In Europa gelten strenge Vorschriften für das Tierwohl in der Landwirtschaft, in Südamerika nicht. Deshalb können die heimischen Landwirte preislich nicht mit der Konkurrenz mithalten – was auch ein Problem für die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln darstellt.
Umstrittenes Handelsabkommen
Und dennoch will Brüssel ein Handelsabkommen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay beschließen, um den Import von landwirtschaftlichen Produkten zu erleichtern.
Doch im Jahr 2019 hatten FPÖ, SPÖ und der damalige Grün-Ableger „Liste Jetzt“ erreicht, dass Österreich ein Veto zum Mercosur-Abkommen einlegte. Vor allem Frankreich steht ebenfalls kritisch zu Brüssels Wunsch.
ÖVP auf Seite Brüssels
Doch das alles interessierte die EU-Kommission wenig. Im Jänner 2023 forderte sie das „schnellstmögliche Inkrafttreten dieses Freihandelsabkommens mit der südamerikanischen Mercosur-Gruppe“.
Applaudiert wurde damals auch von der ÖVP. Ihr damaliger Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, unterstützte den Wunsch der EU-Kommission. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) fiel dann im Inland die Rolle zu, trotzdem die Ablehnung der ÖVP zu behaupten. Er forderte, dass die EU „den Fokus auf landwirtschaftliche Produktion und einen funktionierenden Binnenmarkt legen“ sollte.
Politische Farce
2024 vereinbarten EU und die Mercosur-Staaten, die Bedenken hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung bei dem Abkommen auszuräumen. Eine Farce, denn das „Verhandlungsergebnis“ im Dezember des Vorjahres ist laut Wirtschaftsministerium in weiten Teilen ident mit dem Ergebnis von 2019 – insbesondere beim sensiblen Bereich der Importquoten für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Nickel, Kupfer und Zugang zum Beschaffungsmarkt
Die Nachbesserungen betreffen lediglich das Verbot von Exportzöllen auf bestimmte Rohstoffe durch Brasilien und Argentinien – beispielsweise für Nickel, Kupfer und Aluminium –, einen erhöhten Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt der Mercosur-Staaten sowie die Ausweitung der Schutzklausel, falls zunehmende Einfuhren aus dem Mercosur europäischen Produzenten ernsthaften Schaden zufügen sollten.
Demokratisch Spielregeln
Doch es gilt nach wie vor den gültigen Beschluss des österreichischen Nationalrats, dass das Mercosur-Abkommen abzulehnen sei.
Mit diesem hadert Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP). Gestern, Montag, sprach er sich im EU-Unterausschuss des Nationalrats für eine neuerliche Debatte zum Abkommen aus. Er sehe sich aber von österreichischer Seite an die Stellungnahme des Parlaments von 2019 gebunden, auch wenn seine persönliche Meinung abweiche.
Bauernopfer
Hattmannsdorfer betonte seine persönliche Zustimmung zum Mercosur-Abkommen und begründete sie mit den wirtschaftlichen Aspekten durch niedrigere Zölle und den besseren Marktzugang für österreichische Unternehmen, aber auch mit den geoökonomischen Verschiebungen. Dafür ist die ÖVP offenbar bereit, die Bauern zu opfern.
Anders die FPÖ. Sie will nicht Bauern gegen Kupfer tauschen. Susanne Fürst hinterfragte das Spiel der ÖVP. Wie wird sie sich auf EU-Ebene verhalten? Akzeptiert sie die Demokratie, die ein Veto zum Abkommen beschloss, oder nicht?
Keine gemeinsame Koalitionslinie
Die SPÖ will jedenfalls beim Veto bleiben. Pia Maria Wieninger wies im EU-Unterausschuss des Parlaments auch darauf hin, dass laut Studien der Nutzen des Mercosur-Abkommens nicht allzu hoch sei.
Anders wiederum der dritte Koalitionspartner der Bundesregierung. Michael Bernhard (Neos) betonte, dass die Neos 2019 nicht gegen Mercosur gestimmt hatten. Deshalb freue er sich über eine erneute Diskussion.
Ein koalitionsinterner Streit dürfte vorprogrammiert sein.