Wenn die im Internet benutzte Sprache ein verlässlicher Indikator ist, sind wir psychologisch aufgeklärter denn je. Wir diskutieren über Bindungsmuster wie übers Wetter. Wir machen Scherze über Bewältigungsstrategien. Wir projizieren oder auf uns wird projiziert. Wir meiden „toxische“ Menschen. Wir „katastrophisieren“ und grübeln. Wir diagnostizieren oder werden diagnostiziert: Zwangsstörungen, Depressionen, Angstzustände, ADHS, Narzissmus. Wir setzen Grenzen, brechen sie oder kämpfen darum, sie zu „wahren“. Wir üben uns in Selbstfürsorge. Wir wissen, wie man „Gaslighting“ erkennt. Wir sind mit unserer emotionalen Arbeit im Einklang. Wir werden getriggert. Wir verarbeiten unser Trauma. Wir arbeiten daran.
Die Sprache des Therapieraums ist längst in der Populärkultur angekommen. Übliche Begriffe wie „Unterdrückung“, „Verleugnung“, „Versprecher“, „Hysterie“ und „inneres Kind“ gehen alle auf Freud zurück. Aber seit rund zehn Jahren, in denen die Sozialen Netzwerke sich rasant ausbreiten, liegt der modernen Gesellschaft eine neue, scheinbar gebildete Sprache auf der Zunge. Manche nennen es Therapie-Sprech. Oder Psycho-Jargon. Aber obwohl sie stark gebräuchlich geworden ist, scheiden sich an dieser Sprache die Geister.
Kürzlich löste es große Online-Empörung aus, als die luxemburgische Sängerin Sarah Brady, Ex-Freundin von US-Filmemacher Jonah Hill, von ihm geschickte Nachrichten an sie teilte, in denen er ihr seine „Grenzen“ mitgeteilt hatte (kein „Surfen mit Männern“, keine Freundschaften mit „Frauen, in unsicheren Verhältnissen“ und keine Selfies im Badeanzug). Viele argumentierten, dass er mit seiner selbstherrlichen Sprache den Therapiejargon zur Waffe gemacht habe: Er benutze „Experten“-Begriffe, um zu versuchen, ihr Verhalten zu kontrollieren.
Therapie-Sprech breitet sich über die Sozialen Medien aus
Wenn wir häufig online sind und in den Sozialen Medien in die Welt der Wellness, der Selbsthilfe oder der Beziehungen eintauchen, ist Therapie-Sprech unsere erste Sprache. Algorithmen füttern uns eine unerschöpfliche Quelle von Inhalten zum Thema: Coaches und andere selbst ernannte Experten, die uns beibringen, wie man damit umgeht, getriggert zu werden, wie man einen Narzissten identifiziert, wie man in Beziehungen „für jemanden da ist“ oder eine Grenze setzt. Mit jedem Scrollen erscheint ein neues Tutorial in menschlicher Psychologie. Aber was lernen wir tatsächlich?
