Arbeit muss sich wieder lohnen! Für die Ministerinnen und Staatssekretäre von CDU und CSU lohnt sich spätestens jetzt ihr Studium. Welches Fach dominiert und wer der einzige Handwerksmeister ist
Wieso trauen sich der Jurist Friedrich Merz der Volkswirt Carsten Linnemann eigentlich nicht, die geschenkten Bauarbeiterhelme auf den Kopf zu ziehen?
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Gelbe Bauarbeiterhelme verschenkte Gitta Connemann an Friedrich Merz, der jetzt viel Arbeit vor sich habe, und Carsten Linnemann, den „besten Vorarbeiter“. Linnemann verzichtet ja auf ein Ministeramt, um weiter als Generalsekretär im Bergwerk der Partei zu schuften. Derweil will Merz eine „Arbeitskoalition“ führen, und bloß „kein gesellschaftspolitisches Projekt“ wie die Ampel. Den Bauarbeiterhelm aber setzte keiner der beiden auf, als sie mit Connemann beim Bundesausschuss der CDU posierten. Im Regierungsteam, das Merz dort nach dem einstimmigen Ja zum Koalitionsvertrag präsentierte, gibt es keinen einzigen Arbeiter.
Eine Ausbildung absolviert hat der oder die andere: Connemann etwa, bald Mittelstandsbeauftragte im Wirtschaftsministe
zum Koalitionsvertrag präsentierte, gibt es keinen einzigen Arbeiter.Eine Ausbildung absolviert hat der oder die andere: Connemann etwa, bald Mittelstandsbeauftragte im Wirtschaftsministerium, lernte Schuhverkäuferin in Leer. Dann studierte die Tochter eines Landwirts jenes Fach, das die meisten künftigen Unionsminister ebenso wie der nächste Bundeskanzler studiert haben: Jura. Sechs designierte Minister*innen haben Jura studiert, elf von 17 sind es bei den Staatssekretären.Ob die anhaltende Dominanz der Ministerialbürokratie durch die Rechtswissenschaft dem ersehnten Bürokratieabbau wohl so zuträglich ist? Der designierte Bundesminister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung wird ein Auge darauf haben: Karsten Wildberger, der Manager von MediaMarktSaturn, ist Physiker.Die Chemikerin Katherina Reiche und ein Metzger-Meister aus NiederbayernEinen Mathematiker gibt es. Und mit der neuen Wirtschafts- und Energieministerin aus Brandenburg, Katherina Reiche, zudem eine Chemikerin – allerdings verpartnert mit einem Juristen, Karl-Theodor zu Guttenberg. Aus dessen Vita weiß man, dass es mit akademischen Titeln so eine Sache sein kann. Zugleich kommt aus Guttenbergs politischen Heimat der einzige echte Arbeiter unter den von der Union Nominierten: die CSU schickt Metzger-Meister Alois Rainer als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Heimat nach Berlin.Nicht, dass etwas verwerflich daran wäre, wenn etwa ein Sohn einer alleinerziehenden Arbeiterin wie Philipp Amthor Jura studiert und auch deshalb nun Staatssekretär wird (bei Karsten Wildberger). Sollte eine neue Pandemie ausbrechen, führt mit dem CSU-Mann Alexander Dobrindt jetzt immerhin ein Soziologe das Innenministerium. Es hat auch etwas Sympathisches, wenn Merz jahrelange stille Fleißarbeit in Partei und Parlamenten belohnt, wie bei Nina Warken mit dem Gesundheits- oder bei Patrick Schnieder mit dem Verkehrsministerium.CDA-Chef Dennis Radtke: „Das hat es von Adenauer bis Merkel nie gegeben“Doch für das viele Wahlkampf- und Koalitionsverhandlungs-Reden über die, die von ihrer Hände Arbeit leben und es bald besser haben sollen, ist allein die „Arbeitnehmer“-Quote dieses Aufgebots ein Witz. Der Arbeitnehmer-Flügel der CDU ist gar nicht vertreten und CDA-Chef Dennis Radtke außer sich: „Das hat es von Adenauer bis Merkel nie gegeben“.Die Ministerinnen-Quote beträgt 40, die der Staatssekretärinnen 35 Prozent. Die Akademiker-Quote liegt nah bei 100 Prozent. Nicht verschwiegen werden soll, dass etliche bei der Bundeswehr mit angepackt haben: Im Auswärtigen Amt folgt auf Politikwissenschaftlerin Annalena Baerbock mit „Jo“ Wadephul ein Oberstleutnant der Reserve. Doch Zeitsoldat ist der auch schon seit bald 40 Jahren nicht mehr. Noch aber hat ja die Arbeiterpartei SPD ihre Ministerinnen und Staatssekretäre nicht ernannt!