Es war eine dieser Nachrichten, wie sie immer wieder in meinem Postfach landen. Ein Leser hatte ein Foto geschickt – aus einem deutschen Freibad. Und während ich die Aufnahme betrachtete, wusste ich nicht recht: Soll man darüber lachen? Oder weinen?
Das Schild war echt. Und es war nicht einmal besonders spektakulär. Kein politischer Skandal, kein ideologisches Symbol – nur eine Tafel mit Piktogrammen. Die Schwimmbadregeln im Gelnhäuser Barbarossabad. „Rauchen verboten“. „Fotografieren und Filmen verboten“. „Badekleidung anziehen“. „Duschen benutzen“. „Abfälle nicht auf den Boden werfen“. „Kinder sind zu beaufsichtigen“. Und, besonders einprägsam: „Sexuelle Belästigung verboten“. Daneben die gezeichnete Rückansicht einer Frau im Bikini, der ein Mann nach dem Hintern langt – und all das durchgestrichen.
Aber gerade diese Banalität ist es, die wirkt wie ein Schlag ins Gesicht.
Denn ist nicht die Tafel selbst, die empört. Es ist die Tatsache, dass sie nötig geworden ist.
Erst gestern hatte ich über ganz andere Schilder geschrieben – eine Kampagne in Büren, gefördert von Polizei, Jugendamt, UNICEF und weiteren Partnern. Sie zeigen unter anderem eine schwarze Frau, die von einer weißen Männerhand am Po begrapscht wird. Versehen mit dem Satz: „Stopp! Grabschen verboten!“ Und – unter demselben Slogan – eine weiße Frau, die einen Farbigen begrapscht. Ein Fall von Täter-Opfer-Umkehr in ihrer grellsten Form – staatlich abgesegnet, öffentlich finanziert. Und so weit weg von jeder Freibadrealität, wie sie nur sein kann.
Doch was auf dem neuen Foto zu sehen ist, geht in eine andere Richtung. Es ist keine ideologische Verzerrung. Es ist – schlimmer noch – ein dokumentierter Zusammenbruch von Selbstverständlichkeiten.
Ein Staat, der Schilder aufstellt mit der Botschaft „Zieh deine Badehose an“, und „Stopp, kein Grabschen!“ sagt damit vor allem eins: Er traut seinen Bürgern nicht mehr zu, sich wie Bürger zu verhalten. Er geht nicht mehr davon aus, dass Menschen wissen, wie man sich benimmt. Und so entsteht eine neue öffentliche Ästhetik – aus Warnung, Vorschrift und Selbstverleugnung.
Und das hat Gründe. Gründe, über die man in Deutschland nicht mehr sprechen soll. Denn es geht hier nicht nur um Verrohung, sondern um einen Kulturverlust – und damit auch um die Folgen massenhafter unkontrollierter Einwanderung. Viele dieser Verhaltensprobleme entstehen nicht zufällig, sondern durch das Aufeinandertreffen von sehr unterschiedlichen sozialen Prägungen, von denen sich manche mit den Grundregeln des zivilisierten Miteinanders schlicht nicht vereinbaren lassen. Das wäre auch dann noch ein großes Problem, wenn man sich wenigstens noch trauen würde, Klartext darüber zu sprechen und Integration einzufordern. Doch genau das ist zum Tabu geworden. Und das macht aus einem ohnehin großen Problem ein gigantisches und eigentlich unlösbares.
Zivilisation per Piktogramm
Denn natürlich: Es gab immer schon Hinweisschilder. Aber nie in dieser Dichte, nie in dieser Sprache, nie in dieser Facon. Wer heute ins Freibad geht, wird empfangen wie ein renitenter Grundschüler. Mit Bildern statt Worten. Mit Anweisungen statt Vertrauen. Und mit dem unterschwelligen Vorwurf, man könnte ohne grafische Hilfe Müll auf den Boden werfen oder sich ungewaschen ins Wasser stürzen.
Diese Schilder sind kein Ausdruck von Ordnung. Sie sind der visuelle Beleg für ihren Zerfall. Ein Staat, der Selbstverständliches erklären muss, dokumentiert nicht seine Stärke – sondern seine Schwäche.
Dass solche Hinweise überhaupt nötig wurden, hat Gründe. Die kennen Freibadbetreiber ebenso wie Polizeibeamte. Aber man darf sie nicht mehr benennen. Also wird gemalt. Neutral, bunt, sprachlos – als ob das Problem durch die Wahl der Zeichen verschwindet.
Und der Eindruck, dass sich viele Menschen kopfschüttelnd von dieser Schilderflut abwenden, täuscht nicht. Der eingangs erwähnte Leser, der mir das Bild zugeschickt hatte, schrieb mir:
„Als ich das gesehen habe, ist mir beim Frühstücken der Löffel aus der Hand gefallen. Ich bin schon wirklich viel gewohnt in Deutschland. Als Düsseldorfer muss ich beim Spazierengehen meiner 8-jährigen Tochter Schilder mit Messerverbotszonen erklären – aber diese Plakate im Schwimmbad aufzustellen, stellt alles, was ich bisher gesehen und gehört habe, in den Schatten! Wo sollen diese Zustände denn enden?“
Schild statt Sprache
Es ist diese neue Form der Infantilisierung, die besonders verstörend wirkt. Denn hinter jedem Piktogramm steckt ein doppelter Verlust: Der Verlust an Vertrauen in die Bürger – und der Verlust an Mut, Klartext zu reden. Wo einst Sprache regierte, herrscht nun Symbolsprache. Weil das Risiko, jemanden zu kränken, größer geworden ist als der Anspruch, etwas zu sagen.
Und so werden Freibäder zu pädagogischen Freiluftzonen. Nicht weil das Badepublikum das verlangt hätte. Sondern weil der Staat glaubt, dass ohne seine visuelle Dauerpräsenz alles aus dem Ruder läuft.
Vielleicht ist das das wahre Zeichen unserer Zeit: Nicht die Übergriffigkeit. Nicht die Gewalt. Sondern dass man glaubt, man könne beidem mit Piktogrammen begegnen. Und das nennt man dann „Prävention“.
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Bild: Privat
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