Im Sport ist alles erfreulich einfach. Da ist in fast allen Fällen sehr klar, wenn jemand gewonnen hat. Und es gehört zum guten Ton, sich mit einer Niederlage abzufinden. Nachtreten gilt als verpönt und wird bestraft.
Nicht so in Politik und Journalismus. Genauer gesagt in der Propaganda. Da wird heute leider schon mal versucht, eine Niederlage nachträglich in einen Sieg umzudeuten. Und massiv nachzutreten.
So tat es jetzt die Zeitung, bei der ich meine journalistische Ausbildung gemacht habe und bei der ich heute noch viele Kollegen persönlich kenne: die Augsburger Allgemeine. Was sie betreibt, kann man eigentlich schon Rufmord nennen. Und zwar im großen Stil und über Monate hinweg.
Im vergangenen Jahr hat sich ein Mitarbeiter (m/w) der Stadt Augsburg an mich gewandt, weil er und seine Kollegen sich unter Druck gesetzt fühlten durch eine interne Rundmail von CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber. In dem Brief forderte die Frau, die mit ihrem extrem harten Corona-Kurs bundesweit für Schlagzeilen sorgte und politisch eher bei Annalena Baerbock steht als bei Franz Josef Strauß, die Mitarbeiter der Stadt auf, an den Demos gegen die Opposition teilzunehmen. Demos, für die auch linksextreme Organisationen mobilisierten – die dieses Jahr massiv Terror gegen die CSU ausübten.
Mitarbeiter sprachen von kaum verhohlenem Druck durch den Brief. Und dass die Angst umgehe unter kritischen Angestellten und Beamten – gemobbt zu werden, wenn sie aus der Reihe tanzen.
Genau darüber berichtete ich, wie es die Pflicht eines Journalisten ist. Parallel zum Aufruf beziehungsweise der Aufforderung, zur Demo zu gehen, bekamen die Mitarbeiter der Verwaltung auch noch einen Aufruf, „verdächtiges Verhalten“ in Sachen Verfassungstreue der Verwaltung zu melden – auch online.
Mein Kommentar damals: „Das ist der Geist totalitärer Systeme, wie er im Buche steht.“
Dazu stehe ich. Und wenn ich diese Meinung als Journalist nicht mehr öffentlich kundtun dürfte, müsste ich augenblicklich meinen Beruf an den Nagel hängen.
Die CSU-Frau Weber fasste die Aussagen aber offenbar als Majestätsbeleidigung auf und erstattete Strafanzeige gegen mich. Sie warf mir „Einschüchterungsversuche“ und „Verdrehung der Tatsachen“ vor. Das hat etwas von Realsatire. Und Projektion. Denn wer hier „Einschüchterungsversuche“ betreibt, ist offensichtlich.
Die Juristen, mit denen ich sprach, sagten allesamt, die Strafanzeige sei völlig haltlos, und es könne nicht den allerkleinsten Zweifel daran geben, dass meine Aussagen durch die Pressefreiheit gedeckt sind. Mehr noch: Quer durch die Bank waren die Fachleute völlig baff, dass eine Juristin – denn das ist die Oberbürgermeisterin – sich zu so einer Anzeige hat hinreißen lassen. Wie sie das kommentierten, gebe ich lieber hier nicht wieder – sonst kommt die nächste Anzeige.
Die „Augsburger Allgemeine“ stellte sich stramm auf die Seite der CSU-Politikerin, sprach nur mit dem Rathaus, statt mit allen Beteiligten, wie es der journalistische Grundanstand geboten hätte, und schrieb einen Hetzartikel gegen mich. Wie absurd und dreist die Berichterstattung war, habe ich hier ausführlich beschrieben.
„Webers Reaktion auf Reitschuster ist vom Gefühl her nachvollziehbar“, hieß es in einem Kommentar, und weiter: „Wird der Strafantrag abgewiesen, steht Reitschuster als Gewinner da. Er würde dies gebührlich ausschlachten.“
Eine Dreistigkeit sondergleichen – beinhaltet sie doch kaum verhohlen den Anspruch, ich sollte mich gefälligst in Schweigen hüllen, wenn die unsäglichen Vorwürfe vom Tisch sind.
