Der Machtkampf im BSW spitzt sich weiter zu. Bevor der Landesverband der Partei in Thüringen am 26. April zusammenkommt, um sein Führungspersonal zu wählen, verdichten sich die Anzeichen, dass Sahra Wagenknecht die Wiederwahl der amtierenden Landesvorsitzenden, Katja Wolf, verhindern möchte – doch sie wehrt sich. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Parteichef in Thüringen, Steffen Schütz, kündigte Wolf am Dienstag an, erneut für den Vorsitz kandidieren zu wollen.
Wagenknecht zeigte sich am Mittwoch gegenüber dem Stern überrascht. „Ich war davon ausgegangen, dass es in Thüringen längst Konsens war, Partei- und Regierungsamt zu trennen, was ja auch sinnvoll ist“, meinte die Namensgeberin des Bündnisses. Wolf ist derzeit Finanzministerin, während Schütz das Ministerium für Digitales und Infrastruktur leitet.
„Ich würde nicht kandidieren, wenn ich das Gefühl habe, die Partei entwickelt sich inhaltlich in eine ganz, ganz andere Richtung als eine, für die ich stehen könnte“, hatte Wolf noch zuvor verkündet. Dabei gibt es um ebenjene Entwicklung Streit. Die BSW-Politikerin war im Januar 2024 von der Partei Die Linke zum BSW gewechselt und hatte einen steilen Aufstieg hingelegt.
Doch bereits in den Verhandlungen nach der Landtagswahl im September zeigte sich, dass Wolf bei der Regierungsbildung eher zu Zugeständnissen an CDU und SPD bereit ist, als die BSW-Parteilinie stoisch durchzuziehen. Wagenknecht schaltete sich damals ein, wollte eine „Friedenspräambel“ im Koalitionsvertrag vereinbart haben, die unter anderem auf die diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts drängen sollte.
Und auch jetzt möchte Wagenknecht möglicherweise intervenieren. Am vergangenen Wochenende hatten sich vier Unterstützer der Parteichefin als Gegenkandidaten ins Spiel gebracht. Die Landtagsabgeordnete Anke Wirsing möchte gemeinsam mit Matthias Bickel, der keiner parlamentarischen Tätigkeit nachgeht, kandidieren – und wird dabei vom Bundesvorstand unterstützt.
Das sorgte für Verwunderung bei Wolf und Schütz. Beide machen sich schon länger für einen autonomen Landesverband stark – vor allem bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Dies geschieht derzeit äußerst exklusiv, der Bundesvorstand sucht sich praktisch aus, wer in die Partei eintreten darf. Diese Methode müsse reformiert werden, fordern die beiden Landesvorsitzenden, um eigenständig Mitglieder aufnehmen zu können.
Denn derzeit kann Wagenknecht den Landesvertretern mehr oder weniger diktieren, wer aufgenommen werden muss und wer nicht – was dazu führen kann, dass vor allem der Parteichefin wohlgesonnene Kandidaten angenommen werden. Bereits im Herbst soll der Bundesvorstand etwa 30 Mitglieder in den Landesverband eingeschleust haben, die als Anhänger von Wagenknecht gelten – andere Mitglieder sollen abgelehnt worden sein.
Bei der Abstimmung über den Regierungsbeitritt im Dezember stimmten dann bereits etwa 25 Prozent gegen die Brombeer-Koalition – ein erstaunlich hoher Wert für eine Partei, die mit 15,8 Prozent ein gelungenes Debüt bei der Landtagswahl gefeiert hatte. Bereits in den vergangenen Wochen hatte der Stern über einige Befürchtungen aus der Partei berichtet, wonach vor dem Landesparteitag erneut Mitglieder eingeschleust werden könnten, um ein neues Führungsduo zu wählen oder gar den Ausstieg aus der Landesregierung zu beschließen (Apollo News berichtete).
Darauf deuten indirekt auch Wagenknechts Äußerungen vom Mittwoch hin. „Wir werden in Zukunft sehr viel mehr Mitglieder aufnehmen“, erklärte die Parteichefin und begründete damit ihre Forderung nach einem neuen Spitzenduo in Thüringen: „Auch deshalb braucht es Vorsitzende, die sich auf den Parteiaufbau konzentrieren können“ – dann vermutlich auf Parteilinie.
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