Aus dem Hans-Böckler-Institut, dem Forschungsinstitut des Deutschen Gewerkschaftsbunds dringt die Kunde, dass die Abschaffung von Feiertagen sich nicht negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirke. Mit anderen Worten: Das Mehr an Arbeit für einen Tag, fällt nicht ins Gewicht, weshalb man auch keinen Feiertag abschaffen müsse:
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bei Betrachtung konkreter Veränderungen der Zahl der gesetzlichen Feiertage in Deutschland keine empirische Evidenz für eine positive ökonomische Wirkung der Streichung von Feiertagen gibt. Die Forderung nach einem solchen Schritt zur Wachstumsförderung ist deshalb nicht zielführend.“
Wir widerstehen an dieser Stelle der Verlockung, ein Sandhaufenargument zu machen: Sie wissen schon: Ein Tag weniger Arbeit hat keinen Effekt auf das Wirtschaftswachstum. Ein weiterer EIN Tag kann entsprechend auch keinen Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben und am Ende steht die Erkenntnis, dass man gar nicht arbeiten muss, weil Arbeit keinen Effekt auf das Wirtschaftswachstum hat. Ist ein logisches Problem, das in vielen Zusammenhängen bereits beschrieben wurde.
Interessiert uns an dieser Stelle aber nicht.
Uns interessiert der Nachweis aus dem Hans-Böckler-Institut für die oben aufgestellte Behauptung, aufgestellt von diesen Leuten: Der zugehörige Beitrag trägt den Titel: „Abschaffung von Feiertagen als „Wachstumsbooster“ – Idee ohne robustes empirisches Fundament“ und findet sich hier.
Die Autoren machen sich sechs, wenn man so will, natürliche Experimente zunutze, Abschaffung bzw. Einführung von Feiertagen in einem bestimmten Bundesland oder in mehreren Bundesländern, z.B. die Abschaffung des Buß- und Bettages in allen Bundesländern außer Sachsen 1995, die Einführung und Wiederabschaffung des Reformationstages in manchen Bundesländern 2017 und 2018 und die zunehmend in Mode kommende Einführung ideologischer „Feiertage“ wie dem „Internationalen Frauentag“ 2019 in Berlin, dem Weltkindertag 2019 in Thüringen und dem Internationalen Frauentag 2023 in Mecklenburg-Vorpommern.
Für diese Feiertage untersuchen die Autoren, ob sich ein Effekt auf das Bruttoinlandsprodukt durch Wegfall oder Einführung und im Vergleich des Jahres des Wegfalls bzw. der Einführung und dem Vorjahr aufzeigen lässt. Die Ergebnisse, die sie dabei erzielen, wie auch immer, haben folgendes Aussehen:
Schon erstaunlich, welche kruden Fehler oder Tricks heute angewendet werden, um die eigene vermeintliche ideologische Wahrheit in der Welt als Heil zu verbreiten. Das Vorgehen der beiden „PHD“, ohne Titel und des betitelten Professors ähnelt dem Vorgehen des Hohepriesters, der aus dem ausbleibenden Regen schließt, dass die Anzahl der Menschen, die Tláloc geopfert wurden, zu gering ausgefallen ist.
Die Frage, ob die Einführung oder das Streichen eines Feiertages Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt in einem Bundesland hat, ist KEINE Frage, die man durch VERGLEICH zwischen Bundesländern prüfen kann. Das sollte auch den drei Helden von der Böckler-Stiftung spätestens dann deutlich werden, wenn sie die große Variation zwischen den dargestellten Bundesländern betrachten. Offenkundig kann man nicht annehmen, dass sich eine Eintagsänderung ceteris paribus auf alle Bundesländer gleich auswirkt, einfach deshalb nicht, weil das AUSGANGSNIVEAU der Bundesländer ungleich ist.
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Der einzig mögliche Vergleich, um die Frage zu beantworten, ob und wie sich Wegfall oder Hinzutreten eines Feiertages auf das Bruttoinlandsprodukt besser: die Produktivität in einem Bundesland auswirkt, wäre ein vorher-nachher-Vergleich im jeweiligen Bundesland unter Berücksichtigung der jeweiligen Wirtschaftslage und für einen Zeitraum von mehreren Jahren. Eigentlich eine leichte Übung, so dass man sich fragt, warum die drei von der Böckler-Stiftung sie nicht unternommen haben.
