Wenn es ein Lehrbuchbeispiel dafür gibt, wie man aus der Geschichte nichts lernt, dann wurde es soeben auf dem Parteitag der Linken geschrieben – der Partei, die nach eigenem Bekunden rechtsidentisch ist mit der DDR-Diktaturpartei SED. Die sich seit Jahrzehnten als moralische Instanz der deutschen Linken ausgibt und sich dabei nie von ihrem blutigen Erbe distanzierte – offenbar aus Angst, sich damit den Zugang zu den SED-Milliarden abzuschneiden.

Die Delegierten beschlossen mit großer Mehrheit, Boykottaufrufe gegen Israel nicht mehr als antisemitisch einzustufen. Mit anderen Worten: Was einst mit „Kauft nicht bei Juden“ begann, soll heute – politisch korrekt verpackt – kein Antisemitismus mehr sein.

Man muss das mehrmals lesen, um es zu begreifen. Und auch dann bleibt ein schaler Beigeschmack: Die Partei, die sich moralisch ständig selbst aufs Podest hebt, will antisemitische Ausgrenzung offenbar akzeptieren – solange sie sich gegen den Staat Israel richtet.

Konkret geht es um eine Passage im neuen Beschluss, in der Boykottaufrufe wie BDS („Boycott, Divestment and Sanctions“) ausdrücklich nicht als antisemitisch gewertet werden – „sofern sie sich nicht gegen Jüdinnen und Juden als solche richten“. Eine Formulierung, die vertraut klingt: Man habe ja „nichts gegen Juden – nur gegen die israelische Politik“.

Aber gegen wen richtet sich ein wirtschaftlicher Boykott, wenn nicht gegen den einzigen jüdischen Staat der Welt – und damit gegen all Juden, die dort leben, ja gegen all jene, für die er kulturell, historisch und emotional von zentraler Bedeutung ist? Einen gezielten Angriff auf Israel als jüdischen Staat zur reinen „Politikkritik“ umzudeuten, ist eine gefährliche Spitzfindigkeit. Es geht hier nicht um Debatten über Regierungshandeln, sondern um eine Delegitimierung, die exakt dort andockt, wo Antisemitismus seit jeher seinen Resonanzraum findet.

Der Zentralrat der Juden spricht deshalb von einem „skandalösen Akt der Geschichtsvergessenheit“. Und erinnert daran, dass wirtschaftliche Ausgrenzung – wie der Boykott jüdischer Geschäfte in den 1930er-Jahren – oft der erste Schritt war, um Diskriminierung gesellschaftsfähig zu machen. Das sollte man zumindest bedenken, bevor man sich vorschnell auf die vermeintlich moralisch überlegene Seite schlägt.

Die Linke hingegen verteidigt den Beschluss. In ihren Reihen gilt Israel zunehmend als Symbol eines „kolonialistischen Westens“, gegen den man sich moralisch positionieren kann. Dass dabei antisemitische Denkmuster wieder salonfähig werden – kaum ein Thema auf dem Parteitag.

Viele Menschen, auch unter meinen Lesern, kritisieren die israelische Regierung – teils hart, teils aus ehrlicher Sorge um die Rechte der Palästinenser. Diese Kritik ist legitim. Sie muss in einer freien Gesellschaft möglich sein – und sie ist es auch. Aber genau deshalb braucht es eine scharfe Trennlinie: Zwischen Kritik an einer Regierung und pauschaler Ausgrenzung eines Staates, der für viele Juden weltweit mehr ist als nur ein politisches Gebilde.

Wer Israel wirtschaftlich isolieren will, wer mit doppelten Maßstäben misst und nur dort Boykotte fordert, wo jüdische Symbole im Spiel sind – der betreibt eben nicht mehr bloß Kritik. Sondern bedient jahrhundertealte Muster. Und sei es aus Unwissen. Deshalb ist es so wichtig, hier präzise zu unterscheiden – gerade wenn man wirklich für Frieden einstehen will.

Umso auffälliger ist, dass dieselben Kreise nie Boykottaufrufe gegen Länder wie China starten – trotz der brutalen Repression in Tibet, der Unterdrückung der Uiguren oder der Gleichschaltung Hongkongs. Gegen Saudi-Arabien, den Iran oder Venezuela ruft niemand zum Boykott auf – obwohl sie systematisch Minderheiten verfolgen, Journalisten einkerkern oder Frauen entrechten. Der moralische Zeigefinger zeigt auffallend oft nur in eine Richtung – dorthin, wo jüdische Symbole sichtbar sind.

Die Ironie dabei: Während die Linke bei jeder gefühlten Diskriminierung Alarm schlägt, ist der Boykott jüdischer Produkte für sie plötzlich kein Problem – solange es um Israel geht.  Es ist eine doppelte Moral – und ein gefährliches Spiel mit sprachlichen Grauzonen.

Wo bleibt der Aufschrei? Wo die mediale Einordnung, der breite Widerspruch? Stellen Sie sich vor, eine konservative Partei hätte gefordert, Auschwitz als „irrelevant für heutige Debatten“ einzustufen. Die Empörung wäre grenzenlos. Wenn es aber gegen Israel geht, scheint plötzlich alles erlaubt – solange man sich „nur“ auf Menschenrechte beruft.

Vielleicht liegt genau darin die Tragik: Dass Antisemitismus nicht verschwunden ist, sondern nur seine Maske gewechselt hat. Früher trug er Stiefel – heute trägt er das Banner der Menschenrechte. Und ist damit für viele kaum noch zu erkennen.

Denn niemand will als Feind der Menschenrechte dastehen. Aber was, wenn ausgerechnet deren Missbrauch wieder dazu führt, dass Juden ausgegrenzt werden?

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Von Veritatis

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