Nicht Frauen, sondern Männer suchen eher nach einer festen Beziehung und profitieren auch mehr von dieser. Das zeigt eine Studie von verschiedenen Universitäten


Unsere Vorstellung von romantischer Liebe – am liebsten so wie im Film „Notting Hill“ von 1999

Foto: Imago/United Archives


Filmindustrie, Werbung, Zeitschriften – sie lügen. Also zumindest manchmal. Nämlich, wenn es um die Darstellung romantischer Beziehungen geht. Da geht das kulturindustrielle Skript ungefähr so: Männer sind autonome Wesen, die als Eigenbrötler oder einsame Wölfe durch die Welt ziehen, sich für Muskeln, Autos oder Grillfleisch interessieren – bis sie eines Tages von einer fürsorglichen Frau gezähmt werden, die in der Liebe ihre Erfüllung sucht und dabei den Mann gleich mit erfüllt. Am Ende sitzen sie glücklich im Park und kriegen ein Kind – wie im Romcom-Klassiker Notting Hill.

Und jetzt kommt die Überraschung: Die Realität sieht anders aus. Eine Meta-Studie der Berliner Humboldt-Uni, der University of Min

die Überraschung: Die Realität sieht anders aus. Eine Meta-Studie der Berliner Humboldt-Uni, der University of Minnesota und der Vrije Universiteit Amsterdam zeigt: Es sind eher Männer, die eine langfristige romantische Beziehung wollen.Sie suchen danach, sagen früher „Ich liebe dich“ und sind seltener diejenigen, die sie beenden. Die Ergebnisse beziehen sich allerdings nur auf heterosexuelle Paare im Westen, die tendenziell hohe Bildung und ein gutes Einkommen haben. Aber an die richten sich ja auch die kulturindustriellen Produkte, zu denen diese Ergebnisse im Kontrast stehen.Der Grund ist relativ simpel: Männer profitieren viel mehr von Beziehungen als Frauen. Ihre psychische und physische Gesundheit verbessert sich, die Lebenserwartung und das subjektive Wohlbefinden auch. Das liegt jedoch – und darin liegt der eigentliche, eher traurige Erkenntniswert dieser Studie – daran, dass Männer nie gelernt haben, emotionale Bindung und Unterstützung außerhalb von romantischen Beziehungen oder auch nur mit anderen Menschen als Frauen aufzubauen. Letztere hingegen schon: Schon im frühen Kindesalter neigen Mädchen eher zu Face-to-face-Kommunikation, während Jungen eher mittels Transaktionen oder Aktivitäten kommunizieren.Männer lernen nie, unabhängig von einer Frau zu existierenSo überraschend sind diese Erkenntnisse also auch wieder nicht. Vielmehr zeigen sie zweierlei. Erstens: Kulturindustrie bildet nicht Gesellschaft ab, sondern produziert Fantasien – Männerfantasien. Nur wer seine emotionalen und häuslichen Bedürfnisse von einer fürsorglichen Retterin befriedigt weiß, kann sich ausgiebig mit Muskeln, Autos und Grillfleisch befassen – oder wahlweise mit Rennrädern, Philosophie und Whiskey.Zweitens: Die Geschichte von der schicksalhaften Liebe ist eher Ausdruck des Ödipuskomplexes; Männer lernen nie, unabhängig von einer Mutterfigur (einer Frau) zu existieren. Doch weil die damit verbundenen Gefühle von Einsamkeit, Schwäche und Bedürftigkeit zugleich den gesellschaftlichen Männerbildern widersprechen, werden sie abgespalten – und in Aggression transformiert.Deswegen kennen Männer nach einer Trennung hauptsächlich zwei Reaktionen: die Idealisierung der Ex-Freundin, verbunden mit langem Nachtrauern. Oder die Verdammung der Ex-Partnerin. Beides kann sich bis zur Gewalt steigern. Nuancierte Sichtweisen, die in einer Trennung eine Chance sehen können, obwohl sie schmerzt, fallen vielen Männern schwer, auch das eine Erkenntnis der Studie.Was helfen könnte: endlich zu lernen, Freundschaften zu führen. Und zwar auch mit Männern. Sich diesen anzuvertrauen. Herzlichkeit, Zuneigung, Berührung zuzulassen. Und die Frage nach dem eigenen Befinden nicht immer mit „Muss ja“ zu beantworten.Super Safe SpaceLeander F. Badura ist Redakteur im Kultur-Ressort des Freitag . Er schreibt fortan alle vier Wochen hier eine Super Safe Space-Kolumne



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Von Veritatis

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