„Als menschliche Wesen sind wir Meister darin, uns von schwierigen Aspekten des emotionalen Lebens zu distanzieren“, sagt Psychologe Jonathan Shedler von der University of California in San Francisco. „Eine Möglichkeit, uns zu distanzieren, ist durch Worte. Was wir heute sehen, ist eine Art Pop-Psychologie-Sprache mit Klischees, abstrakten Konzepten und Wendungen, die so ganz anders sind als das, was von Herzen kommt.“
Für Shedler ist das moderne Therapie-Sprech „nicht wirklich das Produkt von Reflexion und Erforschung“. In der Psychotherapie, erklärt er, „bewegen wir uns immer vom Allgemeinen hin zum Spezifischen. Wenn jemand etwas Generelles oder Abstraktes sagt, werden gute Therapeut:innen immer nach Beispielen fragen. Wenn jemand davon erzählt, gestresst zu sein, würden wir etwa fragen: ‚Okay, erzählen Sie mir mehr darüber. Wie haben Sie diesen Stress erlebt?‘ Wenn ein Patient oder eine Patientin Theapie-Jargon benutzt, muss das Ziel der Arbeit sein, sich davon wegzubewegen hin zu etwas, das direkter und gefühlsmäßig lebendiger ist.“
Auf Plattformen wie YouTube, Instagram und TikTok haben diese abstrakten psychologischen Konzepte enorme Aufrufzahlen. Gibt man „Gaslighting“ auf YouTube ein, heißt das Top-Ergebnis „10 Beispiele dafür, wie Gaslighting sich anhört“ und wurde 3,3, Millionen Mal aufgerufen. Suchen Sie auf Instagram nach „getriggert“ und es erscheint eine Flut von Multimedia-Inhalten. Man kann zehn Minuten lang nach unten scrollen und immer weitere Listen, Memes und Video-Blogs angeboten bekommen. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Nutzer:innen die Sprache, die sie online aufsaugen, in ihre alltäglichen Gespräche hineintragen, lässt sich immer noch vorstellen, wie leicht es ins öffentliche Bewusstsein einsickert. Insbesondere unter jungen Leuten, der wichtigsten Nutzer:innengruppe von Plattformen wie TikTok.
Eine Herausforderung für Lehrende
Es lässt sich argumentieren, dass ein erhöhtes Bewusstsein für psychologische Dynamiken und die Fähigkeit, psychische Probleme besser zu erkennen und zu diskutieren, besonders gut für Teenager und junge Erwachsene sind. Vor allem, wenn man das vor dem historischen Hintergrund betrachtet, dass mentale Gesundheit sehr lange stigmatisiert und tabuisiert wurde. Wenn junge Menschen ein offeneres, stärker auf Fakten basierendes Verständnis von psychischer Gesundheit haben, könnte das Leid verringern. Vielleicht hat es sogar einen positiven Effekt auf zukünftige Generationen. Doch die Ausbreitung einer bestimmten Sprache beunruhigt einige Fachleute, die mit jungen Menschen arbeiten.
Kate unterrichtet Biologie in einer weiterführenden Schule in der britischen Stadt Manchester, wo sie seit 15 Jahren arbeitet. Sie hat zehn Jahre Erfahrung als Klassenlehrerin. Die Gespräche, die sie unter Jugendlichen hört, und die Art und Weise, wie diese ihr Probleme schildern, haben sich ihrer Erfahrung nach in den vergangenen fünf Jahren drastisch verändert. „Worte wie ‚getriggert‘, ‚Gaslighting‘ und ‚Narzisst‘ höre ich sehr häufig“, erzählt sie. „Die Jugendlichen benutzen diese Begriffe, um Mitschüler:innen und Lehrer:innen zu beschreiben, wenn sie sich verletzt oder herausgepickt fühlen. Ich musste recherchieren, was Gaslighting genau bedeutet.“
Die erfahrene Lehrerin begegnet den Schwierigkeiten ihrer Schüler:innen mit großem Verständnis. In der Schulzeit könnten sich Probleme in Freundschaften „wie das Ende der Welt anfühlen“. „Man will ernst nehmen, wie die Jugendlichen sich fühlen“, erklärt sie. „Teenager zu sein, ist sehr schwierig. Aber manchmal scheint es, als seien sie auf Worte fixiert, die sie in den sozialen Medien aufgeschnappt haben. Sie setzen sich gegenseitig herab. Manchen fällt es schwer, Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zu übernehmen, weil sie überzeugende Worte wie „getriggert“ haben, die ihre eigenen Gefühle an erste Stelle setzen, über alles Andere.“
Kate wollte unter einem Pseudonym zitiert werden. Sie befürchtete, dass man ihr vorwerfen könnte, den Jugendlichen eine Bewältigungsstrategie nehmen zu wollen, während „die Welt gegen die jungen Leute arbeitet“. Diese Befürchtung ist nachvollziehbar.
