Die Bundesregierung erklärt, man brauche eine Waffenruhe in der Ukraine, doch sie stellt die Weichen für einen langen Krieg. Es gibt Absprachen zur gemeinsamen Waffenproduktion mit Kiew, um besonders den Ausstoß von Drohnen hochzufahren
Drohnenproduktion bei Helsing
Foto: Helsing
Kanzler Friedrich Merz hat beim Treffen mit Wolodymyr Selenskyj beteuert, er wolle hinsichtlich der Ukraine „die diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand vorantreiben“. Was er anstrebe, sei „ein dauerhafter Frieden für die Ukraine“, so die Sprachregelung bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten.
Dabei sparte Merz nicht mit Eigenlob: „Mehr Diplomatie als in den letzten drei Wochen hat es von europäischer Seite in diesem Krieg noch nicht gegeben, in ganz enger Abstimmung mit Präsident Selenskyj.“ In dieser Zeit allerdings führte die deutsche Regierung kein einziges Gespräch mit einem Diplomaten oder Politiker der Russischen Föderation. Was Merz als „Diplomatie“ verka
gierung kein einziges Gespräch mit einem Diplomaten oder Politiker der Russischen Föderation. Was Merz als „Diplomatie“ verkauft, waren Selbstdarstellungen der politischen Führungen Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und Polens oder der EU (von der Leyen).Merz erwähnt die Istanbuler Verhandlungen mit keinem WortBeim gemeinsamen Auftritt mit Selenskyj behauptete Merz, es gäbe „überhaupt keine Bereitschaft Russlands, zu irgendeinem Gespräch zu kommen“. Doch wusste die ukrainische Nachrichtenagentur Unian am gleichen Tag anderes zu berichten. Danach hatte Wladimir Medinski, russischer Delegationsleiter bei den Verhandlungen in Istanbul am 16. Mai, den Chef der ukrainischen Unterhändler und Kiewer Verteidigungsminister Rustem Umerow angerufen. Medinski, so der Bericht, habe Datum und Ort eines Treffens für die nächste Verhandlungsrunde vorgeschlagen. Bei diesem Treffen sollen Memoranden beider Konfliktparteien – wie zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Donald Trump vereinbart – über Modalitäten eines Waffenstillstandes ausgetauscht werden.Merz hingegen hat auf der Pressekonferenz in Berlin die Verhandlungen in Istanbul mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen berichtete er von anderen Plänen. So sprach er von einer gemeinsamen „Absichtserklärung über die Beschaffung weitreichender Waffensysteme aus ukrainischer Produktion, sogenannter Long-Range-Fires“. Dabei gehe es um „ein höchstmögliches Maß an Effizienz in der Beschaffung von Waffensystemen“.Etwas konkreter als Merz wurde Selenskyj, der im Beisein des Kanzlers sagte, er habe mit der Bundesregierung „Absprachen zur Waffenproduktion in der Ukraine getroffen“. Dabei gehe es „um Drohnen. Drohnen helfen effektiv, das Leben unserer Soldaten zu schützen“.Drohnen-Geschäft deutscher Firmen boomt dank Aufträgen der BundesregierungMerz und Selenskyj schwiegen sich darüber aus, welche deutschen Rüstungsunternehmen, subventioniert vom deutschen Steuerzahler, in der Ukraine Drohnen für den Krieg herstellen sollen. Offenkundig handelt es sich dabei u.a. um Kriegsausrüster wie den Münchner Drohnenproduzenten Helsing. Dessen Kampfdrohne HX-2 kann auch mit Mehrfachsprengköpfen ausgerüstet werden. Sie zerstört Leben, statt „Leben zu schützen“, wie Selenskyj behauptet. Helsing wurde 2024 laut WirtschaftsWoche bereits mit fünf Milliarden Euro bewertet.Ebenfalls in Betracht kommt die Firma Quantum Systems im Münchner Vorort Gilching. Sie produziert die Aufklärungsdrohne Vector, welche den Kampfdrohnen den Weg weist. Der Umsatz von Quantum hat sich von 2022 bis 2024 auf 125 Millionen Euro verachtfacht. Schließlich bietet sich die Firma Stark Defence mit Hauptsitz in Berlin und Kiew an, die im Großraum München eine Fabrik zur Massenproduktion von Kampfdrohnen betreibt. Stark Defence stellt autonome Kampfdrohnen her, die eine Sprengladung von bis zu fünf Kilogramm transportieren, um Leben auszulöschen, nicht um „Leben zu schützen“, wie Selenskyj suggeriert. Das Drohnen-Kriegs-Geschäft boomt dank Aufträgen der Bundesregierung.Tagesschau.de erschien am 27. Mai mit der Schlagzeile: „Merz fürchtet noch langen Krieg gegen die Ukraine“. Doch seine Pläne für die Produktion und Lieferung schwerer Waffen an Kiew deuten eher auf das Gegenteil hin. Warum sonst wird soviel für eine Verlängerung des Krieges getan?Selenskyj rechnet Mitte 2026 mit spürbaren Problemen für die russische ArmeeWer in diesen Tagen mit Experten deutscher Thinktanks spricht, die wie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik und die Stiftung Wissenschaft und Politik die Bundesregierung beraten, hört nichts über Verhandlungsvorschläge oder Kompromissvarianten, um den Krieg zu beenden. Vielmehr wird eingestimmt auf einen jahrelangen Krieg mit dem Ziel einer russischen Niederlage.So ließ denn auch Merz Selenskyjs Äußerung auf der Pressekonferenz unwidersprochen, was die Wirkung von Sanktionen gegen Russland angeht: „Die russische Armee wird es zu spüren bekommen, nächstes Jahr ab Juni oder Juli 2026. Das ist sehr gut für uns.“ Mehr als nur eine Andeutung für Selenskyjs Option, den Krieg noch mindestens bis Sommer nächsten Jahres fortzuführen – unterstützt von der deutschen Regierung.Die setzt darauf, wie Merz gegenüber der Presse bekannte, „die Kriegsmaschine Moskaus zu schwächen“ und „den Druck auf Russland weiter zu erhöhen“. Mit Diplomatie und der Suche nach Kompromissen hat das nichts zu tun. Mit steigendem Profit für deutsche Rüstungskonzerne aber sehr wohl.