Sieben Jahre nach Kriegsende prägten zerstörte Städte und Kriegsversehrte das Bild der Nachkriegszeit. Begegnungen mit sowjetischen Soldaten, die Brot teilten und eine neue Perspektive eröffneten, hinterließen Spuren im Leben deutscher Kinder.
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Von Dr. Wolfgang Biedermann, Berlin
Sieben Jahre später, nachdem die letzten Salven des Zweiten Weltkriegs verhallt waren, wurde ich im Brandenburgischen geboren. Wenn ich auch die unmittelbaren Schrecken des Krieges nicht miterlebt habe, so gehöre ich doch zu der Generation, die noch so einige Hinterlassenschaften des Krieges wahrnehmen konnte.
Kriegsversehrte, denen Gliedmaßen fehlten, waren keine Seltenheit im Stadtbild von Frankfurt (Oder). Sie gingen an Krücken oder waren im dreirädrigen Karren selbstfahrend, gelenkt über zwei Holzgriffe an den Antriebshebeln, unterwegs. Befremdlicher wirkten jedoch die großen, zerbombten, düster wirkenden Gebäude, die es noch vereinzelt gab. Als Sechs- oder Siebenjähriger hatte ich keine Ahnung oder Vorstellung davon, wie es hierzu gekommen war.

Damals waren im Zentrum der Stadt sowjetische Soldaten damit beschäftigt, Baumaterialien zu generieren. Kettenfahrzeuge rissen mittels Stahltrossen die restlichen Mauern einer Ruine ein. Als kleine Steppkes schauten wir, so oft wir konnten, interessiert zu.
Es ergab sich, dass wir von den Soldaten eingeladen worden waren. Die sprachliche Barriere war kein störender Faktor. Sie teilten mit uns Brot und Suppe. Es war ein frisch gebackenes, goldfarbenes und eckiges Vollkornbrot.
Einer der Soldaten nahm mich bei Gelegenheit auf das Dach eines halb zerstörten Gebäudes mit. Ein fast komplett fehlender Treppenabsatz in dem zugigen Gemäuer war kein großes Hindernis. Er half mir mit festem Griff über die „Klippe“ hinweg. In luftiger Höhe, auf dem Dach, auf dem an manchen Stellen allerlei Pflanzen wuchsen, verdankte ich ihm eine bis dato unbekannte Perspektive.
Diese hier kurz geschilderten Erlebnisse prägten mein Bild vom „Russen“ grundlegend. Es war kein feindseliges, arrogantes oder ablehnendes Verhalten in irgendeiner Form ihrerseits zu verspüren. Mама есть? (Mama jest? ‒ Hast du eine Mama?), папа есть? (Papa jest? ‒ Hast du einen Papa?), брат есть? (Brat jest? ‒ Hast du einen Bruder?), waren die ersten russischen Worte, die ich damals lernte.
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