Und wo wir gerade dabei sind: Ob das Bruttoinlandsprodukt ein geeignetes Maß ist, um diese Frage zu klären, ist fraglich. Das Statistische Bundesamt, von dem die drei Autoren der Einfachheit halber die Daten übernommen haben, berechnet das Bruttoinlandsprodukt über drei unterschiedliche Methoden, die – zwangsläufig – unterschiedliche Ergebnisse produzieren, die dann, unter der Annahme, dass eine der drei Methoden den beiden anderen überlegen ist, statistisch geglättet werden …
Die drei Methoden:
Produktionsansatz: BIP = Σ Bruttowertschöpfung + Steuern auf Produkte – Subventionen auf Produkte, wobei die Bruttowertschöpfung als Produktionswert (Marktpreise der produzierten Güter/Dienstleistungen) abzüglich der Vorleistungen (z. B. Rohstoffe) berechnet wird. Der Produktionsansatz stellt die Hauptergebnisse bereit, wird also den beiden anderen Ansätzen übergeordnet.
Die Berechnung basiert auf einer Vielzahle von Datenquellen ganz unterschiedlicher Güte, etwa:
Berechnung des Arbeitnehmerentgelt: Daten aus Lohnsteuer- und Sozialversicherungsstatistiken.
Berechnung des Unternehmens- und Vermögenseinkommen: Gewinne und Kapitalerträge aus Steuerdaten und Unternehmensbilanzen.
Investitionen: Daten zu Bruttoanlageinvestitionen (z. B. Maschinen, Bau) aus Unternehmensberichten;
Privater Konsum: Einzelhandelsumfragen, Verbraucherumfragen und Steuerdaten.
Für den Produktionsansatz wird die Bruttowertschöpfung als Produktionswert, das sind Marktpreise für die produzierten Güte/Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen (Kosten für Halbfertigprodukte, Rohstoffe) berechnet auf Basis von Unternehmensberichten, Produktionsstatistiken, Umsatzsteuerstatistiken, die in der Regel aus vorausgehenden Jahren hochgerechnet werden.
Wenn man das an sich Revue passieren lässt, dann fragt man sich, wie um aller Götter willen soll sich ein Feiertag, einer von 365 Tagen, denn es gibt Unternehmen, die die Produktion nicht abstellen können und deshalb keine Feiertage haben (oder wollen Sie ohne Strom an Weihnachten dasitzen?), ausgerechnet auf das Bruttoinlandsprodukt niederschlagen?
Im Einkommensansatz spielt das Arbeitnehmerentgelt eine der Hauptrollen. Das Arbeitnehmerentgelt wird gemeinhin an Feiertagen und nicht nur bei Tarifvertrag fortgezahlt, lediglich Teilzeitarbeit könnte hier einen Effekt haben, aber eher nicht. Beim Ausgabenansatz ist der private Konsum die treibende Größe, denn Investitionen werden kaum von einem Feiertag mehr oder weniger abhängen und der private Konsum sollte im Zeitalter der Online-Shops an Feiertagen steigen. Beim Hauptansatz der Berechnung des BIP spielen die Preise die herausragende Rolle: Es ist kaum zu erwarten, dass ein Feiertag sich auf die Preise auswirken wird und dass die Regierung Steuern wegen eines Feiertages verändert, dürfte auch nicht der Fall sein.
Dies alles in Rechnung gestellt: Warum rechnen diese Leute mit dem BIP? Wie soll sich nach Ihrer Ansicht ein Feiertag auf das BIP niederschlagen?
Wie wirkt sich ein Feiertag mehr also aus?
In produzierenden Berufen wird er dazu führen, dass die Produktion hinter dem zurückbleibt, was möglich gewesen wäre, sofern der Feiertag überhaupt einen Einfluss auf die Produktion hat, was er in vielen Bereichen der Industrie nicht haben wird. In ganzen tertiären Umfeld, in Verwaltung, bei Banken und Versicherungen, wird ein Tag mehr Urlaub kaum auffallen. Diese Unternehmen und Verwaltungen setzen Gebühren ohnehin nach Lust und Laune fest, so dass ein kleiner Aufschlag hier und da, weit mehr Wirkung auf das BIP hat als ein Tag, an dem ein paar Mausschupser zuhause geblieben sind.
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