Ein jüngerer Kommentar des öffentlich-rechtlichen Deutschlandfunks (DLF) zu den fortlaufenden und berechtigten Protesten gegen den US-Autobauer Tesla in Grünheide weckte bei mir wegen eines einzigen Wortes, unscheinbar und dennoch absichtsvoll platziert, ehrliches Unbehagen und fortgesetzte Sorge: Antiamerikanismus. Das Wort lässt sich in die Liste von Begriffen einsortieren, die meinungsführende Medien und die herrschende politische Klasse samt Gefolgschaft benutzen, die im Grundgesetz verbriefte Meinungsfreiheit zu reglementieren, einzuschränken und dabei unter dem Deckmantel Demokratie die eigenen Interessen gegen Widerstände und Einwände durchzusetzen. Das gehört sich ja nicht, gegen eine große Idee aufzubegehren. Wer will schon anti sein, gar antiamerikanisch? Ein Kommentar von Frank Blenz.

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Amerikanismus ist Nationalismus

Amerikanismus, fangen wir damit an, ist wohl – dem Kommentar zum Verständnis nahekommend – das Gegenteil von Antiamerikanismus und der zutreffende Begriff für amerikanischen Nationalismus. Nationalismus klingt eindeutig nach einer Richtung, nach Macht, nach Ausgrenzung, nach Intoleranz gegenüber nicht Nationalem. Wer als Deutscher antiamerikanisch ist, findet es nicht gut, was unter der Firmierung Nationalismus made in USA hierzulande passiert. Das aber darf nicht sein, und so kritisiert der deutsche Radiosender Deutschlandfunk (DLF) das Verhalten als „anti“. Nein, nein, nein, wo kommen wir da hin? Die Reihen sollen geschlossen sein, koste es, was es wolle.

Kommentator ganz auf Linie, auch das Wort „Fakten“ feiert Konjunktur

Immerhin gibt der Kommentator zu, dass Kritik berechtigt ist – also die, dass man ein riesiges Autowerk, das zudem entgegen anfänglichen Plänen nun weiter und weiter ausgebaut werden soll, in ein Naturschutzgebiet platziert wurde. Weiter geht die DLF-Kritik nicht, weniger Emotionen bitte, sagt er und teilt weiter aus. Was ich als Bürger heraushöre, das ist schlicht: Wer gegen amerikanische Interessen ist, wer den Stempel „Tesla-Gegnerschaft“ trägt (auch so ein kräftiges Wort der Ausgrenzung), der ist antiamerikanisch. Das Verhalten gehört in die Schublade Antiamerikanismus, das Gegenteil von US-Nationalismus. Warum sollten jedoch Deutsche US-national sein?

Der Verdacht liegt nah: Bei der Tesla-Gegnerschaft hat man es auch mit einer gehörigen Prise Anti-Amerikanismus zu tun. Und wichtig wäre in der Tesla-Debatte daher: mehr Fakten, weniger Emotionen.
(Quelle: deutschlandfunk.de)

Der amerikanische Traum – wenn man aufwacht, erlebt man einen enttäuschenden Alltag

Zur bildlich romantischen Erinnerung: Das imposante Raumschiff Gigafactory des US-amerikanischen Elektroautobauers Tesla ist vor nicht allzu langer Zeit in der brandenburgischen Provinz nahe unserer Hauptstadt Berlin gelandet. Viel beachtet, heftig gelobt, hofiert und innig ersehnt (von denjenigen, die stabile Jobs und gute, solide Steuern made in USA versprachen), brachte der US-Chef, der mächtige, super-super-reiche Macher Elon Musk einen bunten Strauß visionär scheinender, verheißungsvoller Verheißungen, Versprechungen und cooler Slogans mit.

Und selbst noch bei ersten, vorsichtigen, ja schüchtern geäußerten Bedenken der Einheimischen, etwa wegen des (von Anfang an) offensichtlichen Problems mit dem (Trink)Wasser, lächelte der wundersame (nicht wundervolle) Sunnyboy Elon dies in lässig amerikanischer Art weg – so, wie das der deutsche und brave Otto Normalverbraucher halt mag. Musk fachsimpelte in die vielen Kameras und Mikrofone, Wasser, Bäume, Natur gäbe es in Brandenburg genug, anders als in der Wüste in Amerika … LOL (lautes Lachen, Ironie aus).

