China hat sich still und strategisch auf den großen Showdown mit den USA vorbereitet – und zeigt jetzt die Zähne. Wer dachte, Peking knickt ein, hat sich gewaltig getäuscht. Wie genau begegnet das Reich der Mitte dem Handelskrieg?


Wer erwartet hat, dass China im Handelskrieg der USA nachgibt, wird gerade eines Besseren belehrt

Foto: Kevin Frayer/ Getty Images


Vergeltungszölle in Höhe von 125 Prozent, Ausfuhrbeschränkungen für seltene Erden, von denen die US-Auto- und Rüstungskonzerne abhängig sind, Importbegrenzung für Hollywoodfilme, Importstopp für Boeing-Maschinen, spezielle Sanktionen gegen US-Unternehmen? Wer erwartet hat, dass China im Handelskrieg der USA nachgibt, wird gerade eines Besseren belehrt. Das Reich der Mitte demonstriert Stärke.

Der Grund: Die Kommunistische Partei Chinas hat sich mit ihren immensen staatlichen Planungsressourcen systematisch auf diesen Moment vorbereitet. Sicher: Die Zollpolitik trifft auch die Volksrepublik hart in einer Situation vergleichsweise niedrigen Wachstums, gestiegener (Jugend-)Arbeitslosigkeit und einer schwelenden Immobilienkrise. Aber es gibt Anzeiche

