„Eine Suche nach Erkenntnis findet nicht mehr statt, weil man seine festen Überzeugungen hat“ – das sagt Gerd Ganteför im Interview mit den NachDenkSeiten. Der deutsch-schweizerische Physiker hat sich intensiv mit dem Klima auseinandergesetzt und kam dabei zu einem Befund, der nicht ins Bild der „Klima-Apokalyptiker“ passte. „Klima“, so sagt der Bestsellerautor, „ist in meinen Augen heute keine Wissenschaft mehr, sondern eine politische Ideologie mit Feindbildern und einem ausgeprägten Machtstreben.“ Über seine Sicht und was er erlebt hat, als er sich kritisch positionierte und das „Senkenmodell“ vorstellte, erzählt er im Gespräch mit Marcus Klöckner.

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Marcus Klöckner: Herr Ganteför, es gibt ein paar Begriffe, wenn die gebraucht werden, dann ist sofort politisch-weltanschauliche Spannung in der Luft. Einer dieser Begriffe lautet „Klima“. Wie ergeht es einem Wissenschaftler, der sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzt?

Gerd Ganteför: Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in der normalen, unpolitischen Naturwissenschaft verbracht. Es war Grundlagenforschung zu den Eigenschaften von Nanomaterie. Anwendungen sind z.B. Katalysatoren, Batterien und Brennstoffzellen. Ich war Teil einer internationalen Gemeinschaft mit Forschern und Forscherinnen aus vielen Teilen der Welt, wie z.B. Japan, China, Südkorea, USA, Kanada, Neuseeland, Großbritannien, Schweden, der Schweiz und Russland. Was mich mit diesen Menschen verband, war das Bemühen um das Verstehen der Natur. Man ging respektvoll miteinander um, auch wenn man unterschiedliche Lehrmeinungen vertrat.

In der Klimabewegung geht es anders zu. Es gibt dominierende Dogmen ähnlich wie in einer Religion. Zweifelt man die Dogmen an, wird man persönlich angegriffen. Man wird beschimpft, es gibt anonyme Anzeigen, Verleumdungen und sogar Drohungen gegen Freunde und Mitarbeiter. Klima ist in meinen Augen heute keine Wissenschaft mehr, sondern eine politische Ideologie mit Feindbildern und einem ausgeprägten Machtstreben. Eine Suche nach Erkenntnis findet nicht mehr statt, weil man seine festen Überzeugungen hat. Der Klimabewegung geht es in erster Linie um Geld und Macht.

Der Reihe nach. Sie sind Physiker. Wann haben Sie angefangen, sich mit dem Klima auseinanderzusetzen? Und: Warum?

Oh, das ist lange her. Im Fachbereich Physik in Konstanz gibt es keine ausgewiesene Klimaforschung, weil wir uns auf Nanowissenschaften, Soft Matter und Photonik spezialisiert hatten. Trotzdem müssen wir auch dieses Gebiet in den Vorlesungen abdecken. So habe ich im Masterprogramm der Physik die Vorlesung Energie & Klima mehrfach seit 2007 angeboten. Damals war die Klimawissenschaft noch eine Wissenschaft und nicht so stark politisch polarisiert. Die Vorlesung umfasste ungefähr 40 Zeitstunden. Es geht um den Treibhauseffekt, die Eiszeiten, Windräder, Wasserkraftwerke und vieles andere mehr. Ich habe dann nach dem Weltklimaratsbericht AR4 aus dem Jahr 2007 die zunehmende Politisierung dieses Zweigs der Physik bemerkt. Die Klimabewegung suggerierte den Menschen, dass die Erwärmung sogar die Existenz der Menschheit bedroht. Das fand ich übertrieben. Die Naturwissenschaft hat immer schon gegen Aberglauben und Angst gekämpft, und deshalb habe ich mein erstes populärwissenschaftliches Sachbuch geschrieben mit dem Titel: “Klima. Der Weltuntergang findet nicht statt”. Daraufhin fingen meine ganzen Probleme an. Ich kann immer noch nicht verstehen, dass Leute glauben, dass bei einer Erwärmung um zwei oder drei Grad die Menschheit aussterben könnte. Mir tun vor allen Dingen die jungen Leute leid, die mit so einer Zukunftsprognose belastet werden. Die Klimaerwärmung ist ein Problem, aber wir werden es meistern. Die ideologische Übertreibung ist eine Gemeinheit gegenüber allen Menschen. Übertrieben wird das Klimaproblem, um Macht und Geld zu erlangen.