Doch dann? Nach der schrillen, falsch-frohen Opener-Party, nach den vielen brachialen und teils zweifelhaften Baumaßnahmen, nach mehr und mehr Tatsachen schaffen à la Musk und nach den ersten rabiaten Entlassungen einst hoffnungsvoller Mitarbeiter stellen sich die jetzige Katerstimmung, die Ernüchterung bei den Betroffenen einschließlich der Frage ein: Was haben wir uns hier für einen Vogel ins Nest geholt?

Viele Menschen in der Region geben sich selbst die Antwort, die ihnen die Politiker und die tonangebenden Medien nicht geben: Musk ist einfach nur ein skrupelloser Turbokapitalismus-Mann, der aufzuhalten und zu mäßigen wäre, wenn die deutschen „Partner“, die Politik, die Medien wirklich im Interesse der vielen Menschen der Region agieren würden. Ein wenig deutscher Nationalismus vielleicht? Doch was geschieht? Den Kritikern des Amerikaners bläst der fremdnationale Wind entgegen. Amerikanismus vor.

Zu Ausdrücken wie „Leugnerszene“ gesellt sich ein neuer Begriff

So erscheint das Wort Antiamerikanismus neu im Spiel der Medienbegriffe. Das Wort ist im jetzigen Kontext ebenfalls ein Abstempelungsbegriff und ganz bestimmt kein Lobeswort für denjenigen, der damit in Verbindung gebracht und abgestempelt wird. Wie kann man aber auch in diesen Zeiten nicht amerikanisch sein wollen, also dem großen Freund, Befehlshaber, Tonangeber, Strippenzieher, Modemacher, der Stilikone, den Führungskräften des auserwählten Volkes hinterm Teich, mehr noch, dem Führer der westlichen Welt samt all der coolen Werte nicht folgen wollen? Wer US-amerikanisches Handeln kritisiert, ist antiamerikanisch. Basta. Doch hier ist Einspruch einzulegen: Nein, es geht um das Handeln der Amis, nicht darum, amerikanisch sein.

Der Stempel gibt es viele. Früher standen auf den Schreibtischen in den Kontoren unseres Landes praktisch modellierte Halterungen, an denen Stempel in allen Größen und Heftigkeiten (Bezeichnungen von erledigt, vollzogen usw.) hingen. Auf dem Stempelkissen mit Tinte leicht und gekonnt von den Beamten angetippt, drückten diese den Stempel saftig für den folgenden Abdruck auf Papier, um es amtlich gültig zu machen.

Heute: „Antiamerikanisch“, „Schwurbler“, „umstritten“, „putinfreundlich“, „Querdenker“, „antisemitistisch“, „kriegsmüde“. Die Halterungen für Stempel sind in den Redaktionen und Amtsstuben der politischen Klasse ziemlich gut gefüllt – und das im Jahr des Jubiläums des Grundgesetzes. Die Verfassung wird als Schatz für uns alle bezeichnet, im Jubiläumsjahr gefeiert und gelobt. Dass das Grundgesetz während der vergangenen Jahre zeitweise beinah überflüssig und/oder per Pausentaste in einen Tiefschlaf versetzt wurde, passt in die heutige, weiter kritische Lage als eine Folge dieser Zeit.

Zwar wird permanent das Wort Demokratie in den Mund genommen, doch erleben Menschen Tag für Tag, dass Demokratie vor allem ein Werkzeug für die ist, die letztlich entscheiden. Es heißt so schön: „Wir können ja mal drüber reden.“ „Ihr könnt auch mal protestieren, aber ja immer friedlich, zahm – und dann geht es wieder nach Hause.“ Ja und dann? Dann machen wir es so, wie z.B. Tesla und andere große „Demokraten“ es wollen.

An der Ostsee erleben die dort lebenden Menschen, die gegen Flüssiggas-Terminals vor ihrer Küste protestieren, dass diese dennoch errichtet werden, dass entgegen aller Zusagen nun doch US-amerikanisches Fracking-Gas herangeschippert wird. Sorry. In Berlin konnten die Bürger abstimmen, wie sie wollten – ihr erfolgreiches, demokratisches Votum für eine Vergesellschaftung großen, privaten Wohneigentums können sie in die Tonne treten. Die Liste für derlei Verständnis von Demokratie – sie ist sehr lang.

Kritik an US-Aktivitäten wichtig und richtig

Es bleibt dabei: Wenn man gegen US-Fracking-Gas, gegen einen ungebremsten Ausbau einer Gigafactory ist, wenn man sich nicht wohlfühlt, wenn der deutsche Bundeskanzler neben dem US-Präsidenten nicht auf Augenhöhe behandelt wird – dann ist das nicht antiamerikanisch. Dann ist das demokratisch.

Titelbild: Tobias Arhelger/shutterstock.com



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Von Veritatis

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