Für viele junge Leute ist der Klimawandel eine psychische Belastung. Zudem schaffen Medieneinfluss und Gendernormen weiterhin eine Diskrepanz zwischen ihrer gelebten Realität und den Zielen, die sie sich setzen. (Männer werden weiterhin als unabhängig, emotional stoisch und in Rollen dargestellt, die mit Stärke verbunden werden. Frauen dagegen werden als Kinderbetreuerinnen, Hausfrauen und in Care-Arbeit gezeigt. Wie die jungen Leute sich selbst sehen, passt unter Umständen nicht zu den Bildern, die sie aufsaugen. Das könnte psychische Probleme auslösen oder die Möglichkeiten einschränken, die ein junger Mensch für sich sieht.)
Dazu kommen die Pandemie, soziale Ungleichheit, Sparpolitik und Online-Gewalt. Diese Phänomene haben einen enormen Anstieg psychischer Probleme angetrieben, die im britischen Gesundheitssystem versorgt werden müssten, das am Zusammenbrechen ist. Die Hürden für einen Platz bei eine:r Psycholog:in oder Psychotherapeut:in sind so hoch, dass einige junge Leute keinen bekommen, manchmal mit fatalen Folgen. Es ist ein seltsames Phänomen: Während die Statistik darauf hinweist, dass die psychische Gesundheit der Jugend schlechter wird, stellen die Sozialen Medien eine überzeugende Sprache zur Verfügung, mit der sie durch ihr Leben navigieren können.
Aber viele Therapeut:innen (darunter ich und einige, die ich kenne) bezweifeln, dass der Ausdruckswert von Therapie-Sprech in Wirklichkeit so groß ist. Die Sprache entspricht kaum dem, was Therapie ist; eine individuelle Beziehung zwischen Therapeut:in und Klient:in, mit einem ganz eigenen persönlichen Kontext und ihren Eigenheiten.
Shedler legt bei seiner Argumentation den Fokus auf das Wort „getriggert“. „Für manche Leute ist es sehr schwierig zu sagen; ‚Ich war wütend‘ oder ‚Ich hatte schreckliche Angst‘. Es besteht also bereits eine gewisse Unklarheit darüber, was in ihrem Inneren vorgeht. Ein wichtiges Ziel in der Therapie ist aber zu vermeiden, die belastende Sache im Außen zu verorten. Wann man das ‚Ich wurde getriggert‘ dort belässt, wird die innere Erfahrung fast zweitrangig. In einer guten Therapie versuchen wir, das umzudrehen. Alle unsere Erfahrungen bekommen eine persönliche Bedeutung. Die Arbeit der Therapie besteht darin, diese Schichten zu erforschen.“
Die Psychotherapeut:innen, bei denen ich meine Ausbildung absolvierte oder die meine Supervisoren waren, nutzen nur selten den Therapiejargon, den ich in den Sozialen Medien beobachte. Theorie und Literatur sind die Basis der Arbeit, aber die Gespräche werden in viel einfacherer Sprache geführt, als man denken würde. Wir ermutigen unsere Klient:innen gerade dazu, sich die Freiheit zu nehmen, sich einfach auszudrücken.
Es braucht mehr Langzeittherapie. Doch die bleibt für viele unbezahlbarer Luxus
Meiner Erfahrung nach tendieren manche jüngere Klient:innen zu Worten wie „getriggert“, „Gaslighting”, „Narzissmus“ und weiteren Diagnosen von „Persönlichkeitsstörungen“, die Andere ihrer Überzeugung nach haben. Manchmal scheinen sie dagegen Schwierigkeiten zu haben, Gefühle wie Furcht oder Wut zu benennen. Dabei beeinflussen nicht nur die Sozialen Medien ihre Sprache, sondern auch Dating-Reality-TV-Shows wie Love Island, Love is Blind und Married at First Sight (Hochzeit auf den ersten Blick). (Ich war erstaunt, wie oft der Begriff „Gaslighting“ in der letzten Staffel von Married at First Sight verwendet wurde, einer Serie, die mich mehr beschäftigt hat, als ich eigentlich gerne zugeben würde.)