t Anzeichen, dass China das bessere Pokerblatt in den Händen hält.2001 trat China der Welthandelsorganisation unter härtesten Bedingungen bei. Damals lag das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt noch auf der Höhe von Haiti. Heute ist China Hochtechnologierivale des Westens. In einigen, vor allem in grünen Technologien, ist China längst Weltmarktführer. Die Schutzzollpolitik der USA und der EU gegen China ist auch eine Art Kapitulationserklärung.Schon Trump 1.0 überzog China mit einem HandelskriegChina wusste, was von einer zweiten Trump-Präsidentschaft zu erwarten ist. Die Anti-China-Rhetorik war in Trumps Wahlkampf 2016 dominant. Es war der rechtsextreme Medienmacher Steve Bannon, der Trump zur wirtschaftsnationalistischen Politik riet, die China für den industriellen Niedergang der USA verantwortlich macht. Damit entschied Trump die Wahl im „Rostgürtel“ der USA für sich. Einmal an der Macht überzog schon Trump 1.0 China mit einem Handelskrieg.In China weiß man zudem, dass sich das USA-Problem nicht auf Trump oder die Republikaner reduziert. Es war Präsident Bush Jr., dessen Strategie im Mittleren Osten vorsah, die globalen fossilen Energieressourcen gegen mögliche Konkurrenten zu kontrollieren. Schon damals richtete sich dies nicht nur gegen Europa, das gerade den Euro als potenzielle Konkurrenzwährung auflegte und anstrebte, das EU-Empire nach Osten auszuweiten, sondern auch gegen die energiehungrige Volksrepublik.Es war Barack Obama, der im Zuge des 2011 erklärten „Schwenk nach Asien“ auch mit der Positionierung des US-Militärs in Fernost begann, um China, das zu dieser Zeit noch von westlichen Märkten exportabhängig war und seinen Außenhandel fast vollständig über die Seewege abwickelte, mit einer Seeblockade erpressen zu können. Es war die Biden-Regierung, die nicht nur in Siebenmeilenstiefeln auf eine Revision der Ein-China-Politik des Westens und eine Unabhängigkeit Taiwans hinsteuerte. Es war ebenfalls Biden, der Trumps Schutzzölle gegen chinesische E-Autos und Solaranlagen von 25 auf 100 Prozent erweiterte. Nun also wieder Trump.In China weiß man seit Langem, dass die USA den eigenen Aufstieg behindern wollenDer chinesische Staat hat ziemlich erfolgreich auf die Strategien der USA, ihre Vormachtstellung zu verteidigen und den chinesischen Aufstieg einzudämmen, reagiert: Die Entscheidung, systematisch in erneuerbare Energien zu investieren und sich von fossilen aus dem Mittleren Osten unabhängig zu machen, steht im Zusammenhang mit dem US-Krieg im Irak. Mit dem elften Fünfjahresplan (2006 bis 2011) beginnt das exponentielle Wachstum in der Gigawattproduktion aus Wind- und Solarenergie, schon zu Beginn des zwölften Fünfjahresplans (2012 bis 2017) überholt China die USA, zum Ende hin auch Europa.Die Grundlagen der E-Revolution Chinas sind gelegt und damit auch das Fundament für eine Außenwirtschaftspolitik, die sich zunehmend auf die BRICS-Staaten und den Globalen Süden konzentriert. Der Seeblockade-Erpressung durch Obama nimmt China mit drei Maßnahmen den Wind aus den Segeln: 2012 wird auf dem 18. Parteitag der Kommunistische Partei Chinas die stärkere Entwicklung des Binnenmarkts beschlossen, zu der auch die Anti-Armutskampagne, die mit insgesamt 770 Millionen Menschen die weltweit größte Einkommensmittelklasse hervorbringt, wesentlich beiträgt. Auch heute sieht die Partei Chinas in der „neuen Urbanisierung“, die ein noch höheres Individualkonsumniveau nicht zuletzt von öffentlichen Dienstleistungen mit sich bringen soll, ein wesentliches Antidot zum US-Handelskrieg. Mit der 2013 beschlossenen „Belt-and-Road-Initiative“ verlagert man seine Handelswege nicht nur zunehmend auf die eurasische Landmasse, sondern integriert sein ökonomisches Modell mit dieser. Ebenfalls 2013 eingeleitet wird der Pakistan-China-Wirtschaftskorridor, mit dem sich die Volksrepublik einen direkten Zugang zum Indischen Ozean jenseits der Achillesferse der Meerenge von Malakka verschafft.Kurz, in China weiß man seit Langem, dass die USA alles tun, den eigenen Aufstieg zu behindern.Auch China ist nicht unverwundbarDie Trump-Regierung ist in vielerlei Hinsicht neoreaganistisch. Schon Trump 1.0 setzte den US-Binnenmarkt als Machthebel ein: Protektionismus war nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, um den USA verbesserte Marktzugänge, geistige Eigentumsrechtsgarantien und vor allem Sanktionen gegen Chinas Staatsinterventionismus zu erzwingen. Darum wird überlegt, ob die US-Politik heute China so in die Knie zwingen könnte, wie Reagans Wirtschaftskrieg gegen Japan. Tatsächlich konnte Japan trotz seiner Innovationen im Videospielbereich im Ergebnis nicht auf ein höheres Level der Technologieführerschaft steigen.Auch China ist nicht unverwundbar, insbesondere im Hinblick auf die Mikrochipproduktion. Die nachholende Entwicklung in diesem Bereich reduziert nicht die Abhängigkeit von Importen. Der Anteil an Halbleitern, die China selbst produziert, liegt mit unter 20 Prozent niedrig. Seine „Made in China“-Strategie war diesbezüglich nur bedingt ein Erfolg.Trotzdem hat der US-Handelskrieg seit 2016 seine Ziele nicht erreicht: BYD hat Tesla mittlerweile als größter E-Auto-Produzent abgelöst, Anfang des Jahres schockte Deepseek die US-KI-Industrie als effizientere und extrem viel günstigere Alternative zu ChatGPT. Und auch der „Chip War“ der USA stößt an seine Grenzen: Die Erfolge von Chinas Mikrochipproduktion waren unerwartet. Beispielsweise legte Huawei im August 2023 sein neues 7-Nanometer-Modell vor.Nicht einmal mehr 15 Prozent der chinesischen Exporte gehen noch in die USAChina ist im Unterschied zu Japan in den 1980ern der weltgrößte Industrieproduzent und die zweitgrößte Wirtschaft mit der größten Mittelklasse der Welt und entsprechend weniger verwundbar. China hat zudem sein eigenes De-Risking betrieben und sich nun also um integrierte Produktions- mit lokalen und sichereren Lieferketten bemüht. In der Solarproduktion etwa ist man bei annähernd 100 Prozent.In den letzten Jahren hat China außerdem seine Abhängigkeit vom US-Binnenmarkt reduziert: Nicht einmal mehr 15 Prozent der Exporte gehen noch in die USA, ein Großteil geht heute in den Globalen Süden. Gegenwärtig laufen weitere Maßnahmen zur Stärkung des Binnenkonsums, auch für Touristen.Das chinesische Selbstbewusstsein resultiert am Ende des Tages auch aus dem Wissen, dass die USA hoch pokern wollen, aber ihr Blatt auf der Hand nicht das Beste ist. Die USA sind auch stark von China abhängig. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf den Lebensstandard der Volksklassen und damit ihre innenpolitische Stabilität. Dem Rest der Welt präsentiert sich China als verlässlicher kooperativer Handelspartner auf Augenhöhe, der auch kleineren und schwächeren Staaten mit Respekt begegnet, niemals Kolonialreich war und trotz seines Aufstiegs keine Kriege führt.



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Von Veritatis

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