In den USA bricht der Kinofilm „Minecraft“ Rekorde und bringt die Gen Z wieder vor die große Leinwand. Unsere Autorin musste, wegen der FSK, ohne ihr Kind ins Kino radeln. Der Film beschwört Kreativität, aber ist da was dran?


Angriff der eckigen Herrscher-Schweine – der Piglins

Foto: Courtesy Warner Bros. Pictures


Neulich kam das Kind mit schlechten Nachrichten aus der Kita. „Leons Mama sagt, der Minecraft-Film ist ab 12!“ Mit Zahlen kennen sie sich in der Vorschulgruppe gut genug aus, um zu wissen, dass der Abstand zwischen 5 und 12 Jahren so groß ist, dass die Chancen auf einen Kinobesuch auf Null sinken. Die FSK kann froh sein, dass ihr die helle Empörung 5-Jähriger erspart bleibt, wenn sie ihre Urteile über Altersfreigaben fällt.

Warum Kinder sich für einen Film über ein Computerspiel interessieren, das sie noch nie gespielt haben, ist relativ einfach zu erklären und hat ähnlich bei Star Wars funktioniert. Es gibt eine breite Palette an Minecraft-Bausätzen von Lego und das dazugehörige Magazin, dem wiederum Lego-Figuren als Gimmick beiliegen.

Ich kann wirklich niemandem empfehlen, mit so einem Heft eine sechsstündige Zugfahrt zu bestreiten. Seither gehören zu unserem Haushalt eine Art viereckiges Mammut (böse), ein Netherit-Ritter (dito) und ein Magmablock, aber die Geschichten in diesen Heften sind sagenhaft schlicht.

Wer aufmuckt, wird zum Schweinskotelett

Wie aus diesen Storys ein Filmplot entstehen könnte, war mir so rätselhaft, dass ich mit dem Gefühl, eine miese Verräterin zu sein, Samstagvormittag alleine zum Multiplex-Kino radelte. Der Plot sah dann so aus: Jack Black ist ein gelangweilter Büroheini namens Steve aus einer Kleinstadt in Wyoming, der wie ein gealtertes Update des Aushilfslehrers aussieht, den Jack Black vor über 20 Jahren in School of Rock gab.

Gleiche Frise, gleiche Mimik. Steve landet in der Minecraft-Welt, baut ein bisschen in der satt-grünen Oberwelt herum, schließt Freundschaft mit einem eckigen Wolfshund, öffnet dann aus Versehen das Portal zur düsteren Unterwelt Nether, die von Piglins beherrscht wird, eckigen Schweinen, und ihrer Anführerin, der eckigen Schweine-Hexe Malgosha, die mal bei Nether sucht den Superstar gedemütigt wurde und seither jede Form von Kreativität unterdrückt. Wer aufmuckt, wird binnen Millisekunden zum Schweinskotelett.

Draußen in Wyoming findet sich derweil die typische Außenseiter-Support-Gruppe: Zwei verwaiste Kids, er Schüler, sie die neue Social-Media-Beraterin der örtlichen Kartoffelchips-fabrik, beider Immobilienmaklerin, die eigentlich Tierpflegerin mit sieben Nebenjobs ist, und Garrett „The Garbage Man“ Garrison, Gamer des Jahres 1989, von Jason Mamoa als bärtiger Eddie-van-Halen-Verschnitt auf Proteinshakes verkörpert.

In der Mine wird dann oft und lange gekämpft – mit reitenden Skeletten, fliegenden Schweinen, jammernden Zombie-Kids –, aber erstaunlich wenig gebaut. Und wenn gebaut wird, dann eigentlich nur neue Waffensysteme, Munition und Kampfroboter.

Der Minecraft-Film endet in einer Bromance

Die ständig beschworene Kreativität bleibt reine Behauptung. Kein Problem wird architektonisch gelöst, kein Bedürfnis dergestalt gestillt, so gar nichts Spektakuläres entsteht. Als die Schweine besiegt sind, fragt Steve am Portal zur echten Welt dann trotzdem: „Wollt ihr wirklich zurück? In eine Welt voller Zwänge, Vorurteile und Widersprüche?“

Dass die Minecraft-Welt komplett davon beherrscht ist, kann einem Mann aber schon mal entgehen, der ein Dorf mit freundlichen vegetarischen Bauern erschaffen hat und ihnen als große Attraktion eine Bude auf den Marktplatz pflanzt, in der Hühner von Magmawürfeln sekundenschnell zu Broilern gegart werden.

Der Minecraft-Film endet dann mit zwei Bros – Jack Black und der Garbage Man –, die vor jubelnden Schüler:innen rocken. Ich kann mich bei der FSK nur dafür bedanken, dass ich dem Kind diesen Plot-Twist nicht erklären muss.



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Von Veritatis

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