Aufgrund der Vogelgrippe herrscht in den USA gerade Mangel an Eiern. Zeit für unseren Kolumnisten sich der besten Eierspeisen anzunehmen
Ob der Osterhase auch dieses Jahr in den USA genug Eier verstecken kann?
Foto: Chip Somodevilla/Getty Images
Der Bundesverband Ei e.V. – kannten Sie den? Ich auch nicht. Das Wissen über seine Existenz verdanken wir dem Mann, dessen Name ich eigentlich nie erwähnen wollte. Schließlich okkupiert er schon seit Jahren erfolgreich sämtliche Berichterstattung, und man möchte ja auch mal in Ruhe essen. Aber jetzt herrscht in den Vereinigten Staaten eine akute Eierkrise und beim Verband „aller an der Eierwirtschaft in Deutschland Beteiligten“ (nein, ich denke mir das nicht aus) ist ein Hilfegesuch eingegangen.
Wer einmal in Florida oder Kalifornien, in Texas oder in North Dakota gefrühstückt hat, weiß, dass Eier ein integraler Bestandteil amerikanischer Morgenmahlzeiten sind. „Ich bin mir sicher, dass wir – wie immer – Weltspitze sind, wenn es um Frühstückseier geht“, schrieb 1972 der amerikanische Kulinarikpapst James Beard in seinem Standardwerk American Cookery. Das würde Donald Trump sicher gefallen – MEGA oder Make Eggs Great Again. Aber derzeit bestimmt vor Ort vor allem die Vogelgrippe Diskussion und Preise. Eier sind eine Frage der nationalen Sicherheit geworden.
Nicht nur in den USA. In So kocht man in der Bundeswehr von 1973 finden sich nicht nur Rezepte für Spiegel- und Rührei, sondern auch ein exemplarischer Speisezettel einer Bundeswehreinheit, Norddeutscher Raum, Winterhalbjahr. Vorgesehen sind dort für den Sonntag neben 15 g Bohnenkaffe und 20 g Kondensmilch eben auch: Ei, gekocht, 1 St.
Das Dr. Oetker Schulkochbuch von 1960 macht ebenfalls auf dicke Hose: „Eier gehören zum eisernen Bestand in jeder Küche, der nie zu Ende gehen darf. Man braucht sie immer.“ Empfohlen wird etwa geschlagenes Ei mit Zucker und Weinbrand als Kräftigungsmittel für Kranke und Genesende.
Die USA schwächeln gerade, nicht nur an der Eierfront. Da ihre gewählten Repräsentanten momentan nicht unbedingt für verträgliche Umgangsformen bekannt sind, werfen wir noch schnell einen Blick in die Benimmliteratur der Nachkriegsjahre, als das Land noch als Inkubator von Demokratie und Freiheit galt. Weiche Eier, schreibt Gertrud Oheim 1960 im 1 x 1 des Guten Tons, Kapitel „Grundlagen der äußeren Umgangsformen“, serviere man im Eierbecher auf einem Unterteller. „Die Eispitze wird nicht mit dem Messer geköpft, sondern, ohne dass man das Ei aus dem Becher nimmt, mit dem Eierlöffel vorsichtig angeschlagen.“ Skalpell statt Beil, um es à la Trump zu sagen.
Aber es müssen ja nicht immer überteuerte Hühnereier sein. Wenn man ohnehin schon alle Umwelt- und Artenschutzbestimmungen abschafft, kann man vielleicht auf Alternativen zurückgreifen und erspart sich das lästige Betteln um Importe. „Möweneier erreichen zwar nicht die Güte von Kiebitzeiern, dennoch bieten sie mit frischer Butter, Meerrettichsahne oder Radieschen, besonders aber mit frischen Morcheln eine angenehme Abwechslung“, empfiehlt Der Junge Koch, ein Leitfaden für die Ausbildung des Berufskochs von 1958.
Ich persönlich bekomme am Wochenende, auch wenn ich nie bei der Bundeswehr war, ein wachsweich gekochtes Ei vom Huhn, sechseinhalb Minuten. Ganz gegen die guten Sitten köpfe ich und tunke die dünnen, harten Stücke einer Salzbrezel in das noch flüssige Eigelb. In Großbritannien macht man das mit Toaststreifen und nennt das Ganze „Eggs and Soldiers“. Womit wir wieder beim Thema wären.