Von Kai Rebmann
In Zürich wurden in den vergangenen Jahren in verschiedenen Verfahren mehrere Klimakleber freigesprochen. Obwohl die Angeklagten zuvor jeweils praktisch auf frischer Tat ertappt worden waren, ergingen die Urteile in der Regel „aus Mangel an Beweisen“. Auffällig dabei: Immer wieder taucht dabei der Name von Roger H. auf, der die betreffenden Prozesse als Einzelrichter geführt hatte.
Für die Staatsanwaltschaft Zürich stand daher bald fest, dass man es hier mit einem aktivistischen Richter mit einer vorgefertigten Meinung und fehlender Distanz zu den Klima-Extremisten zu tun habe. Das Obergericht hat dem sogenannten Ausstandsgesuch stattgegeben, das Bundesgericht hat dieses inzwischen bestätigt.
Heißt: Roger H. darf bei Gericht künftig nicht mehr über das Schicksal von Klimaklebern entscheiden. Auslöser der Affäre war ein von H. im September 2022 erlassener Freispruch gegen ein 46-jähriges Mitglied der Organisation „Extinction Rebellion“. Die Frau hatte Anfang Oktober 2021 zusammen mit mehreren Gesinnungsgenossen die Rudolf-Brun-Brücke in Zürich blockiert und so den Verkehr für mehrere Stunden lahmgelegt. Dabei widersetzte sich die Angeklagte den Aufforderungen der Polizei und musste zwei Tage in Haft verbringen.
Vor allem der Ablauf des Verfahrens, das im September 2022 mit einem Freispruch „aus Mangel an Beweisen“ endete, ließ nicht nur die Staatsanwaltschaft aufhorchen. Roger H. soll unter anderem geäußert haben, dass er nicht mehr bereit sei, „friedliche Demonstranten“ zu verurteilen. Die Angeklagte habe er mit den Worten ermutigt: „Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Machen Sie weiter so.“ Und schließlich soll sich der Richter noch an die beiden bei der Verhandlung ebenfalls anwesenden Kinder der Frau gewandt und diesen versichert haben, sie könnten stolz auf ihre Mutter sein.
Diese und weitere Äußerungen ließen zunächst die Staatsanwalt Zürich und das Obergericht sowie schließlich auch das Bundesgericht zu der Überzeugung gelangen, dass Roger H. in ähnlich gelagerten Fällen auch künftig nicht in der Lage sei, ein vorurteilsfreies Verfahren zu führen. Vielmehr bestehe Grund zu Annahme, dass der Richter „ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls“ immer wieder gleich entscheiden werde.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Obergerichts waren zwei Frauen vorgegangen, deren Prozesse von H. hätten geführt werden sollen. Auch ihnen legte die Staatsanwaltschaft Zürich im Zusammenhang mit den Blockaden vom Oktober 2021 unter anderem Nötigung zur Last. Das Obergericht blieb jedoch bei seinem gegen den Richter verhängten Ausstand und wurde in dieser Auffassung letztlich vom Bundesgericht bestätigt.
Roger H. monierte hingegen, seine verhängnisvollen Aussagen seien in den Medien verkürzt wiedergegeben worden. Zudem sei der betreffende Freispruch [gegen die 46-jährige Klima-Extremistin] allein deshalb erfolgt, weil der Sachverhalt aufgrund der vorgelegten, äußerst rudimentären Beweismittel gar nicht habe erstellt werden können, wie die NZZ die Argumentation des Richters wiedergibt.
Doch damit redete sich H. offenbar erst recht um Kopf und Kragen. Das Bundesgericht sah durch diese Einlassung den Anschein der Befangenheit eher noch bestätigt, als dass sie ihn hätte entkräften können. Das Obergericht habe mit der Versetzung des Richters in den Ausstand weder Bundes- noch Konventionsrecht verletzt.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Timeckert/Shutterstock
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