Sie haben einen „Plan B“ für Klima entworfen. Es geht um das „Senkenmodell“. Bitte erklären Sie uns: Was ist das?

In diesem März hat Deutschland den Zwang zur Klimaneutralität bis 2045 ins Grundgesetz übernommen. Es ist nun eine existenzielle Frage für Deutschland, ob Klimaneutralität im Budgetmodell der Klimabewegung oder in unserem Senkenmodell interpretiert wird. Im Bugetmodell fordern die Klimapolitiker und Aktivisten den vollständigen Verzicht auf Kohle, Erdöl und Erdgas. Damit wird das Land verarmen, die Industrie wird abwandern und das Land wird militärisch wehrlos. Im Senkenmodell müssen die Emissionen nur auf das Niveau abgesenkt werden, das die Natur verarbeiten kann. Die großen natürlichen Senken sind die Ozeane und Landpflanzen. Sie nehmen zurzeit rund 20 Milliarden Tonnen an CO2 pro Jahr auf. Das ist die Hälfte der aktuellen anthropogenen Emissionen. Wir müssen im Senkenmodell also nur auf rund die Hälfte reduzieren. Damit bleibt die Wirtschaft in Deutschland konkurrenzfähig, die Energiepreise bleiben bezahlbar und das Land kann, um es ironisch zu formulieren, „vernünftig“ aufrüsten. Wenn wir in der Logik der Abschreckung denken, macht es keinen Sinn zu dekarbonisieren, weil man einen Krieg nicht mit Erneuerbaren führen kann. Deutschland macht sich lächerlich, wenn es gleichzeitig einen Krieg  führen will und das Klima retten will.

Mit dem Senkenmodell können sich diejenigen, die die große Klimagefahr beschwören, nicht anfreunden, oder?

Das Senkenmodell wird mit allen Mitteln von den Klimapolitikern, den Klimajournalisten, den Klimaaktivisten und einigen Klimawissenschaftlern bekämpft. Wir haben nicht verstanden, warum niemand aus der etablierten Klimawissenschaft auch nur bereit ist, mit uns zu reden. Denn die Senken werden ausführlich in den großen Berichten des Weltklimarats diskutiert, und ohne Zweifel nehmen sie auch in diesem Jahr ungefähr 20 Milliarden Tonnen CO2 auf. Man könnte also allenfalls darüber diskutieren, ob sie das in der Zukunft auch weiterhin tun werden. Aber auch dazu ist die Klimabewegung nicht bereit. Ein politisch versierter Energieexperte aus den USA hat mir erklärt, was da vor sich geht. Die Klimaorthodoxie – so seine Wortwahl – ist inzwischen sehr reich und sehr mächtig geworden. Es geht um viel Geld und in der Wissenschaft um sehr viele Stellen und die Existenz ganzer Forschungsinstitute. Diese enorme Macht und das viele Geld entspringen einzig und allein der Beschwörung der Klimapanik. Jeder, der die Klimapanik abschwächt, wird mit allen Mitteln bekämpft. Egal, ob seine Argumente falsch oder richtig sind. Wie ich schon sagte: Es geht schon lange nicht mehr um wissenschaftliche Erkenntnis.

Was ist also passiert, als Sie Ihre Gedanken und Forschungsergebnisse öffentlich gemacht haben?

Es ging mit dem ersten Buch mit dem Titel “Klima. Der Weltuntergang findet nicht statt” los. Bei einem Vortrag über Kernkraftwerke in Bremen erhielt ich sogar einmal Polizeischutz. Ich bekam zunehmende Probleme, Forschungsmittel zu beantragen. In einem Vortrag im Physikzentrum in Bad Honnef wurde in der Diskussion nur darüber geredet, ob ich in der AfD sei. Meine Beteuerungen, dass ich als Schweizer Staatsbürger im Thurgau im Großen Rat für den Schweizer Freisinn kandidiert hatte, wurden als faule Ausreden in den Wind geschlagen. Die Verleumdungskampagne der Klimabewegung ging weiter. In einem Anti-Ganteför-Youtube-Video eines Physik-Kollegen wurde behauptet, ich sei Scherge der Erdölindustrie. Es ist sinnlos, sich mit diesen Leuten auseinanderzusetzen. Es ist wie bei einer mittelalterliche Hexenjagd. Beweisen Sie mal, dass sie keine Hexe sind, wenn ihr Nachbar als Zeuge aussagt, dass sie nachts auf ihrem Besen um den Schornstein geflogen sind. Dabei bin ich kein Klimaleugner. Es gibt die menschgemachte Klimaerwärmung, die Ursache sind die CO2-Emissionen und wir müssen etwas tun. Aber wir müssen nicht unseren Wohlstand, unsere Industrie und Freiheit dafür opfern.

