Von Kai Rebmann

Seit dem feigen Polizisten-Mord von Mannheim schwappt eine große Welle der Sympathie und Solidarität für die Polizei durch das Land. In den vergangenen Jahren wurden unsere Freunde und Helfer diesem Ruf leider nicht immer und überall gerecht, was auch auf reitschuster.de – dort, wo es notwendig erschien – in aller Deutlichkeit kritisiert wurde. Wie der Senat in Hamburg jetzt aber mit Beamten umgehen will, spottet in einem Rechtsstaat jeder Beschreibung Hohn.

In der vergangenen Woche, nur wenige Tage vor Beginn der Heim-EM, hat der Hamburger Senat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung disziplinarrechtlicher Vorschriften beschlossen. Horst Niens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) spricht von einem „Misstrauensvotum gegen die Polizei“ und erhebt in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe: „Gespräche oder einen Dialog mit den Gewerkschaften hierzu hat es im Vorfeld nicht gegeben. Der Beschluss erfolgte also unmittelbar vor dem Start der Europameisterschaft. Man darf Berufspolitikern unterstellen, dass dieser Zeitpunkt kein Zufall ist.“

Aushöhlung des Rechtsstaats unter dem Deckmantel der EM?

Was der Funktionär damit meint, ist die Verschärfung des Disziplinarrechts. Das bisherige gerichtliche Disziplinarverfahren soll abgeschafft werden, stattdessen soll der Dienstherr der Hamburger Polizisten – der seit Januar 2016 amtierende Innensenator Andy Grote (SPD) – „bei schweren Pflichtverletzungen“ künftig auch die Zurückstufung, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts quasi im Alleingang verfügen können.

Le Bon Sozialismus

Das unausgesprochene, aber dennoch offenkundige Problem dabei: Wer entscheidet, wann eine „schwere Pflichtverletzung“ vorliegt und ein ordentliches Disziplinarverfahren deshalb „ausnahmsweise“ entbehrlich sei?

Sowohl die GdP als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnen den Entwurf rundweg ab. Zur Begründung heißt es: „Die Abschaffung des bisherigen Richtervorbehalts bei schärfsten Disziplinarverfahren würde das Kräfteverhältnis im Disziplinarverfahren einseitig zu Gunsten des Dienstherrn verschieben.“ Dies sei „ein massiver Eingriff“ in die Rechte von Beamten und Versorgungsempfängern.

Doch nicht nur die zumindest in Teilen angestrebte Aushöhlung des Rechtsstaats bringt die Gewerkschaften auf die Barrikaden. Es ist vor allem die Art und Weise, wie das neue Gesetz offenbar im Schatten der Fußball-EM durchgeboxt werden soll, die Horst Niens zu schaffen macht. Der Senat nutze dieses Großereignis, um „ein Misstrauensvotum gegen die Polizei durchzuziehen“. Und weiter: „Die Verschärfung des Disziplinarrechts hat bereits bei der Bundespolizei zu erheblichen Protesten geführt. Das ist auch der Hamburger Sozialdemokratie nicht entgangen. Das will die SPD in Hamburg offensichtlich verhindern.“ Es sei in diesen Tagen zu beobachten, „wie der Senat strategisch seinen Kurs des Misstrauens gegen die Polizei an den Turnierplan anpasst“, so der ranghohe Funktionär.

Hamburger Polizei fühlt sich im Stich gelassen

Der böse Verdacht: Die Gesetzesänderung, sprich die Abschaffung des bisher vorgesehenen Disziplinarverfahrens in bestimmten Fällen, solle möglichst während der EM „eingetütet werden“, ohne dass die Polizisten davon etwas mitbekämen. „Sie kommen während der Europameisterschaft ja nicht aus den Stiefeln, sind auf das Großereignis fokussiert und geben alles für die Sicherheit der Menschen in unserer Stadt“, wie die GdP Hamburg weiter mitteilt.

Horst Niens und seine Kollegen vom Landesvorstand der Gewerkschaft hätten erwartet, dass sich die Politik gerade in dieser mit hohen Belastungen und Überstunden verbundenen Zeit „voll hinter die Polizei“ stellen würde. Doch in Hamburg sei das Gegenteil der Fall und der Senat danke den Polizisten ihren Einsatz nicht.

Immerhin wurde der Entwurf für die geplante Gesetzesänderung den Gewerkschaften zur vorgeschriebenen „beamtenrechtlichen Beteiligung“ vorgelegt. Die GdP Hamburg werde sich in dieses Verfahren „mit aller Kraft“ einbringen und für die Rechte ihrer Mitglieder kämpfen – „auch während der Europameisterschaft“, wie der Landesvorstand abschließend versichert.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Marc Bruxelle/Shutterstock

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