Der chinesische Präsident wird in Moskau in dieser Woche der prominenteste Gast sein. Doch es reisen auch andere Politiker an – Lula da Silva ebenso wie Indiens Premier oder die Präsidenten Ägyptens und Äthiopiens
Vorbereitungen in Moskau: Eine Frau macht ein Selfie vor einem Foto der Siegesparade von 1945
Foto: Sergei Karpukhin/Itar-Tass/Imago
Die russische Führung will der Welt beweisen, dass sie nicht isoliert ist – im Gegenteil. In Moskau wird zum 80. Jahrestag des Sieges über Hitler-Deutschland am 9. Mai vor Ehrengästen paradiert, zu denen nicht nur die Staatschefs ehemaliger Sowjetrepubliken von Aserbaidschan bis Tadschikistan gehören, sondern auch die Präsidenten Brasiliens, Kubas und Venezuelas, Lula da Silva, Miguel Diaz-Canel und Nicolás Maduro. Aus Asien kommen zudem die Staatschefs Indiens, Indonesiens und der Mongolei sowie der Premierminister Malaysias. Aus Europa haben die Regierungschefs der Slowakei und Serbiens, Robert Fico und Alexander Vucic, zugesagt, schmerzlich für die EU-Kommission, aber nicht zu verhindern.
Begibt sich Russland zusehends in die Rolle eines Juniorpar
e der Premierminister Malaysias. Aus Europa haben die Regierungschefs der Slowakei und Serbiens, Robert Fico und Alexander Vucic, zugesagt, schmerzlich für die EU-Kommission, aber nicht zu verhindern.Begibt sich Russland zusehends in die Rolle eines Juniorpartners der Chinesen?Der Globale Süden wird stark vertreten sein in Moskau. Der Einladung folgen will neben den Präsidenten Äthiopiens und Ägyptens auch Ibrahim Traoré, Staatschef von Burkina Faso. Dessen Präsenz ist bemerkenswert, weil Traoré, der durch einen Staatsstreich im September 2022 an die Macht kam, in Afrika inzwischen über eine Autorität verfügt, die weit über die Grenzen seines 23 Millionen zählenden Landes hinausgeht. Er gilt bei Millionen von Afrikanern als Idol und Hoffnungsträger eines Kampfes gegen Neokolonialismus, der besonders Frankreich angelastet wird. Der charismatische Offizier setzt ebenso wie die mit ihm verbündeten Staatschefs von Niger und Mali auf Kooperation mit Russland und China.Auch Chinas Präsident Xi Jinping hat zugesagt. Wladimir Putin hat im Vorfeld des Jahrestages keinen Zweifel daran gelassen, dass Xi sein wichtigster Gast sein wird, auch wenn dessen Präsenz den Eindruck verstärkt, dass sich die Russische Föderation zusehends in die Rolle eines Juniorpartners der Chinesen begibt. Vorgesehen ist, dass neben Soldaten der russischen Streitkräfte auch Angehörige der chinesischen Volksbefreiungsarmee und Soldaten Nordkoreas über den Roten Platz defilieren. Damit wird symbolhaft eine Allianz in Erinnerung gerufen, die es schon einmal während des Korea-Krieges zwischen 1950 und 1953 gab, damals noch zu Lebzeiten Josef Stalins.Die Bewohner Wolgograds sollen darüber entscheiden, ob ihre Stadt in Stalingrad zurückbenannt wirdDass er geneigt ist, die mit dem Namen Stalin verbundene Epoche positiver zu bewerten, zeigte Putin beim Besuch in Wolgograd Ende April. Auf einer Veranstaltung mit jungen Leuten hatte sich eine junge Wolgograderin dafür ausgesprochen, ihre Stadt in „Stalingrad“ zurückzubenennen, wie sie bis 1961 geheißen hatte, dann aber der Name nicht mehr zu der von Parteichef Nikita Chruschtschow vorangetriebenen „Entstalinisierung“ passte. Putin nickte zustimmend und meinte, selbst in westeuropäischen Ländern gäbe es Straßen und Plätze mit der Bezeichnung „Stalingrad“. Er fügte hinzu, die Einwohner der Stadt sollten dies entscheiden, man müsse sie fragen, das Thema „so weit wie möglich entideologisieren“ und deutlich machen, dass der Name der Stadt „mit dem Sieg verbunden“ sei.Placeholder image-1Die Tradition der Paraden in Moskau zum Gedenken an den Sieg über Hitler stammt aus der Sowjetzeit. Den ersten Aufmarsch aus diesem Anlass gab es auf dem Roten Platz am 24. Juni 1945. Dabei warfen sowjetische Soldaten erbeutende Standarten der Waffen-SS und der Wehrmacht vor der Kremlmauer auf den Boden, eine symbolträchtige Geste. Die Entscheidung für die Parade hatte Stalin am 15. Mai getroffen, ohne selbst anwesend zu sein. Angeführt wurde der Vorbeimarsch von Marschall Georgi Schukow, der stolz auf einem Schimmel voranritt. Freilich sollte ihn dieser Auftritt nicht davor bewahren, im Juni 1946 als Oberkommandierender der sowjetischen Landstreitkräfte abgesetzt und zum Chef des Wehrkreises von Odessa degradiert zu werden.Danach sah Moskau zwei Jahrzehnte lang keine Paraden zum 9. Mai. Erst als der Frontkämpfer Leonid Breschnew 1964 Parteichef wurde, gab er ein Jahr später Order, zum 20. Jahrestag des Sieges wieder die Armee über den Roten Platz ziehen zu lassen. Breschnew erklärte den Tag zum Feiertag, ließ dann jedoch wieder zum Jahrestag der Oktoberrevolution am 7. November aufmarschieren. Erst in den 1980er Jahren – unter KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow – gab es 1985 und 1990 wieder eine Siegesparade.Präsident Putin wird einen Bogen schlagen von Stalingrad zum Kampf um die UkraineNach dem Ende der Sowjetzeit kam es am 9. Mai 1995 im Namen der Russischen Föderation und unter dem Präsidenten Boris Jelzin wieder zu einer Vorführung militärischer Macht auf dem Roten Platz, an dem auch zahlreiche Staatschefs aus dem Westen teilnahmen. Mit seiner Amtsübernahme Anfang 2000 fand Wladimir Putin Gefallen am Ritual der alljährlichen Paraden zum 9. Mai. Dabei war vom Ablauf her 2016 eine Neuerung zu beobachten. Erstmals marschierten auch uniformierte Frauen vor dem Kreml auf, darunter Studentinnen der Militäruniversität des Verteidigungsministeriums.In diesem Jahr nun wird der russische Präsident bei seiner Ansprache vor der Parade vermutlich einen Bogen schlagen vom Kampf gegen Nazideutschland zum Krieg in der Ukraine. Das militärische Vorgehen Moskaus in der Ukraine soll als Fortsetzung der Kämpfe bei Stalingrad und der anderen Schlachten des Großen Vaterländischen Krieges erscheinen. Wie sich das auf die Verhandlungen mit den USA über einen Waffenstillstand und ein Ende des Ukraine-Krieges auswirkt, wird sich zeigen.