Sollte der nächste Kanzler Friedrich Merz heißen, wäre das für die deutsche Klimapolitik eine Rolle rückwärts. Auch Windräder will er aus der Bundesrepublik verbannen, „weil sie hässlich sind“. Begreift er seine geschichtliche Rolle nicht?
Er ist als nächster Bundeskanzler für den Klimaschutz nicht tragbar: CDU-Politiker Friedrich Merz
Foto: Nikita Teryoshin
Anfang November legte die Union eine „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ vor, quasi ein Regierungsprogramm für die Zeit nach Olaf Scholz (SPD). Allerdings ist diese „neue Agenda“ gespickt mit ollen Kamellen: So will die Union die EEG-Umlage abschaffen, also jenes Instrument, das den Ausbau der Erneuerbaren zu einer deutschen Erfolgsgeschichte machte; sie will die abgeschalteten Atomkraftwerke wieder ans Netz nehmen, die Stromsteuer auf das europäische Minimum senken, die Beheizung unserer Häuser wieder „technologieoffen“ gestalten (also weg von der Wärmepumpe) und mehr Geld in die Erforschung der Kernfusion stecken.
„Wir brauchen preisgünstige und verlässliche klimaneutrale Energie für alle. Das unterscheide
tecken.„Wir brauchen preisgünstige und verlässliche klimaneutrale Energie für alle. Das unterscheidet uns ganz wesentlich von der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik“, erklärte CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz werde die Energiewende scheitern. Das sind gedroschene Phrasen, die verraten, dass Merz offensichtlich nicht begriffen hat, dass er als der Klimakanzler in die bundesdeutsche Geschichte eingehen wird. Einfach, weil er es muss.Denn das Bundesverfassungsgericht hatte im April 2021 geurteilt, dass die Klimapolitik der Bundesregierung zu wenig ambitioniert sei und deshalb die Rechte künftiger Generationen verletze. Beklagt war damals die Regierung von Angela Merkel, die daraufhin die Klimaziele verschärfte: Die Bundesrepublik muss jetzt bis zum Jahr 2030 ihren Treibhausgas-Ausstoß um 65 Prozent unter das Niveau von 1990 senken. Geschafft sind gerade mal gut 40 Prozent.Friedrich Merz: „Windräder sind hässlich“Natürlich kann eine Regierung solche Gesetze wieder ändern. Die Ampel hatte das mit dem Merkel’schen Klimagesetz auch so gemacht: Weil sie von den Gerichten wegen zu wenig Klimaschutz schuldig gesprochen wurde, änderte sie einfach das Gesetz. Allerdings sind Umweltschützer dagegen wieder vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Es erscheint nicht sonderlich riskant, eine Wette darauf abzuschließen, dass Deutschlands oberstes Gericht auch diesmal wieder mehr Klimaschutz-Politik anmahnt. Anfang kommenden Jahres wollen die Richter die Verfassungsbeschwerde behandeln. Stand jetzt sind minus ein Drittel mehr Reduktion in nur fünf Jahren Gesetz. Mit den von der Union beschlossenen Instrumenten wird das nicht gehen. Kanzlerkandidat Merz hält die Windkraft zur Energieversorgung nur für eine Übergangstechnologie. „Ich glaube sogar, dass wir, wenn wir was richtig machen, eines Tages die Windkrafträder wieder abbauen können, weil sie hässlich sind und weil sie nicht in die Landschaft passen“, sagte er in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner. Dabei sind die Windräder mittlerweile die wichtigste Stromquelle in Deutschland, sie lieferten ein Drittel der verbrauchten Elektrizität im ersten Halbjahr. Kohle kommt mit gut 20 Prozent nur noch auf Platz zwei.Im Programm der Union steht: „Mehr Geld für die Kernfusion“Hingegen fordert die Union in ihrem Programm: „Mehr Geld für die Kernfusion“. In Deutschland müsse „der erste an das Netz angeschlossene Fusionsreaktor der Welt“ entstehen. Seit den 1950er Jahren wird diese Technik erforscht. Immer wieder hieß es, „spätestens in 20 Jahren“ werde sie einsatzbereit sein. Tatsächlich soll ein erster Versuchsreaktor ab kommendem Jahr in Frankreich aufgebaut werden. In Betrieb gehen wird dieser frühestens nach 2034. Der kommende Kanzler wird aber in seiner Legislatur bis ins Jahr 2029 entscheidende Reduktionen vorweisen müssen.Zumindest, wenn er eine verfassungskonforme Politik anstrebt.Dass Merz in der Klimapolitik keine Ahnung hat, bewies er immer wieder. Beispielsweise ließ er sich zu der Aussage hinreißen: „Wenn wir in den nächsten zehn Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg.“ Dabei hat der Umweltrat der Bundesregierung in diesem Jahr ermittelt, dass jenes Restbudget, das wir Deutschen zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels noch zur Verfügung hatten, seit diesem Frühjahr aufgebraucht ist.Man könnte argumentieren: Für die Energiepolitik gibt es Fachpolitiker. In der Union kümmert sich Andreas Jung darum. Jung setzt zwar auf erneuerbare Energien, „aus ökologischen Gründen wegen der CO₂-Reduktion und zur Nutzung heimischer Potenziale“. Allerdings ist er gemeinsam mit Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn Autor der „Neuen Energie-Agenda für Deutschland“. Ebenjenes Sammelsuriums oller Kamellen, die Deutschlands Energieversorgung voranbringen sollen.