Deutschland transformiert sich immer mehr zum autokratischen Überwachungsstaat mit faschistoiden Antlitz. Die totale Kontrolle der Bürger soll nun die deutschlandweite Anwendung der US-Spionagesoftware Palantir ermöglichen. Bayern investiert zusätzliche 3,8 Millionen Euro in Videoüberwachung.

von Günther Strauß

Laut Koalitionsvertrag sollen Deutschlands Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse erhalten. Automatisierte Datenanalyse sowie ein nachträglicher biometrischer Abgleich mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, auch mittels Künstlicher Intelligenz (KI), sollen möglich werden. Zur Identifikation mutmaßlicher Täter soll es Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten geben. Auch einzelne Bundesländer bauen ihre diesbezüglichen Kapazitäten aus. So will etwa Bayern 3,8 Millionen Euro zusätzlich in den Ausbau der Videoüberwachung an „gefährdeten Orten“ investieren. Damit werde des Sicherheitsgefühl gestärkt, betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in einer Pressemitteilung vom 22. April.

Bereits einen Tag zuvor hatte er erklärt, dass das „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem” (VeRA) von „Palantir“ im Kampf gegen Schwerstkriminalität „absolut notwendig“ sei. Durch „VeRA“ würden Informationen aus Polizeidatenbanken „in Rekordzeit“ analysiert. Die Software greife ausschließlich auf interne Datensysteme zurück, es sei unmöglich, von außen auf sie zuzugreifen. Eingeführt werden konnte „VeRa“ im August 2024 auf Basis des novellierten Polizeiaufgabengesetzes. Am 25. März diesen Jahres hatte BR24 berichtet, dass der Bundesrat den Weg für einen deutschlandweiten „Palantir“-Einsatz freimachen könnte. Der Sender verwies auf einen Bundesratsantrag von Sachsen-Anhalt und Bayern vom 5. Februar. Darin wird ein gemeinsames „Datenhaus” für die Informationsverarbeitung der Polizeien gefordert. „Auch wenn Palantir nicht explizit genannt wird, deutet der Antrag klar darauf hin”, heißt es in dem BR24-Beitrag.

Bayerns Datenschutzbeauftragter Thomas Petri äußerte Bedenken. In Hessen seien mittels „Palantir“ innerhalb eines Jahres sämtliche in den Polizeidatenbanken erfassten Personen täglich mindestens fünf Mal analysiert worden. Datenschützer warnen seit langem vor „Palantir“. „Der US-amerikanische Mutterkonzern der Firma hat als Start-up Geld vom US-Auslandsgeheimdienst CIA erhalten, der später zu den Kunden von Palantir zählte”, berichtete „Heise online“ im Juli 2022. Weiter heißt es im Beitrag, Hessens Covid-19-Krisenstab habe im April 2020 mit einer „Palantir“-Software ein umfassendes Lagebild zur Corona-Pandemie erhalten wollen. Dazu sei es aber letztlich nicht gekommen. Auf der Plattform „Police-IT“ wird „VeRa“ als „gefährlichste Entwicklung in der IT der Sicherheitsbehörden seit 75 Jahren” bezeichnet. „Mit der gleichzeitigen Einführung von Steuer-Id und dem Gesetz zur Registermodernisierung, das über 200 Datenbanken von Behörden und Institutionen gleichzeitig nutzbar machen soll, und der zeitgleichen Einführung von VeRA entsteht ein zentraler Beobachtungs- und Überwachungsmonitor über uns alle“, heißt es in einem Beitrag von 2021.

Der Bundestag hatte bereits im März 2017 ein „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz” beschlossen. Bei einer Anhörung verwiesen die Bochumer Kriminologen Thomas Feltes und Andreas Ruch vorab darauf, dass nicht sicher beantwortet werden könne, ob sich Videoüberwachung zur Kriminalitätsreduktion eigne. Hingegen könne es zu einer Ausgrenzung unerwünschter Randgruppen komme, was die Sozialarbeit erschwere.

In Baden-Württemberg beteiligt sich die Polizei an dem in Mannheim umgesetzten Projekt „Intelligenter Videoschutz“ des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung. Dabei sollen Computer im öffentlichen Raum auf Straftaten hindeutende Verhaltensweisen wie Schlagen oder Treten automatisch erkennen und die Polizei darauf hinweisen, heißt es auf der Webseite des Instituts. Das Projekt erfahre eine „große Akzeptanz“ in der Bevölkerung, teilt das baden-württembergische Innenministerium auf Anfrage mit. Wie effektiv Videoüberwachung sei, lasse sich allerdings nicht sagen: „Eine Erfassung von für die Aufklärung von Straftaten relevanten Parametern erfolgt in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht. Deshalb lässt sich die Anzahl an Straftaten, welche durch Videobeobachtungsmaßnahmen aufgeklärt werden, nicht in Zahlen beziffern.“

Wie Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft (DPolG), auf Anfrage mitteilt, begrüße die Gewerkschaft den zuletzt angekündigten Ausbau der Videoüberwachung in Bayern „ausdrücklich“, man wünsche dies bundesweit. Es brauche eine „Zeitenwende in der Inneren Sicherheit”. Haushaltsmittel „in Milliardenhöhe” müssten in moderne Technik, Fahrzeuge und Ausrüstung investiert werden. Wendt erläutert: „Biometrische Gesichtserkennung, auch in Echtzeit, Vorratsdatenspeicherung, moderne Videoanalyse, Nutzung von Mautdaten und mit KI gesteuerte Analyseanwendungen müssen Alltag der gesamten Polizei werden.”

Der Kölner Psychologieprofessor Michael Klein erklärt hingegen auf Anfrage von Mulitpolar: „Der Weg der zunehmenden Videoüberwachung des öffentlichen Raums führt in immer stärkere Kontrolle und Beobachtung der gesamten Bürgerschaft.“ Dies könne zu einer sich vertiefenden „Kontrolleskalation“ führen. Ursprünglich habe sich die Videobeobachtung auf wenige Brennpunktorte beschränken sollen: „Mittlerweile ist sie weit darüber hinausgewachsen.“ Klein plädiert dafür, besser auf Kriminalprävention, frühe Bestrafungen bei ersten Delikten und konsequente Abschiebung schwerkrimineller Migranten zu setzen.

Wir können nur mit Ihrer Hilfe überleben!

Ihnen gefallen unsere Inhalte? Zeigen Sie Ihre Wertschätzung. Mit Ihrer Spende von heute, ermöglichen Sie unsere investigative Arbeit von morgen: Unabhängig, kritisch und ausschließlich dem Leser verpflichtet. Unterstützen Sie jetzt ehrlichen Journalismus mit einem Betrag Ihrer Wahl!

🤍 Jetzt Spenden



Source link

Von Veritatis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert