Kurz vor dem Koalitionsausschuss am Mittwoch entflammen Auseinandersetzungen zwischen Union und SPD zu. Hintergrund sind die stockende Umsetzung einer vereinbarten Stromsteuersenkung und Forderungen nach Einsparungen beim Bürgergeld.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD ursprünglich beschlossen, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken. Die Maßnahme sollte kurzfristig als Entlastung für Verbraucherinnen und Verbraucher dienen. Inzwischen ist jedoch von diesem Vorhaben keine konkrete Umsetzung mehr vorgesehen – offiziell aus finanziellen Gründen. Der Rückzug sorgt für Kritik, auch aus den eigenen Reihen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach sich erneut für eine breitere Entlastung aus. Die Senkung der Stromsteuer nur für die Industrie greife zu kurz. „Wir brauchen aber auch eine komplette Entlastung für den Mittelstand, das Handwerk“, sagte Söder. Alle Betriebe sollten von niedrigeren Energiekosten profitieren.
Zugleich forderte Söder Kürzungen im Sozialbereich, insbesondere beim Bürgergeld. „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen“, erklärte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn äußerte sich zur Sozialpolitik. Im Gespräch mit dem Spiegel kritisierte er die Kostenentwicklung beim Bürgergeld: „Die Kosten für das Bürgergeld laufen mit über 50 Milliarden Euro aus dem Ruder.“ Darüber hinaus forderte er eine stärkere Beteiligung des Bundes an der Pflegeversicherung sowie eine gerechtere Verteilung der Einnahmen aus dem CO₂-Preis. Ziel sei: „Weniger Subventionen für einzelne, günstigere Stromkosten für alle, das ist die Devise.“ Die Unions-Fraktion hatte am Montag die Forderung, die Stromsteuer für alle, auch Privathaushalte, abzusenken, einstimmig beschlossen.
Die SPD zeigt sich irritiert über die öffentliche Positionierung der Union. Parteivorsitzende Bärbel Bas verwies im Deutschlandfunk auf die gemeinsame Verantwortung beider Koalitionspartner für die Stromsteuer-Entscheidung. Sie sei daher irritiert von durch die „Angriffe vonseiten der Union“. Man habe vereinbart „erst die Wirtschaft“ zu „entlasten“ – man wolle „Arbeitsplätze sichern.“
Kritik kam auch von SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese. Er warf der Union eine uneinheitliche Linie vor: „Die hektische Absetzbewegung und Vielstimmigkeit einiger von CDU/CSU ist hier jedenfalls nicht nur nicht hilfreich“, sagte er der Mediengruppe Bayern. Die Union solle sich „kein Beispiel an den früheren öffentlichen Diskussionen der Ampel nehmen“.
Die Energiepolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Bundestag, Nina Scheer, fordert derweil „Keine Abweichung vom Koalitionsvertrag“ – und zwar „weder bei der Stromsteuer noch bei Wärmepumpenförderung“, erklärte sie gegenüber ThePioneer.