Am Dienstag, 13. Mai, ging der diesjährige Wirtschaftstag des CDU-Wirtschaftsrats im JW Marriott in Berlin zu Ende. Spitzenkräfte aus Politik und Wirtschaft hatten sich versammelt, um mögliche Wege aus der Krise des Standorts Deutschland zu erörtern. Als prominenteste Rednerin hat sich dabei auch Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche an die versammelten Teilnehmer gewandt.

Mit Reiche übernimmt erstmals seit 2021 wieder die CDU das Amt – ihr Amtsvorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte erst kurz zuvor in seiner Frühjahrsprojektion ein düsteres Bild gezeichnet. Demnach sei auch im laufenden Jahr nicht mit einem Wirtschaftswachstum in Deutschland zu rechnen. Damit hatte Habeck sogar die mit 0,3 Prozent ohnehin verhaltene Prognose für 2025 vom Beginn des Jahres noch weiter heruntergeschraubt.

Reiche fordert wirtschaftspolitischen Neustart und marktwirtschaftliche Impulse

Einig waren sich die Teilnehmer über die Notwendigkeit eines „wirtschaftspolitischen Neustarts“. Die Rede war von einer „Ermöglichungs- statt Verhinderungs- und Verbotsmentalität“. Der Wirtschaftstag, so die Erwartungshaltung, solle „kraftvolle Impulse“ in Richtung einer „Rückbesinnung auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft“ aussenden.

Katherina Reiche selbst wiederholte ihr Bekenntnis, das sie bereits im Rahmen des Ludwig-Erhard-Gipfels vom vergangenen Freitag am Tegernsee abgegeben hatte. Dieses lautet: Die Krise sei „made in Germany“, deshalb müsse auch die Lösung in Deutschland selbst erfolgen. Auch Habeck hatte im Rahmen seiner Frühjahrsprognose erklärt, dass viele der strukturellen Probleme des Landes hausgemacht seien – und nicht allein am Ukrainekrieg liegen.

Anders als Habeck deutete Reiche jedoch an, dass dies auch an der Umsetzung der Energiewende liege. Man habe den Klimaschutz, so die Ministerin, „möglicherweise überbetont“. Eine ausschließlich aus erneuerbaren Energien gespeiste Stromversorgung garantiere noch keine günstigen Preise. Vor allem nicht für energieintensive Unternehmen.

Gaskraftwerke, Strompreise, Netzausbau: Versorgungssicherheit in Gefahr

Aus diesem Grund sei es dringend angezeigt, die im Koalitionsvertrag verankerten Projekte für Kapazitäten von mindestens 20 Gigawatt an Gaskraftwerken auszuschreiben. Dies müsse bereits kurzfristig geschehen. Andernfalls sei die Versorgungssicherheit in Zeiten nicht zu gewährleisten, in denen Wind und Sonne nicht ausreichend Strom liefern.

Reiche trat zudem dafür ein, die Produktionsbedingungen für Gas im Inland zu verbessern. Dazu müssten langfristige Gaslieferverträge kommen. Die Ministerin erneuerte auch ihre Forderung nach einem „Realitätscheck“ für die Energiewende. Sie kündigte ein Monitoring an, das helfen werde, Systemkosten und Risiken sichtbar und transparent zu machen.

Das bedeute auch Kostentransparenz bezüglich des Netzausbaus und der Reservekraftwerke. Dies alles sei ein entscheidender Schritt hin zu einer ehrlichen Bestandaufnahme über den Stand der Energiewende.

CCS-Technologien: Reiche setzt auf CO₂-Speicherung statt Verbote

Die Ministerin kündigte auch an, Technologieoffenheit zu ihrem Credo machen zu wollen. Es seien 2025 zweifellos noch nicht alle möglichen Lösungsansätze zur Erreichung der Klimaneutralität verfügbar. Deshalb sei es aber auch notwendig, für mögliche neue Ansätze offen zu bleiben.

Technologien wie die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS/CCU) sollen zum Einsatz kommen, um nicht vermeidbare Emissionen von Industrie und Gaskraftwerken nutzbar zu machen. Im Jahr 2023 sprach ein Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums selbst davon, dass dies einen Schlüsselfaktor zur Erreichung der Klimaneutralität darstellen könne – und berief sich dabei auf den Weltklimarat.

Bis zum Jahr 2045 könnten dem Bericht zufolge in Deutschland bis zu 73 Millionen Tonnen CO₂ abgeschieden werden. Diese würden beispielsweise bei der Zementerzeugung anfangen. Die Grünen hatten sich stets gegen CCS und ähnliche Technologien ausgesprochen. Robert Habeck hatte sich für mehr Pragmatismus in diesem Bereich eingesetzt. Allerdings verwahrte sich auch er gegen eine Verwertung des abgeschiedenen CO₂. Stattdessen regte er einen Export – beispielsweise nach Norwegen – zur Speicherung an. Alternativ könnte es auch zur Optimierung der Ölforderung eingesetzt werden.

Industriestrompreis bleibt erwünscht – aber gilt als wenig realistisch

Wie die CCS-Strategie von Ministerin Reiche im Detail aussehen soll, hat sie im Detail nicht geschildert. Allerdings können Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, auf mehr Aufgeschlossenheit bezüglich möglicher Projekte auf diesem Gebiet hoffen.

Reiche betonte auch erneut ihre Entschlossenheit, den Ausbau der erneuerbaren Energien künftig besser mit dem Netzausbau zu koordinieren. Auf diese Weise sollen Netzengpässe sowie Kosten und Risiken im System minimiert werden.

Um Energie für Verbraucher und Unternehmen erschwinglicher zu machen, bekannte sich die Ministerin zu einer Senkung der Stromsteuer und Gasspeicherumlage. Wie schon am Tegernsee äußerte sie, ein – subventionierter – Industriestrompreis sei wünschenswert. Allerdings sei es schwierig, ein solches Vorhaben auf europäischer Ebene bewilligt zu bekommen. Reiche bekannte sich auch zur CO₂-Einsparung im Gebäudesektor. Eine „Lex Wärmepumpe“ oder ähnliche Zwangsvorhaben für bestimmte Heiztechnologien lehnte sie jedoch erneut ab.

 



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Von Veritatis

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