US-Präsident Donald Trump als Pate, J.D. Vance als Consigliere: Sie begreifen Weltpolitik als ein zynisches Schachern, das am ehesten mit dem Kampf zwischen mafiösen Clans zu vergleichen ist. Selenskyj hat das nun zu spüren bekommen

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Wolodymyr Selenskyj muss gedacht haben, er sei im falschen Film.

„Es wird großartiges Fernsehen sein“, so fasste US-Präsident Trump den Eklat zusammen, wie er und sein Vize J.D. Vance den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor laufender Kamera demütigten und herunterputzten.

Selenskyj habe ganz schlechte Karten, und er spiele mit dem Dritten Weltkrieg, warf Trump ihm vor, während Vance dem ukrainischen Präsidenten mehrmals beschied, es mangele ihm an Respekt, vor Trump und vor dem amerikanischen Volk: „Haben Sie überhaupt schon mal Danke gesagt?“, fragte er ihn wiederholt.

Weltpolizist? Nein, Schutzgelderpressung!

Es war ein beispielloser Vorgang: Bis zur Wiederwahl Trumps war die Ukraine davon ausgegangen, in den USA einen V

upt schon mal Danke gesagt?“, fragte er ihn wiederholt.Weltpolizist? Nein, Schutzgelderpressung!Es war ein beispielloser Vorgang: Bis zur Wiederwahl Trumps war die Ukraine davon ausgegangen, in den USA einen Verbündeten und Unterstützer zu haben; jetzt stachelten sich der US-Präsident und sein Vize gegenseitig an, Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit kleinzumachen, ja: ihn bis zur Unterwerfung zu demütigen. Das Treffen endete mit der vorzeitigen Abreise Selenskyjs; ein Abkommen über den Zugang der Amerikaner zu Rohstoffen in der Ukraine, das eigentlich unterschriftsfertig war, wurde nicht unterzeichnet.Selenskyj: im falschen Film?Der Eklat war die klarste, eindeutigste und öffentlichste Vorführung der Veränderung der amerikanischen Außenpolitik unter Trump, die es bisher gab. Die USA als „Weltpolizist“, das hat Trump noch nie eingeleuchtet. Aber noch nie hat er so deutlich gezeigt, dass er Weltpolitik im Wesentlichen als ein zynisches Schachern begreift, das am ehesten mit dem Agieren von mafiösen Machtkartellen zu vergleichen ist.Ein „Weltpolizist“ bietet denjenigen Staaten, die seine Autorität anerkennen, Sicherheit an: Im Gegenzug profitiert er davon, dass sich so seine Einflusssphäre ausdehnt, wirtschaftlich, politisch, kulturell. Das war für Trump immer schon viel zu abstrakt, und zu vermittelt. Seit Jahren sagt er im Wesentlichen: Ihr wollt Schutz? Dann müsst ihr dafür bezahlen.„Nette Seltene Erden habt ihr da. Wäre doch ein Jammer, wenn denen was zustößt, oder?“In Bezug auf die NATO-Staaten formulierte er diese Forderungen lange noch so, dass die Mitgliedsstaaten selber mehr für ihre Verteidigungsetats ausgeben sollten, zwei Prozent, drei, oder eben sogar fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Sachen Ukraine aber formulierte er sein Angebot so klar, wie er es eben meint: als Schutzgelderpressung. Genau so, wie ein Mafiaboss in seinem Viertel Geschäftsleuten nahelegt, sie mögen an ihre eigene Sicherheit denken. Er könne das übernehmen. Wenn man ihm den Aufwand erstattet.Willkommen in „Der Pate“: „Nette Seltene Erden habt ihr da. Wäre doch ein Jammer, wenn denen was zustößt, oder?“Aus den Filmen von Francis Ford Coppola kennt man das Drehbuch des Treffens. Ein Hilfesuchender wendet sich an den Paten. Der sitzt dann da, und lässt zuerst seinen Consigliere die Dinge erklären, J.D. Vance. Wer sich an den Paten wende, der könne auf Hilfe zählen, auf Schutz und Sicherheit. Damit das aber klappt, muss man als Erstes die Autorität des Paten anerkennen, sie respektieren, sich ihr unterwerfen. Und sich erkenntlich zeigen. O-Ton Vance: „Glaubt du, es ist respektvoll von dir, ins Oval Office zu kommen, und die Regierung anzugreifen, die versucht, die Zerstörung deines Landes zu verhindern? (…) Hast du auch nur einmal Danke gesagt?“Das Abkommen über die Ausbeutung ukrainischer Rohstoffe durch die USA, das Selenskyj eigentlich unterzeichnen sollte, war die Verschriftlichung dieser Schutzgelderpressung. Nur dass der Schutz, den die Ukrainer sich im Gegenzug zum Ausverkauf ihrer Mineralien und Seltenen Erden, selbst noch als durchsichtige Verhöhnung verstanden werden musste: keine Sicherheitsgarantien, nur die vage Aussicht, dass die Anwesenheit von US-amerikanischen Firmen in der Ukraine doch gewissermaßen als Schutz wirken würde, gegen einen erneuten Angriff Russlands. Man kennt das verzweifelte Insistieren des Bittstellers, dass er dem doch nicht zustimmen könne.Die anschwellenden Adern wie am Hals des Paten von Francis Ford CoppolaUnd man kennt die anschwellende Wut des Paten, dessen Adern sich aufblähen wie an Trumps rot werdendem Hals, wenn der Bittsteller zu „dumm“ ist einzusehen, was der Consigliere J.D. Vance ihm auseinandersetzt: Dass er ein Wurm ist, der sich glücklich schätzen kann, dass der Pate ihn überhaupt empfängt. Ein Wurm! „Du bist nicht dankbar.“ Und dass er besser kapiere, dass er ganz schlechte Karten habe. Oh unglückseliger Selenskyj, der darauf entgegnen will: „Wir spielen kein Kartenspiel.“ Doch, denn für den Paten Trump ist alles Poker: Der Clan aus New York will sich mit den Ehrenmännern aus Moskau einigen, dafür muss man das Problem Selenskyj irgendwie aus der Welt schaffen. Es wären einfacher für alle, wenn er sich nicht so anstellen würde. Denn ein Krieg, das wissen alle Mafiosi, ist schlecht fürs Geschäft.Was bleibt dem ukrainischen Präsidenten nun? Entweder er sucht sich einen anderen Beschützer, etwa in Europa: Er sollte nur vorher sicher sein, dass die Lippenbekenntnisse der Europäer dann auch zu Taten führen. Dass er sich wirklich auf sie verlassen kann. Bis jetzt hat er von dort nur vage Solidaritätsadressen gehört, aber kein tragfähiges Sicherheitskonzept, wie der Krieg beendet werden könnte, und sein Wiederaufflammen langfristig gebannt. Oder er muss doch noch zu Kreuze kriechen. Wenn sich die Wut des Paten gelegt hat.



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Von Veritatis

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