15. April 2025
Ein Gericht in Moskau hat vier Journalisten wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit der Organisation des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus dem Gerichtssaal berichtete, erhielten die Angeklagten Strafen von jeweils fünfeinhalb Jahren, die sie laut der Richterin in einer Strafkolonie absolvieren müssen. Die Bundesregierung reagierte mit scharfer Kritik.
Die Richterin befand die im vergangenen Jahr festgenommenen Journalisten für schuldig, mit Nawalnys als „extremistisch“ eingestufter Organisation zusammengearbeitet zu haben. Die Verurteilten wiesen die Vorwürfe zurück.
Die Verhandlung an einem Bezirksgericht im Moskauer Stadtteil Nagatinski hatte, wie üblich bei politischen Prozessen in Russland, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Nur bei der Urteilsverkündung waren Medienvertreter und andere Zuschauer zugelassen.
Unterstützer applaudierten den vier Angeklagten
Hierfür kamen unter anderem rund hundert Unterstützer der vier Journalisten Antonina Krawzowa, Konstantin Gabow, Sergej Karelin und Artem Kriger in den Gerichtssaal. Sie applaudierten den vier Angeklagten, als diese den Saal betraten. Auch westliche Diplomaten waren zur Urteilsverkündung erschienen.
Krawzowa berichtete unter dem Namen Antonina Faworskaja regelmäßig für die Nachrichtenseite Sotavision über die gegen Nawalny geführten Strafverfahren. Sie hatte das letzte Video von Nawalny aufgenommen, das ihn kurz vor seinem Tod im Februar 2024 während einer Gerichtsverhandlung zeigt, an der er per Video aus einem Straflager in der Arktis teilnahm.
Den Video-Journalisten Gabow und Karelin wird vorgeworfen, für Nawalnys Kanäle in Onlinemedien gearbeitet zu haben. Beide hatten zudem mit ausländischen Medien zusammengearbeitet: Gabow mit der Nachrichtenagentur Reuters und Karelin mit der Nachrichtenagentur Associated Press sowie der Deutschen Welle.
Kriger berichtete für Sotavision über politische Prozesse und Proteste. Vor Gericht sagte er, er habe nicht vor einer Verfolgung fliehen wollen. „Ich wollte zeigen, dass es möglich und nötig war, in Russland Journalismus zu machen“, sagte er nach Angaben von Sotavision.
Nach der Urteilsverkündung rief der mit 24 Jahren jüngste der vier Journalisten: „Alles wird gut. Alles wird sich ändern. Diejenigen, die mich verurteilt haben, werden statt mir hier sitzen.“ Aus dem Publikum rief jemand: „Ihr seid der Stolz Russlands.“
Alle vier gehen in Berufung
Iwan Nowikow, der Anwalt Krigers, kündigte an, dass alle vier gegen ihr Urteil in Berufung gehen würden. Gabows Anwältin Irina Birjukowa erklärte, während der Gerichtsverhandlung seien „keinerlei Beweise“ dafür vorgelegt worden, dass die Angeklagten „irgendein Verbrechen“ begangen hätten, ihre Schuld sei nicht bewiesen worden.
Die Sprecherin von Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja, Kira Jarmisch, erklärte im Onlinedienst X, die Journalisten seien „einfach verurteilt worden, weil sie ihre Arbeit getan haben“. Sie müssten „umgehend“ freigelassen werden.
Empörung in Deutschland
Auch in Deutschland löste die Verurteilung der vier Journalisten Empörung aus. Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, erklärte, Russland beweise mit ihrer Verurteilung „erneut mit ganzer Kraft“, dass es ein Staat sei, der „Rechtsstaatlichkeit missachtet“, indem „mutige Journalisten wie Schwerverbrecher“ behandelt würden.
Das Auswärtige Amt erklärte auf X, die Urteile gegen Krawzowa, Gabow, Kriger und Karelin zeigten, dass unter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „die in der Verfassung verbriefte Pressefreiheit nichts wert“ sei. „Im Gegenteil: Journalisten werden für Jahre ins Gefängnis geworfen“, schrieb das Außenministerium weiter. (afp/red)