Es sind die kleinen Freuden des Elternseins: Die Kinder kommen strahlend mit ihrem gemalten Kunstwerk in der Hand angelaufen und schenken es ihnen. Zwar mag das Bild nicht mit Leonardo da Vinci oder Michelangelo mithalten können, aber dennoch erfüllt es viele Eltern mit Stolz. Denn dann ist es nicht mehr weit, bis die Kinder krakelig zum ersten Mal ihren Namen schreiben.

Und genau dieser Schritt ist enorm wichtig und prägend für ihr späteres Leben. Im Zeitalter der Digitalisierung kommen händische und kreative Freizeitaktivitäten wie Schreiben und Basteln regelmäßig zu kurz oder bleiben gar ganz auf der Strecke. Die Folge: Es leiden Feinmotorik, Sinneswahrnehmungen und wissbegieriges Lernen darunter – alles wichtige Fähigkeiten für das Leben.

Doch damit mögliche negative Folgen gemildert oder verhindert werden können, bedarf es nicht zwangsläufig großen finanziellen Aufwand oder pädagogisches Wissen. Oft reicht bereits ein gutes Vorbild und Zeit im Freien.

Kinder lernen durch Beobachten und Nachahmen ihrer Eltern

Kinder lernen durch Sehen und Nachahmen. Sind Eltern nicht motiviert, Zeit in der Natur zu verbringen, ist es auch ihr Nachwuchs nicht.

Die ersten wichtigen Handgriffe für Kinder

Bereits jetzt klagen viele Lehrer über eine mangelhafte Handschrift oder fehlende Aufmerksamkeit ihrer Schüler, was häufig mit dem übermäßigen Konsum von PC, Smartphone und Co. in Verbindung gebracht wird. Wer sein Kind oder Enkel beim Schreiben und Lernen unterstützen möchte, sollte frühzeitig damit beginnen. Das A und O ist dabei die Schulung der Feinmotorik.
Dabei muss nicht zwingend auf Lego oder anderes teures Spielzeug zurückgegriffen werden. Bereits mit dem Auffädeln von Perlen, dem Formen von Knete und dem Stapeln von Klötzen oder Bechern können Kinder ihre Feinmotorik spielerisch trainieren und Bewegungen präzisieren.

Auch wenn die Feinmotorik ein wichtiger Grundpfeiler ist, ist sie doch nicht alles. Hinzukommt die Entwicklung wichtiger grobmotorischer Fähigkeiten, wo der Nachwuchs lernt, seine Kräfte einzuschätzen, sowie das Schulen visueller Wahrnehmungen und der Hand-Augen-Koordination.

Mit dem Stapeln von Klötzen, Bechern oder kleinen Kartons schulen Kinder ihre motorischen Fähigkeiten.

Foto: dusanpetkovic/iStock

Günstige Spieltipps mit Erfolg

Um die Grob- und Feinmotorik sowie Aufmerksamkeit und visuelle Wahrnehmung ihrer Kinder zu fördern, können Eltern bereits einfache und kostengünstige Mittel anwenden. Vieles davon ist im eigenen Haus und Garten oder in der Nachbarschaft möglich:

1. Ab ins Freie

Es mag banal klingen, aber ein Ausflug auf den Spielplatz oder in den Wald ist eine perfekte Möglichkeit zur Schulung der Kinder – sowohl sportlich als auch im Hinblick auf Wahrnehmung und Schreiben.

Freiflächen, Klettergerüste und natürliche Barrieren wie Baumstämme bieten Kindern reichlich Gelegenheit, ihre grobmotorischen Fähigkeiten zu entwickeln. So werden Muskeln aufgebaut, die für Gleichgewicht und Stabilität sowie für eine gesunde Körperhaltung unerlässlich sind.

Wichtig ist jedoch immer: Klein anfangen und dann langsam über sich hinauswachsen. Bevor es an die Spitze des Klettergerüsts geht, sollten Kinder bodennah üben, Erfahrungen sammeln und ein Gefühl für ihre Umgebung, ihren Körper und ihre Kraft entwickeln.

Erst wenn Kinder gut greifen, stabil stehen und sicher klettern können, sollten sie sich an höhere Klettergerüste wagen.

Hindernisparcours oder Spaziergänge durch den Wald fernab von Wegen bieten zudem die ideale Gelegenheit für Kinder, ihr räumliches Bewusstsein zu entwickeln. Mal müssen sie entgegenkommenden Hindernissen durch Abducken ausweichen oder über Hürden klettern.
Neben den körperlichen und physikalischen Erkenntnissen können Kinder in der Natur auch andere wissenschaftliche Erfahrungen sammeln. Bei „unordentlichem Spielen“ – also Spielen, bei dem Kinder schmutzig werden – lernt der Nachwuchs etwa die Chemie kennen und was passiert, wenn Erde und Wasser vermischt werden.

2. Lernen, genau zu beobachten

Außerdem können Eltern ihren Kindern die Natur aus biologischer Sicht näher bringen und ihnen erklären, was alles darin wächst und lebt. So wissen sie nicht nur, dass es Blau- und Kohlmeisen gibt, sondern durch genaues Beobachten können sie die Tiere auch voneinander unterscheiden.

Auch Kleinkinder sollten früh damit beginnen, ihre natürliche Umgebung zu beobachten und Zeichen und Formen zu erkennen. Die visuelle Wahrnehmung hilft nicht nur, die Aufmerksamkeit zu trainieren, sondern später auch beim Schreiben und Nachzeichnen.

