Auch die jüngste Tagung der „Koalition der Willigen“ ging ohne handhabbare Ergebnisse zu Ende. Sollen mögliche Friedenstruppen aus Europa an der Westgrenze der Ukraine stationiert werden? Polen hat bereits seine Ablehnung signalisiert


Britische Soldaten bei einer Übung in Polen

Foto: Sean Gallup/Getty Images


Von „Elektroschock“ war die Rede nach dem Wortgefecht Selenskyj-Trump im Weißen Haus am 28. Februar. Mehr als mit dem ersten Telefonat zwischen dem Präsidenten der USA und Russlands kurz zuvor war zu Bewusstsein gebracht, dass die neue Administration in Washington mit dem Ukraine-Beistand der Biden-Regierung bricht. Eine „Koalition der Willigen“ aus 30 vorwiegend europäischen Staaten entstand als unmittelbare Reaktion darauf. Sie war Bekenntnis und wurde Konferenz-Format. Das Motto: Wir sind auch noch da, und wir sind wer. Das Motiv: Wir dürfen den Ukraine-Krieg politisch nicht verlieren, egal wie er militärisch ausgeht.

Der Wille der „Willigen“ neigt zu Ideen, denen der Praxistext besser erspart bleibt

Über das Stadium gegens

wir sind wer. Das Motiv: Wir dürfen den Ukraine-Krieg politisch nicht verlieren, egal wie er militärisch ausgeht.Der Wille der „Willigen“ neigt zu Ideen, denen der Praxistext besser erspart bleibtÜber das Stadium gegenseitiger Ermutigung und surrealer Rhetorik kam diese informelle Allianz seither freilich nicht hinaus. Ihr jüngstes Treffen in Brüssel kreierte Vorstellungen, die allzu sehr im Ungefähren kreisen, als dass Entscheidungen erkennbar wären. Sollten die „Willigen“ im Blick auf die Ukraine zu Truppenstellern werden, kursieren nunmehr Label wie „Schutzkorps“, „Rückversicherungskräfte“ oder „Garantiekontingente“ – nicht „Friedenstruppe“. Befragt, wie stark sollten diese Formationen sein, antworten Frankreich und Großbritannien: 20.000 und 30.000 Mann. Die wo disloziert werden?Plötzlich ist weniger die Westukraine als deren Grenze im Gespräch, was u.a. auf Polen als Stationierungsort verweist. Bei einer 535 Kilometer langen gemeinsamen Grenze nachvollziehbar, aber kaum denkbar, da Premier Donald Tusk bisher jegliche Beteiligung an europäischen Verbänden für Kiew verneint. Es wäre mit polnischem Souveränitätsverständnis überdies unvereinbar, ganze Divisionen aufzunehmen, die keinem polnischen Kommando unterstehen, aber in eine direkte Konfrontation mit der russischen Armee geraten können.Der Wille der „Willigen“ neigt zu Ideen, denen der Praxistext besser erspart bleibt. Sie stiften gedankliches Chaos, das vor allem eines bezeugt: Hier agieren Staaten, die jahrelang daran gewöhnt waren, die Ukraine-Politik den USA zu überlassen, und nun um Fassung ringen, wenn sich deren Intentionen jäh ändern. Sie müssen vor allem zur Kenntnis nehmen, dass Russland seinen Kriegszielen nicht abschwört, wenn die Gegenseite erodiert und die USA einer Ukraine-Koalition nur noch bedingt zur Verfügung stehen. Beim jüngsten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe war US-Verteidigungsminister Pete Hegseth mehr Beobachter als Beteiligter.Offenbar fehlt den „Willigen“ der Wille, Friedenshelfer zu seinFür Moskau entstehen im Augenblick schlichtweg günstigere Konditionen als bisher, um einen Kriegsausgang – nicht ein Kriegsende schlechthin – zu erwirken, der kein Vorstadium eines nächsten Schlagabtauschs mit der Ukraine ist. Deshalb soll nicht nur ein NATO-Eintritt vertraglich ausgeschlossen, sondern auch deren militärisches Potenzial eingeschränkt werden. Wladimir Putin hätte diesen Krieg nicht geführt, sich internationaler Ächtung ausgesetzt und Zehntausende von Soldaten verloren, wollte er an seinen Zielen gerade jetzt und ohne Not Abstriche machen.Er könnte freilich in Not geraten, sollte seine teils kompromisslose Stringenz das entspannte Verhältnis zu den USA gefährden. Aber auch Donald Trump käme nicht ungeschoren davon, würde eine Waffenruhe scheitern. Da ist es geradezu frevelhaft, wenn die „Koalition der Willigen“ darauf verzichtet, mit einer eigenen Friedensagenda in die Bresche zu springen und ihrerseits an Russland heranzutreten. Wer ständig beteuert, sich von den USA emanzipieren wollen, sollte es jetzt tun. Nur leider fehlt den Willigen der Wille, Friedenshelfer zu sein.



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Von Veritatis

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