Was nun der Fall ist – denn die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt (siehe hier). Und was macht die Augsburger Allgemeine? Sie versucht, ihren Lesern vorzumachen, schwarz sei weiß, lügt, – und die glasklare Entscheidung der Staatsanwaltschaft umzudrehen.
Dazu zitiert sie den Sprecher der Staatsanwaltschaft Andreas Dobler wie folgt: „Die untersuchten Äußerungen waren gerade noch vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt“, erklärte Dobler. Die Augsburger Allgemeine fügt hinzu: „Entscheidend dürfte hier die Formulierung ‚gerade noch‘ sein.“ Und weiter: „Dass das Verfahren gegen Reitschuster nun offenbar knapp zu Gunsten von Reitschuster eingestellt wurde, heißt nicht, dass der rechte Blogger mit seinen Behauptungen nicht die Grenzen des Anstands überschritten hätte.“
Das ist ein Skandal im Skandal. Und zwar ein doppelter. Dessen Brisanz weit über meinen Fall hinausreicht. Zum einen: Wenn eine scharfe, aber sachliche Kritik wie meine heute schon als „gerade noch zulässig“ oder als „grenzwertig“ dargestellt wird, dann brauchen wir ehrlicherweise keinen Journalismus mehr – dann genügt eine Pressestelle der Mächtigen.
Zum anderen: Strafverfolgungsbehörden müssen sich bei öffentlichen Kommentierungen eingestellter Verfahren äußerste Zurückhaltung auferlegen, um keine bleibende Stigmatisierung der betroffenen Person zu erzeugen, wie es in der Fachliteratur heißt. In der „Leitlinie zur Pressearbeit der Staatsanwaltschaften“ (Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, 2008) wird klargestellt, dass Presseäußerungen dem Grundsatz der Unschuldsvermutung strikt Rechnung tragen müssen und „wertende oder spekulative Aussagen, die geeignet sind, den Eindruck einer Vorverurteilung hervorzurufen“, zu unterlassen sind.
Zunächst hatte ich gehofft, die „Augsburger Allgemeine“ könnte den Sprecher der Staatsanwaltschaft falsch zitiert haben.
Deshalb richtete ich eine Presseanfrage an ihn – doch die Antwort ließ jede Hoffnung schwinden: Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie meine Aussagen zwar als durch die Meinungsfreiheit gedeckt einstuft, gleichzeitig aber moralisch abqualifiziert – etwa als angeblich „gerade noch“ zulässig oder „über die Grenzen des Anstands hinausgehend“.
Das ist nichts anderes als eine Verhöhnung der Unschuldsvermutung und eine eklatante Verletzung des staatlichen Neutralitätsgebots.
Mein hervorragender Rechtsanwalt Norman Gelbart, der mich auch in diesem Verfahren wieder exzellent betreute, kommentiert: „Die Erklärung der Staatsanwaltschaft ist rechtlich vollkommen abwegig und unzutreffend. Die Herrn Reitschuster vorgeworfenen Äußerungen waren nicht etwa gerade noch, sondern vollumfänglich von seinem Recht auf Meinungsäußerung gedeckt. Das einzig Grenzwertige an dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn Reitschuster ist der Umstand, dass es überhaupt eingeleitet wurde. Und anstandslos ist hier nur das evident politisch motivierte Vorgehen einer besonders dünnhäutigen Kommunalpolitikerin. Befindlichkeiten von Amtsträgern dürfen kein Anlass für Ermittlungen sein.“
Dass eine Staatsanwaltschaft sich nicht zu schade ist, ein eingestelltes Verfahren moralisch zu kommentieren, wäre in einem Rechtsstaat, der diesen Namen verdient, eigentlich undenkbar. Heute muss man froh sein, wenn wenigstens noch die Form gewahrt bleibt.