Für Kinder ist es wichtig, frühzeitig Formen zu erlernen

Für Kinder ist es wichtig, frühzeitig (dreidimensionale) Formen zu erlernen, um ein räumliches Vorstellungsvermögen zu entwickeln.

Foto: EyeEm Mobile GmbH/iStock

So lernen Kinder, dass aus einer Ansammlung von Linien ein Quadrat und aus zwei senkrechten Strichen zusammen mit einem Waagerechten der Buchstabe „H“ wird. Auch reich illustrierte Bilderbücher oder Puzzles können Kindern helfen, ihre visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten zu entwickeln.

3. Formen vor Buchstaben

Viele Menschen kennen diesen Moment: Der nächste Schritt und eine neue Herausforderung, deren Komplexität einen zunächst überfordert. Genauso kann es Kindern auch mit farbenfrohen ABC-Übungsbüchern gehen.

Bevor der Nachwuchs mit Buchstaben und Wörtern konfrontiert wird, sollte er einfache geometrische Formen durch Abmalen erlernen. Die Geometrie ist nicht nur ein Zweig der Mathematik, sondern auch eine wichtige Eigenschaft, um Entfernungen, Formen, Größen und Positionen zu verstehen. Sie ist elementar, mit räumlichem Denken verbunden und wird jeden Tag von uns angewendet: egal, ob beim Schneiden von Papier, der Interpretation von Diagrammen oder wenn ein Bild an der Wand schief hängt.

In Wissenschaftskreisen ist das korrekte Malen von geometrischen Formen bei Kindern ein Anzeichen für ihre Schreibfertigkeit. Das Schreiben von Buchstaben sollte also so lange hinausgezögert werden, bis ein Kind eine vertikale Linie, eine horizontale Linie, ein Kreuz, einen Kreis, ein Quadrat oder ein Dreieck erfolgreich (nach)zeichnen kann.

Bevor Kinder frei Formen zeichnen, können Eltern Punktvorlagen zum Nachmalen geben.

4. Viel leerer Raum

Durch frühes Zeichnen und Kritzeln erkunden Kinder eine Reihe von Bewegungen und Formen. Dies ist eine wichtige Grundlage für das Schreiben, da der Nachwuchs ein Gefühl für den Raum und seinen Platz darin entwickelt.

Eltern sollten also nach großen leeren Flächen in- und außerhalb des Hauses suchen, die Kinder zum Zeichnen und Malen nutzen können. Statt Malbücher dürfen es blanke Papiere oder auch gepflasterte oder unbefahrene, asphaltierte Wege und Kreide sein.

Kinder sollten viel Platz zu Spielen und Malen haben

Auf großen Freiflächen haben Kinder viel Platz, ihre Kreativität auszuleben.

Auch hier müssen keine preisintensiven Malutensilien gekauft werden. Neben nicht mehr gebrauchten, einseitig bedruckten Blättern können auch Verpackungspapier oder übrige Tapetenrollen als Malfläche dienen.

5. Einbeziehen statt ignorieren

Förderlich ist zudem, wenn Eltern oder Großeltern ein gutes Vorbild sind, denn vor allem Kleinkinder lernen durch Beobachten und Nachahmen. Wenn das Kind sieht, dass seine Eltern regelmäßig Zeit vor Bildschirmen verbringen, wollen sie das auch. Ein Griff zum Buch oder Papier und Stift kann bereits einen Wandel bringen.
Und auch bei alltäglichen häuslichen oder handwerklichen Tätigkeiten können Eltern ihre Kinder einbinden und so das Interesse für händische Aktivitäten wecken – denn: Kinder sind von Natur aus neugierig.
Puzzeln oder malen Sie zusammen ein Bild, basteln Sie eine neue Dekoration für das Zuhause oder lassen Sie den Nachwuchs bei Renovierungen unter sorgfältiger Aufsicht auch einmal den Pinsel oder Hammer schwingen. Gemeinsame Aktivitäten machen den Kindern nicht nur Spaß, sondern stärken die familiäre Bindung und sorgen für schöne Erinnerungen.

Schätzen Sie die Fähigkeiten Ihres Kindes ein und integrieren Sie es bei einfachen häuslichen oder handwerklichen Tätigkeiten.

6. Interesse mit Neuem wecken

Eine weitere Möglichkeit, um das Interesse der Kinder zu wecken, ist Neues auszuprobieren. Wenn bisherige Marker und Filzstifte langsam leer sind oder Buntstifte stumpf sind und die Minen ständig brechen, ist dies für den Nachwuchs wenig motivierend.
Wenn man Kindern eine Vielzahl von neuartigen und lustigen Schreibmaterialien zur Verfügung stellt, steigt die Motivation und die Freude am Schreiben und Malen. Das können bunte Gelstifte, Zaubermarker und Duftstifte sowie Tusche oder knallbunte und glitzernde Malfarben sein. Je ungewöhnlicher, desto besser.

Außerdem können Eltern ihrem Kind kreative Aufgaben und Vorschläge unterbreiten sowie Tipps bei der Durchführung geben. Wenn den Erwachsenen selbst die Ideen ausgehen, können sie sich allein oder zusammen mit dem Nachwuchs Anreize im Umfeld oder aus dem Internet holen.

Sollte Ihr Kind an seiner kreativen Umsetzung zweifeln, dann geben Sie ihm Tipps und Tricks, wie es klappen könnte. Zum Beispiel: Silhouetten abmalen.

Diese sechs Tipps sind zwar einfach, günstig und altbewährt, aber zeigen auch nach Generationen im Zeitalter der Digitalisierung noch ihre Wirksamkeit.



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Von Veritatis

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