Mit seinem Programm „Himmelslieder“ will der 54-jährige Berliner Spiritualität in die Herzen seiner Zuhörer tragen. Richtig weihnachtlich wird es dann mit ihm fünf Wochen später in Greiz.

Rodewisch.

Alle Jahre wieder, so kurz nachdem die Schüler in ganz Deutschland aus den Sommerferien zurück sind, ist es ein Thema. Großräumig stellen Lebensmitteldiscounter Spekulatius, Lebkuchen & Co. auf die Aktionsflächen. Mancher erregt sich ebenso alljährlich über den frühen Saisonstart, mancher kauft, mancher tut beides. Sonst würde es der Handel nicht immer wieder so machen. Mit weihnachtlicher Musik ist das schwieriger. Weihnachtsmärkte und -konzerte vor Totensonntag sind hierzulande verpönt, und doch sind da viele, die sich in dieser Hinsicht etwas Innerlichkeit fürs Innenohr und den Raum dahinter wünschen.

Der umtriebige Berliner Tenor Björn Casapietra bedient da in dieser stillen Zeit vor der weniger ruhigen „Stillen Zeit“ genau dieses Publikum. Mit seinem Programm „Himmelslieder“ tourt er seit September durch die ostdeutsche Provinz und kommt damit am Sonntag, 16 Uhr, in die Petrikirche in Rodewisch – mit Liedern, die den spirituellen Teil der Seele anrühren und doch größtenteils nicht das innere Weihnachtsglöckchen zum Klingen bringen. Da bedient sich Casapietra eines breiten Repertoires, von Schuberts „Ave Maria“ über „Guten Abend, gut‘ Nacht“ bis hin zu John Lennons „Imagine“ und Leonard Cohens „Hallelujah“ und zum jiddischen „Oyfm Pripechik brennt a fayerl“ und, dann doch, „Tochter Zion“. Und nicht zuletzt zum trotz seiner innigen Schönheit und historischen Bedeutung vergleichsweise selten gehörten „Von guten Mächten“, das Dietrich Bonhoeffer in der Todeszelle der Nationalsozialisten schrieb.

An solchen Stellen wird dann auch wieder deutlich, dass Casapietra nicht nur als Musiker unterwegs ist, sondern seine Rolle nach eigener Aussage breiter angelegt sieht: „Ich empfinde mich ein wenig wie ein Missionar. Der einen Auftrag hat, nämlich den, Menschen glücklich zu machen. Und die Himmelslieder scheinen da genau die richtigen Lieder zur richtigen Zeit zu sein“, sagt er und verweist auf die Irritationen und Beunruhigungen, die die aktuelle Lage den Menschen zumutet. Casapietra nennt Ross und Reiter: „Ein Krieg herrscht in Europa, ein barbarischer russischer Angriffskrieg auf einen unserer Nachbarn. Das macht etwas mit uns. Und daher bin ich der Meinung, dass Musik, dass die Kunst, das Konzerte im Augenblick so wichtig sind wie sonst vielleicht nie.“ Musik, Konzerte – das sei Zivilisation. Etwas, das man dem Zivilisationsbruch entgegensetzen könne. Wenn nicht müsse. „Ave Maria“, „Hallelujah“ – Lieder wie diese könnten heilen, sagt er.

Mit seiner Haltung etwa zum Ukrainekrieg, aber auch in der Corona-Zeit als strikter Befürworter flächendeckenden Impfens hat Casapietra die negative Aufmerksamkeit des rechten Spektrums auf sich gezogen. Selbst dem ultrarechten Nachrichtenblogger Boris Reitschuster war der 54-Jährige deshalb bereits einen Beitrag wert. „Das muss man aushalten“, sagt der Sänger. Und was den Rechtsruck in der Gesellschaft angeht, so gelte nach wie vor, dass es Liebe, Menschlichkeit, Humanismus gewesen seien, die Deutschland in den letzten 80 Jahren groß gemacht hätten. „Wohin ein Rechtsruck Deutschland gebracht hat, muss man hoffentlich niemanden erklären.“ Zwar betrachtet sich Casapietra nicht als politischen Künstler. Dennoch zieht es ihn speziell in die Gegenden, wo die Rechten stark sind: „Genau dort will ich singen, genau dort will ich Konzerte geben. Weil ich der Überzeugung bin, dass die große Mehrheit in unserem Land unsere Demokratie achtet, respektiert und schätzt.“ So, hofft er, müsste das auch im thüringischen Greiz sein, wo der Sohn des renommierten, 1990 verstorbenen Dirigenten Herbert Kegel und der im August ebenfalls verstorbenen italienischen Sopranistin Celestina Casapietra am 21. Dezember in der Vogtlandhalle abermals auftritt. Reizvoll auch für jene, die dann schon in Rodewisch waren. Denn dann singt er sein Weihnachtsprogramm „Christmas Love Songs“, das mit den „Himmelsliedern“ nur drei Titel nebst einigen Medley-Passagen gemein hat.

Karten für die Konzerte in Rodewisch und Greiz gibt es in allen „Freie Presse“-Shops.



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Von Veritatis

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