Von Redaktion
Am Eröffnungstag der 77. Internationalen Filmfestspiele von Cannes setzten führende Filmschaffende ein deutliches Zeichen gegen das anhaltende Schweigen der Unterhaltungsindustrie zur humanitären Katastrophe in Gaza. In einer viel beachteten offenen Erklärung, veröffentlicht durch die Initiative „Artists4Ceasefire“, fordern Hollywood-Stars wie Joaquin Phoenix, Juliette Binoche, Riz Ahmed und Guillermo del Toro ein Ende der Passivität – und rufen ihre Branche zur Verantwortung.
Kritik an der eigenen Branche
Die Erklärung prangert scharf die Untätigkeit der internationalen Filmwelt angesichts der eskalierenden Gewalt im Gazastreifen an. In dem Schreiben heißt es, die Filmindustrie habe sich durch ihr Schweigen gegenüber der gezielten Tötung von Zivilisten, Journalisten und Künstlern mitschuldig gemacht. Die Unterzeichnenden fordern ein sofortiges Ende der Gewalt und eine klare Positionierung gegen staatliche Repression.
Besonders wird hervorgehoben, dass die Branche „ihre Stimme erhebt, wenn es politisch ungefährlich ist – und schweigt, wenn es Mut erfordert“. Das Schreiben kritisiert zudem die fehlende Berichterstattung über die gezielte Zerstörung von kulturellen Einrichtungen in Gaza.
Symbolischer Protest in Cannes
Dass der Aufruf ausgerechnet zu Beginn des renommiertesten Filmfestivals der Welt veröffentlicht wurde, war kein Zufall. Jurypräsidentin Juliette Binoche, selbst Unterzeichnerin, gedachte in ihrer Eröffnungsrede der getöteten palästinensischen Fotojournalistin Fatma Hassona. Sie sprach von der „Pflicht der Kunst, auch dann zu sprechen, wenn andere schweigen“ – und erhielt dafür stehenden Applaus.
Zwischen Kunstfreiheit und politischer Verantwortung
Die Erklärung hat eine intensive Debatte über die Rolle von Kulturschaffenden in Krisenzeiten ausgelöst. Während Unterstützer die Initiative als notwendige moralische Reaktion auf eine akute humanitäre Krise feiern, warnen Kritiker vor einer „Instrumentalisierung“ des Filmfestivals. Es sei nicht Aufgabe der Kultur, politische Stellung zu beziehen – so der Tenor aus bestimmten Branchenteilen.
Doch genau das wird von den Unterzeichnern der Erklärung in Frage gestellt. „Kunst ist nie unpolitisch“, sagt Schauspieler Riz Ahmed. „Wer seine Plattform nicht nutzt, macht sich mitschuldig.“
Fazit
Die Stellungnahme der internationalen Filmszene kommt spät, aber mit Wucht. In einer Zeit, in der globale Krisen immer näher an die kulturellen Bühnen rücken, wird der Ruf nach Haltung lauter – und mit ihm die Forderung, dass Kunst nicht nur Spiegel, sondern auch Stimme einer gerechteren Welt sein kann. Ob die Filmindustrie diesem Anspruch gerecht wird, bleibt abzuwarten. Doch der Aufruf hat bereits jetzt eines erreicht: Er hat das Schweigen gebrochen.