Worum es der „Augsburger Allgemeinen“ geht, ist schon in der Überschrift des Artikels ersichtlich – wo sie mich als „rechten Blogger“ zitiert.
Ein alter Schulkamerad schrieb mir daraufhin die Frage, ob das stimmt. Meine Antwort: „Rechter Blogger? Wenn ich als alter Jungsozialist ein rechter Blogger bin, dann ist Friedrich Merz ein Punkrocker – und Jens Spahn ein Nazi. Oh Moment… für einige Linke ist er das ja tatsächlich schon. Genau das zeigt doch, wie verrutscht die Maßstäbe inzwischen sind. Ich nenne die Dinge beim Namen, ja – aber weil ich frei denke, nicht weil ich irgendwo dazugehören will. Und wenn ich deshalb rechts bin, dann war Helmut Schmidt wahrscheinlich auch ein gefährlicher Radikaler 🙂“.
Trotz der Verleumdung musste ich herzlich lachen – denn die Kollegen von der „Augsburger Allgemeinen“ haben sich in ihrem Artikel unfreiwillig als meine Leser geoutet. Da steht: „Unsere Redaktion hat jedoch erst durch Reitschusters Newsletter von der Einstellung erfahren. Eine zwischenzeitliche Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Ende vergangenen Jahres brachte damals noch keine neuen Erkenntnisse.“
Unabhängige Information ist auch notwendig für Journalisten, die es mit den Fakten nicht so genau nehmen oder schlicht nicht gegenchecken. So wird in dem Artikel wieder CSU-Frau Weber zitiert – mit den triumphierenden Worten: „Reitschuster sei als Beschuldigter vernommen worden.“
Das ist falsch – und zwar auf ganzer Linie. Ich wurde zu keinem Zeitpunkt persönlich vernommen, weder von Polizei noch von Staatsanwaltschaft. Mir wurde lediglich ein Vernehmungsbogen zugeschickt, den mein Anwalt beantwortete.
Die Behauptung, ich sei „vernommen worden“, ist daher nicht nur irreführend, sondern Teil eines Musters: Es wird ein Bild erzeugt, das mit der Realität wenig zu tun hat – Hauptsache, es bleibt ein Schatten hängen.
Noch entlarvender ist, dass Frau Weber sich offenbar freut, dass jemand, der sich am Ende als unschuldig erwiesen hat, zumindest das zweifelhafte Vergnügen einer Vernehmungsaufforderung erleben durfte.
Natürlich lobt das Blatt die Anzeige der Politikerin brav, statt sie als das zu benennen, was sie war: eine peinliche Bauchlandung, die jedem Jurastudenten im ersten Semester die Fußnägel aufrollen würde.
Wer Hof-Journalisten wie die von der Augsburger Allgemeinen hat, braucht keine Pressestelle und keine Hofnarren mehr. Bitter, was aus der Zeitung, die ich einst sehr schätzte, geworden ist. Meinungskrieger haben das Zepter übernommen, die sich ganz offenbar als die „Guten“ sehen und Menschen mit anderer Meinung wie Sie und mich als die „Bösen“ –, gegen die alle Mittel erlaubt sind und alle Fouls.
Wahrhaft finstere Zeiten.
Doch dass der Rechtsstaat zumindest manchmal noch funktioniert – selbst wenn Neutralität und Anstand dabei auf der Strecke bleiben – macht wenigstens noch ein wenig Hoffnung.
PS: Ganz herzlichen Dank an alle, die mit ihrer Unterstützung ermöglicht haben, dass ich mich auch gegen diesen Angriff wieder erfolgreich juristisch wehren konnte – denn anders als Weber, für die der Steuerzahler quasi die Anzeige finanzierte, muss ich für meine Rechtskosten selbst aufkommen. Das zeigt, wie wertvoll Ihre Unterstützung ist. Ich hoffe, Sie machen so weiter!
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