Am „Tag der Arbeit“ wird demonstriert

Foto: Imago/Ipon


Arbeitgeber drängen auf längere Arbeitszeiten und bekommen nun Rückenwind aus der Politik. Dabei ist die Belastung von Arbeitnehmern jetzt schon enorm. Die Gewerkschaften müssen nun beweisen, dass sie sich dagegen wehren können

Gewerkschafter werden auch dieses Jahr am ersten Mai in ihren Reden auf die Errungenschaften der Arbeiterbewegung verweisen, den Achtstundentag und die „Samstag gehört Vati mir“-Kampagne. Auch starken Gewerkschaften zum Dank halten aktuell einige die 40-Stunden-Woche für gesetzt (ist nicht so) und vor gar nicht so langer Zeit (ein, drei oder fünf Jahre ist es vielleicht her), konnte man sogar den Eindruck bekommen, die Arbeitszeit würde ganz natürlich immer weiter sinken: Mancher Kollege ging in die Vier-Tage-Woche, die außerdem zur politischen Forderung wurde. In der Industrie wurde teilweise die 35-Stunden-Woche durchgesetzt.

Mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Der Kampf der Arbeitgeber um die Entgrenzung der Arbeitszeit hat längst begonnen. Eine besonders dicke Kröte musste zum Beispiel Verdi bei den Tarifverhandlungen des Öffentlichen Diensts schlucken. Aktuell stimmen die Mitglieder auch darüber ab, ob sie eine „freiwillige“ wöchentliche Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden akzeptieren werden. Das darf als Angriff der Arbeitgeber verstanden werden, vor allem aber auch als Testballon wie stark beziehungsweise schwach die Gewerkschaften gerade dastehen.

Politischen Rückenwind haben die Arbeitgeber: Die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD zum Thema festgehaltenen Vorhaben lassen erhöhte Wochenarbeitsstunden, Deregulierung der Kernarbeitszeiten und überhaupt Mehrarbeit befürchten.

Work-Life-Balance muss man sich leisten können!

Medial werden Kriege, Krisen, leere Kassen beschworen: Jetzt sei also wirklich die falsche Zeit, um sich auszuruhen. Dabei ist die Belastung jetzt schon enorm, vor allem in den Branchen, in denen ein individueller Umstieg auf die Vier-Tage-Woche gar nicht geht, weil der Lohn zu knapp ist. Work-Life-Balance muss man sich leisten können! Die Mehrbelastung von Frauen durch Carearbeit wird im aktuellen Diskurs mittlerweile meist komplett unterschlagen.

Auf den diesjährigen Ersten-Mai-Feierlichkeiten werden die Gewerkschafter auch sagen: Wer an den Achtstundentag geht, wird mit unserem Widerstand zu rechnen haben. Aber stimmt das denn? In kleineren Tarifkämpfen haben die Gewerkschaften in den letzten Jahren bewiesen, wie sie mit Mitgliedereinbindung und harten Auseinandersetzungen Entlastung nicht nur erfolgreich erstreiten, sondern damit auch neue Mitglieder gewinnen konnten.

Wie können die großen Gewerkschaften diese Auseinandersetzungen hochskalieren und sich bereit machen für die Gegenangriffe, die jetzt kommen? Wenn sie keine Antwort finden, haben sie bald die längste Zeit am 1. Mai über ihre Errungenschaften gesprochen.

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Politik von unten

Nina Scholz schreibt in ihrer Kolumne Politik von unten unter anderem über Arbeitskämpfe und die so genannte Gig-Economy.

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Politik von unten

Nina Scholz schreibt in ihrer Kolumne Politik von unten unter anderem über Arbeitskämpfe und die so genannte Gig-Economy.



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Von Veritatis

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