Literaturt.

Dank des Science-Fiction-Thrillers „Schlachthof 5“ genoss Kurt Vonnegut ab 1969 auf einen Schlag Weltruhm. In dem von George Roy Hill bravourös verfilmten Bestseller bewältigte der Künstler seine Erfahrungen als Kriegsgefangener während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland, wo er die Bombardements auf Dresden im Keller einer Großfleischerei überlebte. Obwohl der Autor über zehn Romane publizierte, gilt er vor allem als Meister der Kurzgeschichte. Die Short Stories, die er an Tageszeitungen und Magazine verkaufte, brachten ihm so viel Geld ein, dass er davon seine Familie ernähren konnte.
Vonneguts burleske Texte drehen sich um „Pannen im Raum-Zeit-Kontinuum“ oder um Roboter, die sich anschicken, „genau das, was in einem bereits vergangenen Jahrzehnt bereits getan worden war, im Guten wie im Bösen, ein zweites Mal zu tun“. Eingefleischte Vonnegut-Fans lieben seine spleenigen Szenen über einen „kosmischen Muskelkater in den Sehnen des Schicksals“ oder über ein Universum, das plötzlich eine „Krise des Selbstvertrauens“ durchleidet.
Der Stanisław Lem der USA verzerrte gezielt alles ins Absurde und Komische. Laut dem Kritiker Dale Peck war er der „verrückte Onkel, der alte Zausel voll Witz und Weisheit und einer ordentlichen Portion Schwachsinn“. Gern versteckte er sich hinter seinem zweiten Ich namens Kilgor Trout, das in einer seiner Erzählungen glaubt, ein wahnsinniger Naturwissenschaftler habe jedem Erdbewohner einen Mini-Funksensor implantiert. Eine Vision, die angesichts des Modells vom gläsernen Menschen heute ungeheuer realistisch wirkt.
Exzentrische Storys über verschrobene Typen bilden das Fundament von Vonneguts telegrammartigem und lapidaren Fabulieren. Sie sind aus dem Blickwinkel des Ironikers und Zynikers verfasst, der selten ein Blatt vor den Mund nahm. Bärbeißig redete er frei von der Leber weg. Sich selbst sah der Meisterparodist spöttisch als Süchtigen, der nicht davon loskam „idiosynkratische Anordnungen in waagerechten Zeilen zu machen, mit Stiften auf gebleichten und geglättetem Zellstoff, und zwar aus sechsundzwanzig phonetischen Symbolen, zehn Zahlen und etwa acht Satzzeichen“. Wegen dieser rasenden Leidenschaft rechnete er sich zu den „Knallis“, die rhythmisch Texte zu Papier brachten, ohne hinterher „pingelig“ das Notierte zu „reparieren“.
Urwüchsig und mit galligem Humor wetterte Vonnegut gegen die Atomindustrie und jene Physiker, die sich wissentlich an sie verkauften. Nicht nur in diesem Zusammenhang verriet er sich oft als Fortschrittsfeind. Störrisch schätzte er das Schmökern als „spirituelles Abenteuer“ ein und ereiferte sich grimmig darüber, dass seine Enkel – wenn überhaupt – bloß noch am Computerbildschirm lasen.
Unbeirrt hackte er im Zeitalter der Digitalisierung weiterhin auf eine mechanische Schreibmaschine ein. Faxgeräte, Anrufbeantworter, Kopierer und Mobiltelefone verkörperten für ihn „Müll“, dem er sich bis zum seinem Tod im April 2007 konsequent verweigerte. In nostalgischer Stimmung erinnerte er sich an die 60er-Jahre, als er während seiner Kurse für Kreatives Schreiben lehrte, „wie man mit Tinte auf Papier gesellig ist“, denn diese Epoche war endgültig verstrichen.



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Von Veritatis

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