Es kann lange dauern herauszufinden, was hinter der Nutzung dieser Begriffe steckt, die man als Abwehrmechanismus beschreiben könnte, und die tieferen emotionalen Erfahrungen und wunden Punkte bei einer Person herauszuarbeiten. Dazu muss man ein sicheres Vertrauensverhältnis aufzubauen. Aber oft fehlt dazu die Zeit.
Sehr viele Menschen können sich eine Langzeittherapie nicht leisten. Wenn man in Großbritannien Therapie nicht privat bezahlen kann, ist man bei psychischen Problemen auf die öffentliche Gesundheitsversorgung NHS angewiesen. Das bedeutet häufig, dass die Versorgung von einer Lotterie der Postleitzahlen bestimmt und auf sechs bis acht Sitzungen beschränkt ist. Für manche Leute kann eine kurze Therapiearbeit durchaus effektiv und sinnvoll sein. Tiefgehende Therapie bleibt aber für viele ein Luxus. Das könnte auch erklären, warum der Beichtcharakter der Therapiesprache manche Leute wütend macht. Manch einer mag es als Anmaßung empfinden: als schwängen sich Leute aus der weißen Mittelschicht zum Torwächter über die Definition von Leiden auf; Leute, die – relativ betrachtet – am wenigsten zu leiden haben.
Das erinnert mich an einen Twitter-Thread aus dem Jahr 2019, in dem jemand eine Blaupause dafür anbot, wie man eine:r Freund:in in Not antworten könnte, wenn man sich nicht in der Lage fühlt zu helfen. Der Vorschlag ging so: „Hey! Ich bin so froh, dass du dich an mich gewandt hast. Ich bin gerade total ausgelastet/helfe gerade jemand Anderem, der in der Krise steckt/ habe gerade mit einigen persönlichen Dingen zu tun, und glaube nicht, dass ich dir angemessen Raum einräumen kann. Können wir stattdessen [später oder an einem konkreten Datum] sprechen?/Hast du jemand Anderes, an den du dich wenden könntest?“ Über die Wortwahl wurde sich weithin lustig gemacht, da viele Leute erkannten, wie mit allen Mitteln versucht wird, eine:n Freund:in in Not abzuwimmeln.
Laut Shedler ist der Therapiejargon, mit dem wir online gesättigt werden, besonders zerstörerisch: „Er entfremdet uns von unserer inneren Erfahrung, während er vorgibt, das Gegenteil zu tun“, erklärt er. Man könnte sagen, dass der Jargon den Menschen hilft, psychologisch viel aufmerksamer zu werden. Aber er ist der Meinung, „dass er in Wirklichkeit das Gegenteil bewirkt“. Wahrscheinlich stimmt es, dass es wenig Raum für Selbsterkenntnis oder Verantwortungsübernahme gibt, wenn wir schnell dabei sind, anderen vorzuwerfen, dass sie uns mit Äußerungen, mit denen wir nicht einverstanden sind, als verrückt darzustellen versuchen. (Ursprünglich stammt der Begriff aus einem Film aus den 1940er Jahren nicht aus der Psychologie). Oder wenn wir die Austragung von Konflikten mit „Missbrauch“ verwechseln.
Therapie-Sprech verwässert psychotherapeutische Begriffe
Ich habe meine Meinung zur gelegentlichen Nutzung von Therapie-Sprech schon viele Male geändert. Noch immer weiß ich nicht genau, was ich dazu denke, außer dass ich viel darüber nachdenke. Ich habe früher für eine Wohltätigkeitsorganisation, die Therapie für Opfer häuslicher und sexueller Gewalt anbietet, gearbeitet. Viele meiner Klient:innen haben mit den Auswirkungen der Sparmaßnahmen und demSozialleistungssystem zu kämpfen, während sie gleichzeitig mit chronischen Gesundheitsproblemen leben, die ihre emotionale Not noch verstärken. Daher sträubte ich mich gegen die alltägliche Verwendung des Begriffs „Trauma“. Nachdem ich die verheerenden Folgen von Alkoholsucht miterlebt hatte, hatte ich auch etwas gegen prägnante Alkohol-Memes im Internet. Ich beobachte zudem, dass die Leute weiter dazu neigen, ihre psychische Notlage eher zu verharmlosen als sie zu übertreiben.
