Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, heißt es. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich für seinen dreitägigen Amtsbesuch in der Türkei Anfang dieser Woche etwas besonders Cleveres ausgedacht: einen gefrorenen Dönerspieß als Gastgeschenk. Begleiten darf ihn dabei der Imbissbetreiber Arif Keleş, der schon die Spieler der deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit seinem Snack am Hisar-Grill in Berlin-Kreuzberg verköstigen durfte.

60 Kilo gefrorenes Hackfleisch stehen nun also für die deutsch-türkischen Verhältnisse, die in den letzten Jahren merklich gelitten haben. Angefangen beim EU-Türkei-Deal 2016 bis hin zu einer, diplomatisch ausgedrückt, gänzlich unterschiedlichen Auffassung von Pressefreiheit, die unter anderem in einer fast einjährigen Haft eines deutschen Journalisten gipfelte. Aber darüber wird man wohl nur am Rande reden. Vor allem wolle man sich mit dem Staatsbesuch auf die Leistung der türkischstämmigen Einwanderer*innen und des deutsch-türkischen Austausches in Kunst und Kultur konzentrieren, erst am Mittwoch treffen Bundespräsident und der türkische Präsident aufeinander.

Die Beziehungen sind nicht mehr ganz tiefgefroren. In den letzten zwei Jahren arrangiert sich Deutschland und Europa seit dem Angriffskrieg in der Ukraine mit dem Land am Bosporus und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der sich nicht nur zwischen der Ukraine und Russland in der Vermittlerrolle sieht, sondern auch bei den Verhandlungen zwischen Israel und Hamas immer wieder in die Vermittlerrolle schlüpft, und diese, wenn Qatar sich als Vermittlerin zurückziehen sollte, übernehmen wird.

Der Döner als Symbol für deutsch-türkische Beziehungen

Aber erst einmal wird wohl der Grill angeschmissen und gefeiert, nämlich das hundertjährige Jubiläum der Aufnahme der deutsch-türkischen Beziehungen. Denn, so ließ der deutsche Bundespräsident verlauten, sei der Döner ja schließlich „deutsches Nationalessen“, populär geworden mit den ersten türkischen Migrant*innen, die nach dem Gastarbeiterabkommen 1961 ins Land strömten. Mit dem Drehspieß wolle man „die Lebensgeschichten und Lebensleistungen von mittlerweile vier Generationen türkischer Einwanderer“ würdigen.

Dass nun ausgerechnet der Döner als Symbol für diese Lebensleistung herhalten muss, schmeckt vielleicht der hiesigen Dönerindustrie, doch den türkischstämmigen Migrant*innen und ihren Nachfahren wird diese Stereotypisierung ihrer Leistung bitter aufstoßen: Der Coup, der der Presseabteilung des Bundespräsidialamtes mit dem Döner-Geschenk gelungen ist, wird auf dem Rücken der hiesigen Türkeistämmigen ausgefochten. Wenn einem in Deutschland bei Türkeistämmigen als erstes der Dönermann einfällt, dann muss man es so deutlich sagen: Diese Rechnung geht schon längst nicht mehr auf.

Der Wunsch, dass der Döner bleibt, wo er ist, nämlich in den Imbissen des Landes und dafür handfeste Politik gemacht wird, die die Themen Pressefreiheit und Demokratie nicht nebenbei abhandelt und die Verbesserung der Beziehungen abzielt, sie wurde mit dieser Geste von vornherein konterkariert. Am Ende bleibt von diesem Besuch: einmal alles mit viel Soße, die die Probleme in diesem Land und in der Türkei herrlich übertüncht und der Lächerlichkeit preisgibt. Das Presseteam des Bundespräsidialamtes kann sich auf die Schultern klopfen.



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Von Veritatis

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