggressiven Russland bedroht, die Bedrohung ist real und wir müssen wieder (!) kampffähig sein“, sagte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, am 29. Mai bei einem hochrangigen NATO-Treffen. 

Waffeneinsatz gegen Russlands Territorium: Sind Olaf Scholz und Joe Biden eingeknickt?

Deutschland macht gegen Russland mobil und die Medien bilden die Speerspitze. Die russischen Pipelines aus russischem Stahl, die Deutschland mit Gas versorgt haben, wurden mit Rückendeckung der Medien weggesprengt. Die Pipeline, ein Garant für den friedlichen Handel beider Länder, existiert nicht mehr, dies auch dank der bereitwilligen Mitwirkung der Medien. Nun findet deutscher Stahl den Weg nach Russland, aber er kommt nicht in friedlicher Absicht. Er trägt Sprengstoff in sich, die Energie der Zerstörung. Die Erfahrung mit anderen westlichen Waffen zeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis deutsche Waffen auch Zivilisten im russischen Hinterland töten.

Doch reden wir nicht allein von Deutschland. Die „Waffenwende“ (was für ein stolzes Wort!) von Olaf Scholz ist, wie auch alles Andere, ein Resultat der „Abstimmung mit unseren Verbündeten“ (im Klartext: eines US-Befehls). Denn noch vor sechs Tagen behauptete Scholz höchstpersönlich, er wolle keine Eskalation zulassen. Nun lässt er seinen Sprecher in trockenem Bürokratendeutsch mitteilen, dass die gelieferte Waffen in „Übereinstimmungen mit internationalen rechtlichen Verpflichtungen“ eingesetzt werden. Und erneut ist der Wähler veräppelt und an der Nase herumgeführt worden und hat sich jetzt mit der Tatsache vertraut zu machen, dass sich Deutschland mit Russland im Krieg befindet. 

Und Russland? Was soll’s, ein paar „im Völkerrecht verbriefte“ deutsche Geschosse hinter die russische Grenze sind ja nicht weiter schlimm, das werdet ihr doch aushalten. Macht kein Theater, liebe Russen, wir wissen doch schließlich, wer der Aggressor ist! So stellen sich die Hasardeure in deutschen TV-Studios offenbar die „erwünschte“ Reaktion in Moskau vor. „Die Stimmen derjenigen, die argumentieren, dass Moskau auch dieses Mal den westlichen Ländern keinen direkten militärischen Schaden zufügen wird, werden immer lauter“, stellt der russische Politikwissenschaftler Dmitri Suslow fest und kommt zu dem Schluss, dass diesem Glauben nun endlich ein Ende gesetzt werden muss. Denn diese Logik führe unweigerlich in einen Dritten Weltkrieg. 

„Wenn die weitere Einmischung des Westens in den Konflikt in der Ukraine jetzt nicht gestoppt wird, ist ein umfassender ‚heißer‘ Krieg zwischen Russland und der NATO unvermeidlich. Aufgrund der Überlegenheit der USA und ihrer 31 NATO-Mitglieder auf dem Gebiet der konventionellen Waffen wird dieser Krieg unweigerlich auf die nukleare Ebene übergehen“, schreibt der Experte in einem RT-Gastbeitrag. 

Um diese „katastrophale Entwicklung“ der Ereignisse zu verhindern, sei Moskau gut beraten, die Politik der Abschreckung und Einschüchterung drastisch zu verschärfen.

Dmitri Suslow: Es ist Zeit für Russland, eine Atombombe abzuwerfen

Moskau solle offiziell erklären, dass erstens: im Falle eines Angriffs des russischen Territoriums beispielsweise US-amerikanische Militärstützpunkte überall auf der Welt angegriffen werden; zweitens: dass im Falle eines nichtnuklearen Angriffs der USA/NATO auf russisches Territorium Moskau mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren kann, und zwar in voller Übereinstimmung mit den „Grundsätzen der russischen Staatspolitik auf dem Gebiet der nuklearen Abschreckung“; und drittens: dass es wünschenswert wäre, zusätzlich zu den derzeitigen Übungen für den Einsatz taktischer Waffen auch Übungen für den Einsatz strategischer Nuklearwaffen durchzuführen.

Als letztes Mittel sollte Russland seinen Feinden den atomaren Schrecken vor Augen führen und dafür eine echte Atomexplosion erwägen. Seit dem Jahr 1990 hat Russland dies nicht mehr getan. Die politische und psychologische Wirkung eines Atompilzes, der live auf allen Fernsehkanälen in der Welt übertragen wird, wird den westlichen Politikern und Journalisten hoffentlich jene verloren gegangene Furcht zurückgeben, die Kriege zwischen den Großmächten nach 1945 verhindert hat: die Furcht vor einem Atomkrieg. 

Über die Mittel, seinen bisherigen Warnungen mehr Gewicht zu verleihen, verfügt Moskau also durchaus. Es sollte nur sicherstellen, dass das ZDF, der Spiegel und die übrigen Kriegstreiber ebenso wie der Experte Gressel zu der Vorführung eine Extraeinladung bekommen. Für die Aufklärung jener Ungläubigen sollten in den Zuschauerreihen die besten Plätze bereitgehalten werden!

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.

Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.

Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.





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Von Veritatis

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