Wie erklären Sie sich das?

Es gibt den Block der Klimaorthodoxie, der mit allen Mitteln die Klimapanik aufrechterhalten will. Denn die Klimapanik ist die Quelle des Reichtums und der Macht der Klimabewegung. Jeder, der die Meinungshoheit der Klimabewegung bedroht, wird mit allen Mitteln der Verleumdung und Einschüchterung bekämpft – bis hin zum Jobverlust. Aber ich bin pensioniert. Man könnte mir allenfalls die Rente streichen, aber dann wissen alle, dass wir nun in einem totalitären Staat leben, der keine abweichenden Meinungen mehr zulässt. Das wäre immerhin eine ehrliche Sache.

Wenn Sie auf die aktuellen Entwicklungen in Deutschland in Sachen Klimapolitik blicken: Was sind Ihre Gedanken?

Das Land ist verloren, wenn es sich rückhaltlos der Klimaorthodoxie unterwirft. Vernünftige, kreative und freiheitssuchende Menschen werden das Land verlassen, und auch die großen Industriebetriebe werden woanders in neue Werke und neue Technologien investieren. Ulrike Herrmann hat in ihrem Buch “Das Ende des Kapitalismus” diese neue radikale Klimagesellschaft sehr schön beschrieben. Die meisten Menschen müssen wieder auf dem Feld arbeiten, weil es einen drastischen Energiemangel gibt. In meinen Augen wäre das ein Rückfall ins Mittelalter mit harter körperlicher Arbeit und bitterer Armut. Frau Herrmann beschreibt es eher positiv, weil die Gesellschaft ökonomisch gerecht ist – alle sind arm –, die Feldarbeit gesund ist und man im Einklang mit der Natur lebt. Vielleicht gibt es noch mehr Vorteile dieser Klimaschutzgesellschaft, aber für mich als Physiker ist das nichts, denn Physiker braucht man nicht in so einer Gesellschaft. In anderen Ländern findet die Physik sicher eine bessere Lösung für das Klimaproblem, zum Beispiel mit der Fusion. Deutschland wird sich als radikales Klimaschutzland international isolieren, während innovative Länder wie China die Führung übernehmen. Das geschieht jetzt schon.

Was sind die Gründe für die veranschlagte Politik?

Die Frage kann ich nicht wirklich beantworten, ich habe nur eine Vermutung. Es ist eine Ideologie der Menschen aus den Großstädten. Sie meinen, Reichtum komme aus der Geldpresse, nicht aus der Wirtschaft und einer hohen Produktivität. Die Menschen hoffen vielleicht, wenn es keine Wirtschaft gibt, brauchen sie auch nicht zu arbeiten und können vom Bürgergeld leben. Dass ein Staat nicht aus lauter Bürgergeldempfängern bestehen kann, ist den Städtern in Deutschland wohl nicht bewusst. Sie glauben, das Geld kommt aus dem Geldautomaten. Wir brauchen dann nicht zu arbeiten, und Wirtschaft brauchen wir auch nicht.

Wie sieht es mit den Medien aus? Wie bewerten Sie die Berichterstattung zum Thema Klima?

Die Berichterstattung in Deutschland ist einseitig alarmistisch. Jeder Regen, jede Dürre, jedes beliebige negative Ereignis wird als Folge der menschgemachten Klimaerwärmung dargestellt. Dass die Erwärmung auch positive Folgen hat wie etwa das Ergrünen der Erde, wird nicht berichtet. Aus den Deutschen Leitmedien ist in meinen Augen eine Propagandamaschine der Klimapanik geworden. Presse und Politik hatten schon unter Frau Merkel entdeckt, dass ein verängstigtes Volk leichter zu regieren ist. Daher wankt Deutschland von einer Krise in die nächste. Und wenn es keine echte Krise gibt, wird eine herbeigeredet. Das Klima ist eine echte Krise, aber wir werden sie nur ohne Ideologie und ohne Panik bewältigen.

Lesetipp

Gerd Ganteför: Plan B für das Klima. Neu-Isenburg 2024, Westend Verlag, Taschenbuch, 180 Seiten, ISBN 978-3864894718, 22 Euro.

Titelbild: Screenshot Grenzen des Wissens via YouTube



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Von Veritatis

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