Unser Kolumnist war in Frankreich, um die französische Antwort auf amerikanisches Fastfood zu testen. Trotz imposanten Interieurs war der Besuch des Restaurants schnell vorbei
1980 wurde die erste Filiale des Buffalo Grill eröffnet – heute gibt es 360 Filialen
Foto: Antoine Boureau/Hans Lucas/AFP/Getty Images
Menschen gehen auf unterschiedliche Art mit Veränderung um. Als 1986 die allererste McDonald’s-Filiale Italiens auf der Piazza Navona in Rom aufmachte, gründete der Piemonteser Carlo Petrini aus Protest die Slow-Food-Bewegung. So will es die Legende. In Deutschland eröffnete die erste McSpeerspitze schon 1971 in München – ohne nennenswerte Gegenwehr.
Unsere französischen Nachbarn und Nachbarinnen, die im Zweifel durchaus mal auf die Barrikaden steigen, machten es anders: Burger und Pommes überließ man den Belgiern, die 1971 unter anderem in Waterloo mit der Quick-Kette einen Gegenentwurf wagten, der ab 1980 auch in Frankreich durchstartete. Dort hatte der erste McDonald’s bereits 1979 in Straßburg aufgesperrt. Ein Jahr später rächte sich die Grande Nation mit der Erfindung des Buffalo Grill.
1980 nach einer USA-Reise von Koch und Unternehmer Christian Picart in Nordfrankreich gegründet, verfügt die Steakhaus-Kette 45 Jahre später über rund 360 Filialen, die meisten in Frankreich, alle mit derselben Karte rund um das Thema Rind – und alle im Klischee eines weiß gestrichenen Blockhauses mit spitzem Giebel und rotem Dach gehalten, auf dem der Name zwischen langen Kuhhörnern prangt. So funktioniert erfolgreiches Marketing! Aber schmeckt es auch?
Nach vielen Jahren des Reisens durch Frankreich ist es an der Zeit, diese kulinarische Wissenslücke zu schließen, denke ich. Ich befinde mich auf der Westseite der Vogesen, im Gegensatz zum benachbarten Elsass gastronomisch eher schwach auf der Brust, und bin nach dem Wandern hungrig. Und welche Stadt könnte besser geeignet sein für das Experiment als Saint-Dié-des-Vosges, wo 1507 erstmals das Wort „America“ auf eine Landkarte gedruckt wurde.
Buffalo Grill im Industriegebiet
Die Filiale befindet sich, wie so oft, im unvermeidlichen Industriegebiet französischer Mittelstädte und ist über eine Aneinanderreihung von Kreisverkehren zu erreichen. Links davor ein Decathlon, dahinter eine riesige Leclerc-Supermarktfiliale – französischer wird’s nicht mehr.
Über die Veranda betrete ich das Restaurant, die Kellnerin bringt mich zum Platz, legt mir die Speisekarte hin und in Nullkommanix stehen ein kleiner Beilagensalat und zwei formschöne Aufbackbrötchen vor mir. Die sind nämlich im Besuch inbegriffen. Ich entscheide mich für einen der Klassiker, das Bavette d’aloyau, ein Stück aus dem Bauchlappen. Routiniert fragt die Kellnerin Garpunkt, Sauce, Beilage und Getränk ab und ist schon wieder verschwunden.
Danach geht alles so schnell, dass ich kaum Zeit habe, die ungewöhnliche Ausstattung des Lokals – das Interieur ist komplett in puffigem Rot gehalten und erinnert an alte Zugabteile auf dem Weg durch den Wilden Westen – zu betrachten. Ganz zu schweigen von den anderen Gästen, die an einem Mittwochabend hierher gefunden haben. Denn da steht das Essen schon auf dem Tisch. Im Fleisch auf leicht welkem Salatblatt steckt eine kleine rote Fahne mit der Aufschrift „à point“, daneben eine kleine quadratische Schüssel mit dünnen Pommes Frites, vergesellt von einer wirklich sehr kleinen Portion Mayonnaise in einem schmalen Plastiktütchen.
„Und? Wie war’s?“, werde ich anschließend von der Familie befragt, die ich in meiner Vorbegeisterung vorab informiert habe. „Schnell vorbei“, schreibe ich diplomatisch zurück. Fastfood eben.