Sie stand da einfach. Stumm. Regungslos. Seit Jahrhunderten. Und dann war sie weg.
Nicht weil ein Dieb sie gestohlen hätte. Nicht weil sie kaputt war. Sondern weil jemand sich von ihr belästigt fühlte. Von einer Venus. Einer Bronzestatue aus dem 18. Jahrhundert – inspiriert von antiken Vorbildern wie der Venus Medici. Ohne Pose, ohne Provokation, ohne Porno – aber mit Brüsten. Und das reicht heute offenbar, um aus einem Bundesamt zu fliegen.
Man muss sich das vorstellen: Da sitzt jemand in einem der sichersten Jobs der Republik, umgeben von seismischen Karten und Bohrkernprotokollen – und ruft empört: „Diese Skulptur belästigt mich sexuell!“ Keine Pointe.
Das Bundesamt für Geowissenschaften reagierte prompt. Nein, nicht mit Aufklärung. Nicht mit einem Hinweis auf Kunstfreiheit, Geschichte oder gesunden Menschenverstand. Sondern mit Entfernung der Figur. Als wäre sie ein Fall für die Polizei – oder das Ordnungsamt für Anstand und Tugend.
Tugend, bitte bekleidet!
Man fragt sich, wie es so weit kommen konnte. Oder besser: Wie weit wir schon gekommen sind. In einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen nach „Sicherheit“ sehnen, wird das Gefühl zum Maßstab aller Dinge. Wer sich belästigt fühlt, bekommt recht. Auch wenn der „Täter“ eine Bronzefigur aus dem Rokoko ist.
Dabei hätte ein Blick auf die Beschreibung genügt: Die Statue gehört zu zahllosen Neuinterpretationen klassischer Venus-Darstellungen. Ihr Körper erzählt nicht von Lust, sondern von Kunst – von Form, Ideal und Tradition. Heute aber sehen manche nur noch Brüste. Oder schlimmer: „sexuelle Konnotation“. Im Foyer des Bundesamts wird der nächste Übergriff vermutet. Und zwar aus Bronze.
Es ist ein Comeback – aber kein gutes. Die Prüderie kehrt zurück. Früher kam sie im Sonntagsstaat daher, mit Tugendwächtern und Zeigefingern. Heute trägt sie Gender-Fortbildung, Diversity-Zertifikat – und fühlt sich „verletzt“. Die biedere bürgerliche „Sittlichkeit“ ist zurück – gepaart mit bürgerlicher Empfindlichkeit im rot-grün-woken Lack. Das Ergebnis erinnert an staubtrockene Zeiten: Nackte Tatsachen werden weggepackt. Nur dass es heute nicht mehr „unanständig“ heißt, sondern „nicht inklusiv“.
Was früher der Pfarrer im Konfirmandenunterricht forderte, erledigen heute Gleichstellungsbeauftragte mit dem Outlook-Kalender: Keine Nacktheit am Arbeitsplatz. Auch nicht in Bronze.
Erregung ohne Berührung
Wer dachte, Cancel Culture beschränke sich auf missliebige Meinungen, wird nun eines Besseren belehrt. Jetzt trifft es auch die Artefakte. Der Witz ist: Dieselben Kreise, die bei Mohammed-Karikaturen lautstark Rücksicht fordern und vor „kultureller Kränkung“ warnen, entfernen eine klassizistische Frauenfigur, weil sie angeblich zu anstößig sei. Das ist keine Doppelmoral – das ist eine Parodie auf sich selbst.
Denn das eigentliche Problem ist nicht die Figur – sondern die Brille, durch die man sie sieht. Und manche dieser Brillen sind längst keine Sehhilfe mehr, sondern ein Vergrößerungsglas für innere Spannungen.
Es gab schon immer Menschen, die überempfindlich, labil oder neurotisch waren. Das ist menschlich – und verdient Respekt.
Aber wenn wir unsere gesamte Öffentlichkeit, unsere Ästhetik, unsere Sprache und unsere Kunst an den empfindlichsten Menschen im Raum ausrichten, dann wird das Leben steril. So steril, bis nichts mehr lebt.
Und irgendwann dann auch niemand mehr etwas sagen, zeigen oder wagen darf – außer mit vorheriger Trigger-Warnung und seelischer Haftpflichtversicherung.
Denn es steckt System dahinter: Wenn schon Bronzestatuen Anstoß erregen, was passiert dann erst mit echten Menschen? Mit Künstlern? Mit Gedanken? Mit der Geschichte? Wir sind auf dem besten Weg zu einer Gesellschaft, in der alles verschleiert wird – nicht aus religiöser Pflicht, sondern aus ideologischer Zerbrechlichkeit.
Früher hieß es: „Nacktheit ist natürlich.“
Heute heißt es: „Nacktheit ist Gewalt.“
Und morgen? Vielleicht: „Bitte betreten Sie diesen Raum nicht, ohne vorher schriftlich bestätigt zu haben, dass Sie keine figurativen Darstellungen verletzen.“
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Bild: Shutterstock, Symbolbild
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