In Zeiten des Rechtsrucks und zunehmender Gewalt gegen Queers droht der Verlust wichtiger Projekte und Unterstützung. Was tun, wenn Gelder für queere Jugendzentren gestrichen werden? Wie organisieren wir die politische Selbstverteidigung?


Queere Personen sind in Deutschland nicht sicher: Die Zahl der queerfeindlichen Übergriffe steigt stetig an

Foto: Daniel Berehulak/Getty Images


Ich spreche ja gern und oft vom kommenden „Kollaps“: vom gesellschaftlichen, vom ethischen Kollaps, den die überall auf der Welt rapide fortschreitende Faschisierung darstellt; vom Klimakollaps, der nicht droht, sondern schon jetzt passiert und nur weiter an Fahrt aufnehmen wird.

Und davon, dass wir uns als Gesellschaft, und noch mehr als Queers, darauf vorbereiten müssen. Mit Organisierung, mit solidarischem „Community- Aktivismus“, und natürlich im Sinne der kollektiven Selbstverteidigung.

All das sind Fragen, die mir als alter Antifa-Schwuchtel sehr nah, aber die für viele in den queeren Communities doch ziemlich abstrakt sind: „Wie bitte, ich soll Kampfsport lernen? Dafür gibt’s die Polizei, basta!“

Trotz der deutlichen Zu

Trotz der deutlichen Zunahme gemeldeter queerfeindlicher Übergriffe in Deutschland in den vergangenen Jahren, und der Tatsache, dass Queers in Ländern, wo die Rechtsradikalen an der Macht sind, gegen harte Anfeindungen zu kämpfen haben, verdrängen die meisten von uns die realen Gefahren, die der gesellschaftliche Rechtsruck für uns birgt. Es war bis vor kurzem für so viele von uns immer noch so hart, für manche ist es das immer noch, sich vorzustellen, dass all das seit dem Ende der 1960er Jahre Erkämpfte – also wirklich alles – bedroht sein könnte. Das ist einfach zu herausfordernd, zu schwierig, zu deprimierend.Also schauen wir weg, sagen Dinge wie „aber hier wird das schon nicht passieren“. Manche schwulen cis-Männer laufen sogar zu den Faschos über, weil sie sich lieber vor einer imaginierten „importierten“ Bedrohung fürchten, als rational auf die realen Gefahren zu reagieren, die uns drohen.Wenn also die Perspektive einer auch hierzulande immer mehr gewaltförmigen Zukunft nicht ausreicht, Queers politisch zu mobilisieren, ist es vielleicht hilfreich, auf eine klare und präsente Gefahr zu verweisen, die im politischen Rechtsruck liegt, der seit der Wahl von Kai Wegners (CDU) „Rückschrittskoalition“ Berlin erfasst hat: der Berliner Senat will in den kommenden Jahren nämlich drei Milliarden Euro einsparen, und nimmt dabei auch und besonders queere Projekte in den Blick. Unter anderem droht der queeren Jugendfreizeiteinrichtung „qu:alle“ in Spandau das Aus. Dazu sind die queeren Jugendzentren in den Stadtteilen Pankow, Treptow und Neukölln betroffen.Das mag jetzt nach ein paar kleinen Projekten klingen, dahinter stehen aber nicht nur ganz reale, queere Menschen und Institutionen, denen der Support gestrichen wird. Diese Kürzungen sind ein drastischer Reminder, dass ein relevanter Teil queerer Organisierung sowie politischer und kultureller Praxis von staatlichen Geldern abhängt.Und das während eines Rechtsrucks, in dem die Gesellschaft mehrheitlich entscheidet, doch den „Homos und den ganzen anderen“ nicht so viel Raum, Rechte und Finanzen zuzugestehen.Klar, ich verstehe, das mit der physischen Community-Selbstverteidigung ist für Nichtlinksradikale vielleicht erstmal ein zu weiter Schritt. Meine Frage an die queeren Communities lautet demnach: Können wir uns wenigstens darauf einigen, unsere politische Selbstverteidigung zu organisieren? Wie reagieren wir, wenn in einer unserer absoluten Hochburgen, in Berlin, Gelder für Queers gestrichen werden? Wenn wir nämlich gar nicht reagieren, sehen unsere Gegner*innen, dass Schläge gegen uns populär sind, aber nicht auf Gegenwehr stoßen. Und ich sage doch immer wieder: die anderen sollten vor uns Angst haben.Nicht umgekehrt.



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Von Veritatis

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