Ich habe auch ein anhaltendes Problem mit der weitverbreiteten Verwendung von „Trigger“ (deutsch: Auslöser, einem Konzept, das aus der Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung, PTSD, stammt) sowie dem zunehmenden kulturellen Verständnis, dass wir möglichst ganz vermeiden sollten, „getriggert“ zu werden. Das steht im Gegensatz zum besten belegten Ansatz der Traumatherapie: jemandem langsam und behutsam zu helfen, sein Unbehagen zu ertragen, indem er sich seinen Gefühlen verstärkt aussetzt, sowohl im Raum mit eine:r Therapeut:in als auch in der Außenwelt.
Während ich das alles aufschreibe, denke ich aber auch: Wieso glaube ich, das Recht zu haben, Passkontrolle zu spielen und eine bestimmte Nutzung von Wörtern durchzuwinken oder auch nicht? Die Sprache der Heilung oder des Überlebens sieht für jeden anders aus. Die Sache ist komplex.
Zweifellos spielen die Sozialen Medien eine Rolle dabei, menschliche Gefühle in saubere, zum Teilen geeignete Begriffe zu packen. Wir werden ermutigt, Freunde, Familienangehörige oder Geliebte mit einem Vokabular zu pathologisieren, das Nuancen und Zusammenhänge ausblendet. Das steht wahrscheinlich tatsächlich dem „Sprechen von Herzen“, von dem Shedler spricht, im Wege. Es könnte uns immerhin helfen, uns mächtiger zu fühlen, wenn wir verletzt werden oder Angst haben. Aber was passiert dann mit dem Schmerz und der Angst, sobald wir jemanden in eine Schublade gesteckt haben? Wo gehen sie hin?
Die Verbreitung dieser Sprechweise trifft einen Nerv
Ich bin auch nicht sicher, wie ich zu einigen der anderen Begrifflichkeiten stehe. Wenn jemand sich durch die Pandemie traumatisiert fühlt – sei es durch die Isolierung, die Versorgung sterbender Menschen, den Verlust geliebter Menschen, finanziellen Ruin oder Long Covid –, ist das nicht berechtigt? Es gibt noch viele weitere Beispiele: Ein Jugendlicher hat damit zu kämpfen, dass seine Eltern es sich kaum leisten können, ausreichend Essen für die Familie zu kaufen, oder junge Leute haben Probleme mit ihrer Identität in einer Welt, die dem feindlich gegenübersteht, was sie sein wollen. Könnte ihnen in diesen Fällen die Aneignung von Therapie-Sprech nicht das Gefühl geben, mehr Macht über das eigene Schicksal zu haben?
Eine gute Therapieerfahrung kann Menschen aufblühen lassen. Viele von uns haben auch Schwierigkeiten, sich einer solchen Erfahrung zu stellen. Aber die Ideen aus der Welt der Therapie werden weiterhin als die „richtige“ Art und Weise des Seins angesehen, in unserem Innern und im Umgang mit Anderen. Therapiejargon mag nervig und ermüdend sein sowie dem authentischen Ausdruck von Gefühlen im Wege stehen. Vielleicht sogar mit schädlichen Folgen. Aber er ist so weitverbreitet, dass man ihm mehr als nur Misstrauen entgegenbringen sollte.
Vielleicht trifft die Ausbreitung dieser Sprache ja einen Nerv, einen kollektiven Hunger nach einem Rahmenwerk, das uns hilft, über unsere Existenz in der modernen Gesellschaft zu sprechen? Gemeint ist der Versuch, sich innerlich ruhig, sinnvoll und verbunden zu fühlen, während viele strukturelle Belastungen zusammenkommen und das Leben immer schwieriger erscheinen lassen. Dafür gibt es keine klare Lösung, außer die Welt lebenswerter zu machen. Therapeut:innen könnten das allerdings als „Magisches Denken“ bezeichnen.