Am 12. Mai ist Tag der Pflege. Die Missstände sind bekannt, Pflegende aus dem Ausland werden doppelt diskriminiert, der Koalitionsvertrag ein Totalausfall. Dabei gibt es – siehe Burgenland – auch Lösungen. Setzt Nina Warken ein Zeichen?


Am „Tag der Pflege“ stehen sie ausnahmsweise einmal im medialen Rampenlicht

Foto: Philipp von Ditfurth/picture alliance/dpa


Sie sind die unsichtbaren Heldinnen des Alltags, weibliche Form, denn es handelt sich immer noch in der übergroßen Zahl um Frauen. Sie pflegen alte Eltern oder ein Kind mit Behinderung, arbeiten im Schichtdienst in Heimen und Krankenhäusern, flitzen als ambulante Pflegekräfte von einer Anlaufstelle zur anderen. Und sie werden wenig gewürdigt, die knapp fünf Millionen weitgehend unbezahlten pflegenden Angehörigen noch weniger als die 1,72 Millionen beruflich Pflegenden. Die Zahl der Letzteren ist in den vergangenen zehn Jahren um fast ein Viertel gestiegen, denn der Bedarf wird immer größer.

Am 12. Mai werden sie alle zum Internationalen Tag der Pflege einmal im Jahr medial sichtbar, Anlass für Sozial- und Berufsverbände, auf die Lage der Pflege hinzuweisen. Alles sattsam bekannt. Geringes Prestige und Überlastung, Fachkräftemangel und eine älter werdende Bevölkerung, die zunehmend mehr auf Hilfe angewiesen sein wird. In der Aufnahme des Krankenhauses, in dem ich kürzlich lag, steht ein Schild, auf dem es sinngemäß heißt: Seien Sie nett zu unserem medizinischen Fach- und Pflegepersonal, es ist schwerer zu bekommen als Patienten. Und in der Tat, die Warteschlange übte sich in Geduld.

Der Deutsche Berufsverband der Pflegeberufe hat gerade eine Umfrage veröffentlicht mit dem Titel „Pflege, wie geht es dir?“ Dieses Jahr fokussierte sie die Situation der Pflegenden aus dem Ausland, die inzwischen überwiegend, so das Ergebnis, in internationalen Teams arbeiten. 77 Prozent der Befragten geben an, dass sie hierzulande weniger Befugnisse haben als in ihrem Herkunftsland, die Anerkennungsverfahren dauern ewig. Dazu kommen Rassismus und Diskriminierung, 82 Prozent sagen, dass ihre Kompetenz angezweifelt wird, 53 Prozent erleben rassistische Beleidigungen, 56 Prozent sogar körperliche Übergriffe. Wenn man bedenkt, dass der Pflegekräftebedarf in den vergangenen drei Jahren fast ausschließlich aus dem Ausland gedeckt wird, ist das eine katastrophale Bilanz.

Burgenland macht es vor: Pflegende Angehörige wie Angestellte bezahlen!

Immerhin hat sich die finanzielle Situation der Pflegenden durch den Mindestlohn verbessert: Vollzeitbeschäftigte verdienen derzeit durchschnittlich rund 4.000 Euro brutto, ohne Sonderzahlungen, in der Altenpflege sogar rund 200 Euro mehr. Gemessen am Pflegegeld für pflegende Angehörige ist das viel. Selbst im höchsten Pflegegrad 5, da geht es um Menschen mit extrem hohem und kräftezehrendem Pflegebedarf, erhalten sie seit 2025 gerade einmal 990 Euro. Einen anderen und innovativen Weg geht das österreichische Burgenland mit einem Anstellungsmodell für pflegende Angehörige, das auf dem Mindestlohn basiert. Bei einer 30-Stunden-Woche (Pflegegrad 4) erhalten sie als Angestellte rund 1.800 Euro netto und sind voll sozialversichert.

Davon ist im Koalitionsvertrag aber ebenso wenig die Rede wie von einer Pflegevollversicherung, die die SPD noch im Programm hatte angesichts immer weiter steigender Eigenanteile in der Heimpflege. Die Sozialversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige werden, obwohl es sich um versicherungsfremde Leistungen handelt, immer noch auf die Sozialkassen abgewälzt. Aber obwohl die Hütte brennt in der Pflege, ist den Koalitionär:innen in ihrem Koalitionsvertrag das Thema nicht einmal eine Seite wert. Sie delegieren es an eine Kommission, wie sie schon aus früheren Legislaturperioden bekannt sind und vor allem eines bedeutet: Aufschieben. Der Arbeitsauftrag ist gewaltig und die Deadline, 2025, unrealistisch.

Den betroffenen Menschen in Deutschland brennt es aber unter den Nägeln. 145.000 Unterschriften haben die Sozialverbände für die Petition „Mach dich stark für die Pflege“ gesammelt. Sie soll am 12.5. der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken übergeben werden. Angefragt, heißt es in der Pressemitteilung. Ob sie versteht, dass das ihre erste Chance wäre, ein Zeichen zu setzen?



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Von Veritatis

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